# taz.de -- Streik bei der Arbeiterwohlfahrt: Die Lohnlücke schließen | |
> AWO-Angestellte streiken für die Angleichung ihrer Löhne an den | |
> öffentlichen Dienst. Verdi fordert Entgegenkommen vom Arbeitgeber und dem | |
> Senat. | |
Bild: Gerade in Zeiten der Inflation ist Streiken eine Notwendigkeit (Archivbil… | |
BERLIN taz | Die [1][Spirale aus Personalmangel und Überlastung] setzt | |
Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen in Berlin zunehmend | |
unter Druck. Bei einem Warnstreik der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi | |
zogen deswegen am Mittwochvormittag rund vierhundert Mitarbeiter:innen | |
der Berliner Arbeiterwohlfahrt (AWO) durch Kreuzberg und forderten eine | |
Angleichung ihrer Löhne an den Tarifvertrag der Länder (TVL). „Gleicher | |
Lohn für gleiche Arbeit“, stand auf den Schildern vieler Streikenden | |
Die AWO ist mit 2.000 Beschäftigten einer der größten freien Träger in | |
Berlin und betreibt vor allem Kitas und Einrichtungen der Geflüchteten- und | |
Obdachlosenhilfe. Finanziert werden die Angebote wie bei anderen freien | |
Trägern größtenteils vom Senat. Mit insgesamt 100.000 Beschäftigten | |
bezeichnet Verdi die freien Träger als „Rückgrat der sozialen Infrastruktur | |
der Stadt“. Jedoch ist die Bezahlung der Beschäftigten in vielen Fällen | |
deutlich schlechter als die ihrer Kolleg:innen, die direkt beim Senat oder | |
den Bezirken beschäftigt sind. | |
„Viele Kolleg:innen wechseln schon nach wenigen Monaten den Job, weil | |
sie woanders eine besser bezahlte Stelle finden“, berichtet Vanessa | |
Nielsen, die als Erzieherin in einer Kita arbeitet und heute für den | |
Warnstreik auf die Straße geht. Von den insgesamt elf Stellen seien derzeit | |
drei unbesetzt, die Folge seien Überlastung und Überstunden. „Man hat kaum | |
noch Zeit für die Kinder“, sagt Nielsen. | |
Nach Verdi Angaben beträgt [2][der Lohnunterschied zum öffentlichen Dienst] | |
bei der AWO derzeit fünf Prozent. Da aber im TVL ebenfalls | |
Tarifverhandlungen anstehen, fordert Verdi 13,5 Prozent mehr Lohn und | |
Inflationsausgleichszahlungen in vergleichbarer Höhe zum öffentlichen | |
Dienst, um den Abstand auszugleichen. Nach der letzten Verhandlungsrunde am | |
23. Juni setzte die AWO die Verhandlungen allerdings aus. | |
„Wir würden gerne unseren Mitarbeitenden 100 Prozent TVL zahlen“, sagt | |
AWO-Sprecher Markus Galle der taz, doch dafür bräuchte es zunächst feste | |
Finanzierungszusagen vom Senat. „Als Arbeitgeber haben wir die | |
Verpflichtung, gute Gehälter zu zahlen, aber auch wirtschaftlich zu sein.“ | |
Tatsächlich sind die freien Träger in erster Linie abhängig von der | |
Finanzierung des Senats, und die beträgt derzeit nur 95 Prozent der Summe, | |
mit der vergleichbare Landesangebote finanziert werden. So schieben sich | |
die Senatsverwaltung für Soziales und die freien Träger gegenseitig die | |
Verantwortung zu. | |
Verdi-Verhandler Ivo Garbe fordert hingegen die AWO auf, sich nicht hinter | |
der Senatsverwaltung zu verstecken. [3][Im neuen Haushalt stünden genügend | |
Mittel bereit], um auch die höheren Löhne der freien Träger zu finanzieren. | |
„Das ist ein klares Signal an den Arbeitgeber, sich wieder an den | |
Verhandlungstisch zu setzen“, sagt Garbe. | |
12 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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