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# taz.de -- Parlamentswahlen in Griechenland: Erstarken des rechten Rands
> Die konservative Nea Demokratia hat die Parlamentswahlen gewonnen – trotz
> Stimmenverlusten. Aber der Preis dafür ist hoch.
Bild: Das Kalkül von Kyriakos Mitsotakis, dem Spitzenkandidaten der Nea Demokr…
Griechenland rückt nach rechts. [1][Das ist das zentrale Ergebnis der
Parlamentswahl vom Sonntag.] Das macht sich weniger fest an dem erwarteten
Wahlsieg des Konservativen Kyriakos Mitsotakis. Denn der von ihm erhoffte
Erdrutschsieg ist ausgeblieben. Seine Nea Demokratia verzeichnete sogar
einen leichten Stimmenrückgang. Aber dafür wurde der rechte Rand massiv
gestärkt.
Das Kalkül von Mitsotakis ist zwar aufgegangen, sich [2][nach der Wahl im
Mai] jeglichen Koalitionsverhandlungen zu verweigern und stattdessen auf
umgehende Neuwahlen zu setzen. Dank des von ihm wieder eingeführten
„verstärkten Verhältniswahlrechts“, bei dem – demokratietheoretisch hö…
fragwürdig – der stärksten Partei zusätzliche Mandate geschenkt werden,
kann sich die Nea Demokratia jetzt mit weniger als 41 Prozent der Stimmen
über die absolute Mehrheit der Sitze im Vouli, dem griechischen Parlament,
freuen. Aber der Preis, den dieses fragwürdige Manöver die griechische
Demokratie kostet, ist hoch.
Neben der bisher schon im Parlament vertretenen rechtspopulistischen
Elliniki Lysi (Griechische Lösung) haben auch erstmalig die
ultranationalistische und ultrareligiöse Niki (Der Sieg) und die Spartaner,
die als eine Nachfolgepartei [3][der 2020 verbotenen Neonazipartei Chrysi
Avgi] (Goldene Morgenröte) gesehen werden müssen, deutlich den Sprung über
die Dreiprozenthürde geschafft. Zusammen kommen sie auf fast 13 Prozent.
Seit dem Ende des Obristenregimes waren Rechtsaußenparteien noch nie so
stark im Parlament vertreten.
Die Wahl vom Sonntag ist ein Einschnitt. Nur bei der ersten Wahl nach der
Diktatur 1974 wählten die Griechinnen und Griechen mehrheitlich rechts der
Mitte. Seitdem gab es stets eine Stimmenmehrheit für Parteien links der
Mitte, auch wenn sich das aufgrund der Anzahl der sich als links
verstehenden Parteien und des „verstärkten Verhältniswahlrechts“ nicht
immer in entsprechenden Parlamentsmehrheiten widerspiegelte. Das hat sich
jetzt geändert.
## Zweidrittelmehrheit für die Rechten
Zusammen mit den Rechtsaußenparteien verfügt die Nea Demokratia im Vouli
nunmehr fast über eine Zweidrittelmehrheit. Nicht nur für Geflüchtete ist
das eine ganz bittere Aussicht, setzte Mitsotakis doch schon bisher auf
eine [4][demonstrativ restriktive Flüchtlings- und Migrationspolitik], die
sich um menschenrechtliche Grundstandards nicht schert.
Griechenland hat, wie es der Spross einer der ältesten wie schillerndsten
Politiker:innendynastien Griechenlands fomuliert, „Stabilität“
gewählt – das heißt auch, dass die Kleptokratie auf Kosten der Bevölkerung
gedeihen wird. Und wen interessiert es jetzt noch, dass der Mann mit dem
flexiblen Verhältnis zur Wahrheit in seiner ersten Ministerpräsidentenzeit
[5][missliebige Politiker:innen und Journalist:innen abhören
ließ]? Auch wenn der unter anderem von Yanis Varoufakis angestellte
Vergleich mit Viktor Orbán nicht ganz angemessen erscheint, ist die
Vorstellung, dass Mitsotakis nun ohne größere Einschränkungen nach
Gutdünken schalten und walten kann, unerfreulich.
Die griechische Linke steht vor einem Scherbenhaufen. In ihrer
Zerstrittenheit hat sie keine überzeugende Alternative zur Nea Demokratia
dargestellt. Auch wenn [6][die Linkspartei Syriza] mit knapp 18 Prozent die
mit Abstand größte Oppositionspartei geblieben ist, wird es sich die Partei
von Ex-Premier Alexis Tsipras nicht ersparen können, gründlich und
schonungslos ihren Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit
auszuwerten. Um eine Neuaufstellung wird sie nicht herumkommen.
Aber auch die sozialdemokratische Pasok mit einem Ergebnis von knapp 12
Prozent und die kommunistische KKE mit knapp 9 Prozent haben keinen Grund
zum Jubeln, auch wenn sie das nicht zu begreifen scheinen. Denn
Selbstzufriedenheit auf niedrigem Niveau verändert keine gesellschaftlichen
Verhältnisse. Über die Eitelkeiten von [7][Yanis Varoufakis] muss nach
seinem erneuten Scheitern gar nicht mehr gesprochen werden. Der Linken wird
es nur gelingen, wieder hegemoniefähig zu werden, wenn sie untereinander
bündnisfähig wird. Doch das ist ein weiter Weg. Denn es setzt eine
Einsichtsfähigkeit voraus, die bislang nicht vorhanden ist.
26 Jun 2023
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Griechenland/!5942884
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[3] /Neonazi-in-Griechenland-festgenommen/!5783888
[4] /Nach-Bootsunglueck-vor-griechischer-Kueste/!5938713
[5] /Spionage-in-Griechenland/!5895319
[6] /Syriza-vor-der-Wahl-in-Griechenland/!5932121
[7] /Griechischer-Politiker-Varoufakis-zu-Wahlen/!5932517
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Griechenland
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Parlamentswahlen
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Schwerpunkt Krise in Griechenland
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