# taz.de -- „Survival of the Thickest“ bei Netflix: Chaos, Peinlichkeit, Wa… | |
> Mavis ist wieder Single und erfindet sich neu. Das klingt wie eine von | |
> vielen romantischen Comedyserien, liefert aber viel mehr. Auch Body | |
> Positivity. | |
Bild: Verve und mitreißender Körpereinsatz: Michelle Buteau als Mavis | |
[1][Body Positivity] ist – als Bewegung, Motto und Social-Media-Hashtag – | |
schon seit geraumer Zeit in aller Munde. Zwar sind die meisten Models auf | |
den Laufstegen der großen Designhäuser noch immer erschreckend dürr, wie | |
selbst Claudia Schiffer vergangenes Jahr in der Bunten zu bedenken gab. Und | |
auch viele Influencer*innen bei Instagram und Co. sehen nach wie vor | |
so aus, als würden sie fast so viel Zeit im Fitnessstudio wie am Handy | |
verbringen. | |
Aber gleichzeitig gewann dann eben doch auch jüngst eine Curvy-Kandidatin | |
bei „Germany’s Next Topmodel“, und [2][Popstars wie Lizzo] oder [3][Sam | |
Smith] begeistern nicht wenige Fans gerade dadurch, dass sie vorleben, dass | |
Showspektakel und Sexappeal nicht an ein Idealgewicht gebunden sind. | |
In eine ähnliche Kerbe haut nun auch die neue Comedyserie „Survival of the | |
Thickest“. Der Titel spielt nicht nur auf die dicke Haut an, die man als | |
Singlefrau im Großstadtalltag ohnehin zum Überleben braucht, sondern eben | |
auch darauf, dass die Figur von Protagonistin Mavis das ist, was man gern | |
mal als „Plus-Size“ beschreibt. Oder wie die Stylistin selbst über ihren | |
Körper sagt: „Wie eine Hähnchenkeule: oben schön saftig, unten knubbelig, | |
absolut köstlich!“ | |
Gespielt wird Mavis von der Komikerin Michelle Buteau, die sich während des | |
Studiums von einem Professor anhören musste, zu fett für die Arbeit vor | |
der Kamera zu sein. Gemeinsam mit Danielle Sanchez-Witzel hat sie sich die | |
Serie auch ausgedacht, als Vorlage diente ihre eigene, gleichnamige | |
Essaysammlung. | |
Körperformen und Gewicht spielen in der Geschichte selbst letztlich | |
allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Gleich in der Auftaktepisode | |
nämlich erwischt Mavis ihren langjährigen Lebensgefährten Jacque (Taylor | |
Selé) mit einer anderen im Bett und zieht sofort Konsequenzen. Plötzlich | |
ist sie nicht nur Single, sondern muss zu einer schrägen Mitbewohnerin nach | |
Brooklyn ziehen und sich auch beruflich neu orientieren, denn wie bisher | |
mit Fotograf Jacque zusammenzuarbeiten kommt natürlich nicht mehr infrage. | |
Das Navigieren dieser neuen Realität erweist sich in vielerlei Hinsicht als | |
Herausforderung, aber immerhin hat Mavis dabei ihre besten Freund*innen | |
Khalil (Tone Bell) und Marley (Tasha Smith) an ihrer Seite. | |
## Schöne Fehler im Hochglanz-Look | |
Plötzlich wieder Single zu sein oder sich beruflich eine neue Existenz | |
aufbauen zu müssen, sind wahrlich keine bahnbrechenden neuen Plots für | |
romantisch angehauchte Comedyserien. Erst 2022 gab es das etwa bei Netflix | |
in „Uncoupled“ als Variante mit schwulem Mann im Zentrum. Doch „Survival | |
of the Thickest“ zeigt nun erfreulicherweise, dass sich immer noch | |
schwungvoll-witzige Unterhaltung daraus gewinnen lässt. Wenn man denn die | |
richtigen Zutaten hat. | |
Auch wenn die Serie im gleichen austauschbaren Knallbunt-Hochglanz-Look | |
daherkommt wie fast alle Netflix-Produktionen, ist hier eben nicht | |
unbedingt alles so, wie man es erwartet, bis hin zu Kleinigkeiten wie der | |
Tatsache, dass der engste Vertraute der Protagonistin mit viel platonischer | |
Selbstverständlichkeit ein heterosexueller Mann ist und nicht dem Klischee | |
entsprechend ein homosexueller. | |
Wichtigster Bestandteil des Erfolgsrezepts von „Survival of the Thickest“ | |
ist neben flotten Dialogen aber Michelle Buteau selbst. Die Verve und der | |
volle Körpereinsatz, mit denen sie sich in ihre Rolle stürzt, sind absolut | |
mitreißend. Was Mavis erlebt, egal ob bei zwanglosen One-Night-Stands, beim | |
Dating oder mit anspruchsvollen Klient*innen im Job, sind zwar sorgsam | |
konstruierte Comedy-szenarien. Aber dabei geht es so wunderbar chaotisch, | |
öfter mal ungeschickt und manchmal auch peinlich zu, dass dem Ganzen doch | |
eine ordentliche Portion Wahrhaftigkeit innewohnt. | |
Und die eigentliche Botschaft, die sich dabei dem Publikum vermittelt, hat | |
am Ende eigentlich gar nicht so viel mit Body Positivity zu tun. Sondern | |
vor allem damit, dass man selbst auch dann perfekt und absolut genug ist, | |
wenn eigentlich gar nichts im Leben perfekt läuft. | |
14 Jul 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Patrick Heidmann | |
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