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# taz.de -- Threads als Twitter-Konkurrenz: Neue Favoritin im Rennen
> Während sich Musks Twitter selbst abschafft, gehen andere
> Wettbewerbsteilnehmer an den Start. Threads ist eine ernstzunehmende
> Konkurrenz.
Bild: Fäden spinnen für offene Netzwerke: Threads ist dran. Twitter nicht
Man kann sich den Wettkampf der kommerziellen Social-Media-Plattformen wie
ein verdammt langes Wettrennen mit vielen Zwischenfällen vorstellen.
Allein, das Ziel ist nicht ganz statisch, sondern es ist, möglichst viele
Nutzer*innen und deren Daten, Werbekund*innen, Aufmerksamkeit, Geld und
Macht einzusammeln. Das heißt, das Ziel des Rennens wird ständig weiter
nach hinten verlegt.
Während des Rennens aber laufen immer wieder Störer auf die Bahn
(Hacker*innen und Bots), oder wankelmütige Schiedsrichter*innen
versuchen, während des laufenden Wettkampfs neue Regeln durchzusetzen
(Datenschutz). Gerade ist eine neue Sportlerin gestartet: [1][Threads. Sie
kommt aus dem Team von Meta] und muss deswegen nicht am Start anfangen,
sondern darf mitten im Rennen einsteigen.
Das Publikum am Wegesrand sind wir. Und wir sind auch die Sponsoren: Wer
uns überzeugen kann, wird unterstützt, bekommt unsere Aufmerksamkeit,
unsere Daten und unsere in Posts gepressten Gedanken, die weitere
Unterstützer*innen generieren. Wir, das Publikum, jubelten voller
Vorfreude, schon bevor Threads ins Rennen einstieg. Endlich eine neue
Favoritin, die Twitter Konkurrenz macht. Es wird wieder spannend!
Threads ist eine Social-Media-Plattform von Meta, wozu auch Facebook sowie
Whatsapp, das Metaverse und Instagram gehören. Es ist ähnlich aufgebaut wie
Twitter und sieht der Plattform auch sehr ähnlich. Am Donnerstag ging
Threads an den Start in über 100 Ländern, aber vorerst nicht in EU-Ländern,
was vermutlich am Digital Markets Act liegt, der strengere Regeln für
Plattformen mit sich bringt. Mit 30 Millionen Downloads in den ersten 18
Stunden war Threads gleich am ersten Tag unter den am häufigsten
abgerufenen kostenlosen Apps. Prominente wie die demokratische
US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez und die Künstlerin Kim Kardashian
waren sofort dabei, ebenso MrBeast, der meistabonnierte Youtuber der Welt.
## Selbstsabotage
Protegiert wird Threads von einer anderen, großen Nummer in diesem
Wettlauf: Instagram. Wer bei Instagram ist, kann sich direkt bei Threads
anmelden und – praktisch! – dort mit wenigen Klicks allen Accounts folgen,
denen er*sie auch bei Instagram folgt, sofern die bei Threads sind. Alte
Bekannte mitzunehmen auf eine neue Plattform ist äußerst bequem und ein
Booster für die neue Teilnehmerin im Rennen: Instagram unterstützt sie mit
rund zwei Milliarden aktiven User*innen.
Nur wenige Tage vor dem Start von Threads schmiss sich Twitter, gerade noch
im Spitzenfeld des Rennens, mit schmerzverzerrtem Gesicht trotzig auf den
Boden. Twitter entschied, dass User*innen nur noch eine limitierte Anzahl
an Tweets pro Tag sehen können, und schränkte die Sichtbarkeit von
Beiträgen für nicht eingeloggte User*innen ein. Damit nahm Twitter sich
selbst seine eigene Lebensgrundlage: Sichtbarkeit.
