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# taz.de -- Fünf Jahre nach Dammbruch: Das Desaster von Xe-Pian Xe-Namnoy
> Fünf Jahre nach Laos’ schwerster Flutkatastrophe setzt die Regierung
> weiter auf die Staudämme – dabei ist ihr wirtschaftlicher Nutzen
> umstritten.
Bild: Nach dem Kollaps des Staudamms in Xe-Pian Xe-Namnoy am Mekong in Laos 2018
Es hatte tagelang heftig geregnet. In Südlaos waren die Pegel des Mekong
und seiner Nebenflüsse stark gestiegen. Am Abend des 23. Juli 2018 gab ein
770 Meter langer und 16 Meter hoher Nebendamm des im Bau befindlichen
Xe-Pian-Xe-Namnoy Wasserkraftwerks an der Grenze zu Kambodscha den
Wassermassen nach. Ein Dutzend Dörfer verschwand in den braunen Fluten. Den
Opfern zu helfen war sehr schwierig. In den bergigen Wäldern an den Flüssen
Xe-Pian und Xe-Namnoy sind die wenigen Straßen in der Regenzeit ohnehin
kaum passierbar. Jetzt waren sie schlicht versunken.
Laut Regierung starben 40 Menschen, mindestens 31 werden vermisst und
gelten als tot. 6.600 Menschen wurden obdachlos. Die Opferzahlen wären noch
höher, hätte nicht am Vortag die südkoreanische Baufirma SK Engineering &
Construction Schäden am Damm festgestellt. Doch erreichte ihre Warnung
viele Anwohner nicht.
Der Bau des 1,2 Milliarden Dollar teuren Xe-Pian-Xe-Namnoy-Kraftwerks an
den beiden Zuflüssen des Sekong (auch Xe-Kong genannt), eines der
wichtigsten Mekong-Zuflüsse am Unterlauf, wurde im Jahr 2013 begonnen. Es
besteht aus zwei Haupt- und fünf Nebendämmen, sogenannten Satteldämmen. Ein
Joint Venture koreanischer, thailändischer und laotischer Firmen hatte das
410-Megawatt-Wasserkraftwerk zum Zeitpunkt der Katastrophe zu 90 Prozent
fertiggestellt. Ende 2018 hätte es ans Netz gehen sollen. 90 Prozent seiner
Elektrizität sollten nach [1][Thailand] exportiert werden.
## Der Großteil des Stroms wird exportiert
Laos mit seinen 7,25 Millionen Einwohnern wird von der Revolutionären
Volkspartei (LRVP) autoritär regiert. Die Regierung will die
Wasserkraft-Ressourcen des noch von bäuerlicher Subsistenzwirtschaft
geprägten südostasiatischen Binnenlandes im großen Stil nutzen und die
meiste Elektrizität in die Nachbarländer exportieren. [2][Öffentliche
Kritik ist kaum möglich.]
Der Dammbruch vom Juli 2018 war Laos’ schwerste Flutkatastrophe. Der
damalige Premier und heutige Parteichef und Staatspräsident Thounloung
Sisoulith reiste ins Katastrophengebiet, der Notstand wurde verhängt. Die
Regierung beauftragte internationale Experten mit einer Untersuchung und
beschloss ein Moratorium neuer Dämme und die Überprüfung der bisherigen.
Wasserkraft gilt als saubere, erneuerbare und klimaschonende Energieform.
Doch jeder neue Stausee vertreibt tausende Menschen in weniger fruchtbare
Gebiete. In Laos gilt die Vertreibung durch Dämme inzwischen als
Hauptursache der Binnenmigration.
Die Idee, die Mekong-Region mit einer Kaskade von Staudämmen zu versehen,
wurde schon in den 1950er Jahren von den USA propagiert. Die
wirtschaftliche Entwicklung der Region sollte ein Vordringen des
Kommunismus verhindern. Doch verhinderten die Kriege in Vietnam, Kambodscha
und Laos große Dammprojekte. Eine Ausnahme war der Nam-Ngun-Damm in Laos,
der ab 1968 mit Hilfe der BRD gebaut wurde. Er wurde zu Laos’
Hauptstromquelle und brachte der bald kommunistischen Regierung wichtige
Deviseneinnahmen. 1995 ging mit dem Manwan-Damm in der Provinz Yunnan
Chinas erstes Wasserkraftwerk (1.570 MW) am Mekong in Betrieb – das erste
an dessen Hauptstrom. China hat inzwischen am Oberlauf des Hauptstroms zehn
Dämme errichtet, weitere neun sind im Bau oder in Planung. Bei
Staudammprojekten in Laos und Kambodscha spielen Chinas staatliche Banken
eine zentrale Rolle,.
Umweltschützer sind sich einig, dass ein sparsamerer Energieverbrauch
manche Wasserkraftwerke verzichtbar machen würde. „Wenn Projektentwickler
und Investoren realisieren, dass in der Trockenzeit – wenn die
Energienachfrage am höchsten ist – gar nicht mehr genug Wasser verfügbar
ist, um die Turbinen der Dämme anzutreiben, dürften ihnen Zweifel kommen“,
sagt Brian Eyler vom US-Thinktank Stimson Center. „Sonnen- und Windenergie
und bessere Batteriekapazitäten werden bald eine Alternative zu Staudämmen
am Mekong bieten.“
In Laos könnte dies ein Ende des Dammbooms bedeuten. Das ändert für die
Opfer der Katastrophe von Juli 2018 aber nichts mehr. Mit den 700
Ersatzgebäuden für die 6.600 Überlebenden war erst im Juli 2020 begonnen
worden. Erst hatte die Regierung nur eine Entschädigung von umgerechnet 176
Dollar pro Todesopfer zahlen wollen, dies aber später auf 10.000 erhöht. Im
April 2020 einigte sich die Regierung mit den Betreiber- und Baufirmen auf
eine Gesamtentschädigung von umgerechnet 91,7 Millionen Dollar.
Seit März 2019 lag der Regierung in Vientiane ein Untersuchungsbericht der
internationalen Experten vor, den sie unter Verschluss hieß.
Medienberichten zufolge waren für den Satteldamm nicht Beton, sondern
minderwertige Materialien wie Erde verwendet worden. Am 6. Dezember 2019
ging das Xe-Pian-Xe-Namnoy Kraftwerk ans Netz. Das Moratorium für neue
Dämme hielt nur kurz.
22 Jul 2023
## LINKS
[1] /Premierministerwahl-in-Thailand/!5945104
[2] /Autoritaeres-Regime-im-Mekong-Staat/!5932281
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Laos
Südostasien
China
Wasserkraft
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Laos
Schwerpunkt Klimawandel
Laos
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