# taz.de -- Einladung Joe Bidens an Netanjahu: Israels Protestler bleiben allein | |
> Die israelische Protestbewegung wähnte in Joe Biden einen Verbündeten. | |
> Seine Einladung an Benjamin Netanjahu durchkreuzt diese Hoffnungen. | |
Bild: Hat US-Präsident Joe Biden die israelische Protestbewegung im Blick? | |
Jetzt also doch: US-Präsident Joe Biden lädt Israels Ministerpräsidenten | |
Benjamin Netanjahu zum Gespräch. Bislang hatte Biden seit Amtsantritt der | |
von Netanjahu geführten rechtsextremen Regierung genau das verweigert – | |
sehr zur Genugtuung jener, die in Israel [1][seit Monaten auf die Straße | |
gehen], um gegen die geplante Justizreform zu protestieren. Sie wähnten in | |
Biden einen Verbündeten. | |
Bidens Einladung, nach Angaben des Sprechers John Kirby während eines | |
längeren Telefongesprächs beider Regierungschefs am Montag, kam genau einen | |
Tag vor dem Beginn des Staatsbesuchs von Israels Präsidenten [2][Yitzhak | |
Herzog] in Washington. | |
Die inoffizielle, aber gewünschte Lesart dieses Besuchs: Der Empfang des | |
höchsten Repräsentanten Israels und früheren Netanjahu-Gegenkandidaten | |
Herzog demonstriert Solidarität mit Israel bei gleichzeitiger Kritik an der | |
Netanjahu-Regierung. Letztere sah das auch so, interpretierte den Besuch | |
als von Israels Opposition gesteuert und mahnte die US-Regierung, sich um | |
ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Und prompt kommt die Einladung an | |
Netanjahu. | |
Natürlich ist die Debatte über die Justizreform israelische Innenpolitik | |
und jede Einmischung von außen mindestens problematisch. Die | |
Hunderttausenden jedoch, die in Israel für die Demokratie und gegen | |
Netanjahus Rechtsregierung protestieren, suchen verzweifelt nach echten | |
Druckmitteln: von der [3][Dienstverweigerung der Reservisten], | |
Investitionsboykott der Unternehmer, bis hin zu Streikplänen der | |
Gewerkschaften. | |
Es geht um die Zukunft des demokratischen Israels – da ist jedes | |
gewaltfreie Mittel recht – und Hilfe von außen willkommen. Von wem sollte | |
die kommen, wenn nicht von jener Regierung, die Israels Militär jedes Jahr | |
mit Milliarden Dollar unterstützt und Israel in sämtlichen UN-Gremien vor | |
jeder Kritik abschirmt? | |
Bidens Einladung an Netanjahu signalisiert das Gegenteil, nämlich business | |
as usual bei leichtem Unwohlsein. An Bidens Kritik sowohl an der | |
Justizreform als auch an der Siedlungspolitik habe sich nichts geändert, | |
heißt es aus Washington – aber sie soll erkennbar folgenlos bleiben. Das | |
dürfte auf Netanjahu und sein rechtsradikales Kabinett wenig Eindruck | |
machen. | |
Israels Demokratiebewegung bleibt auf sich allein gestellt und erfährt | |
jeden Tag ihre Ohnmacht. Die Mehrheit hat sie längst: Würde heute gewählt, | |
wäre diese Regierung Geschichte. Wird aber nicht, und so kann Netanjahu | |
Israel weiter von innen zerstören. Die US-Regierung guckt zu und wirft | |
gelegentlich ein, dass sie das gar nicht so gut findet. Das dürfte nicht | |
reichen. | |
18 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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