Wieder einmal verunsicherte Twitter damit seine Kunden und provozierte
einen erneuten Exodus ins Fediverse, ein dezentrales Social-Media-Gewächs,
zu dem beispielsweise auch Mastodon gehört. Seit der Übernahme von Twitter
durch Elon Musk haben sich Zigtausende Menschen bei Mastodon registriert
und damit technische Infrastrukturen und Gemeinschaften vor
organisatorische und teils auch ideologische Herausforderungen gestellt.
Doch nur ein kleiner Teil dieser Neuzugänge wurde auf der Plattform auch
tatsächlich mittelfristig aktiv. Ein häufiges Argument gegen Mastodon: Es
sei zu kompliziert. Sicher ist: Es ist nicht so idiotensicher wie Twitter.
Sich neuen Umgebungen anzupassen kann schwierig sein. Das Fediverse ist
eine Gemeinschaft aus vielen schönen digitalen Orten, aber sie sind nicht
für jeden problemlos zugänglich. Deswegen ist es für viele eben keine
Twitter-Alternative. Ebenso wenig sind es andere textlastige
Social-Media-Plattformen.
Manche sind einfach zu rechts wie etwa Parler, andere elitärer Unsinn wie
das 2023 gelaunchte Bluesky. Das wollte dringend Twitter-Konkurrenz werden,
schmiss sich ins Rennen, hatte dabei aber einen Grundsatz des gerade
deswegen gescheiterten Clubhouse übernommen: Ihr dürft nur mit Einladung
rein. Die Einladungen wurden zu einem Gut, das im Schwarzmarktstil für
Tausende von Euro online verkauft wurde. Statt eines jubelnden Publikums
standen die Zuschauer*innen neben der Strecke und wunderten sich, warum
sie nicht mitmachen dürfen.
## Kino, Party, Museum oder Couch
Threads hingegen trägt bei seinem Lauf ein Trikot, worauf dick und fett
steht: „Alle willkommen“. Und wer es nicht verstanden hat, bekommt es von
Instagram noch mal ins Gesicht geschrien.
Instagram, Tiktok und Youtube laufen zurzeit weit vorne im Spitzenfeld,
weil wir Zuschauer*innen sie dort hingepusht haben. Doch sie sind etwas
andre Läufer. Sie sind keine textlastigen Plattformen, in ihrem Fokus
stehen Fotos und Videos. Sie können also mit Twitter nicht wirklich
konkurrieren. Unter den bildlastigen Teilnehmer*innen hat man die Wahl
zwischen einem Kinoabend (Youtube), einer Party (Tiktok), einem
Museumsbesuch (Instagram) und einem Blick ins Fotoalbum (Bereal). Während
bei Twitter abhängen ein Abend auf der Couch mit Buch ist.
Bei Threads kann man sich auf den gewohnten Mechanismus verlassen, von dem
sich Twitter in den letzten Monaten verabschiedet hat. Elon Musk wehrte
sich dagegen, mit anderen Plattformen in Verbindung gebracht zu werden,
etwa indem Twitter Nutzer*innen verbot, im Profil anzugeben, wo man sie
im Fediverse findet. Threads hingegen setzt auf Vernetzung und Verbindungen
mit anderen Teams. Auch mit dem Fediverse soll Threads in Zukunft verbunden
werden.
Natürlich kann das alles Elon Musk nicht gefallen. Schon am Donnerstag
berichtete die Website Semafor darüber, dass Musks Anwalt per Brief
angekündigt hat, Meta zu verklagen. Man will sich also bei den
Schiedsrichter*innen beschweren. Angeblich hätte Meta nämlich
„Betriebsgeheimnisse und geistiges Eigentum“ von Twitter genutzt und
ehemalige Twitter-Mitarbeitende in der Entwicklung von Threats eingesetzt.
Meta bestreitet das. Interessant ist aber: Was dachte Musk, wo die 80
Prozent der Belegschaft, die seit seiner Übernahme entlassen wurden, in
Zukunft arbeiten würden?
7 Jul 2023
## LINKS
[1] https://about.fb.com/news/2023/07/introducing-threads-new-app-text-sharing/
## AUTOREN
Johannes Drosdowski
## TAGS
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