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# taz.de -- Pride-Parade in Sarajevo: Zwischen Schutz und Einschüchterung
> In Bosnien hat die LGBTQ-Gemeinde für ihre Rechte demonstriert. Doch
> religiös-konservative Kreise setzten die Pride-Parade unter Druck.
Bild: Die Pride-Parade am Samstag in Sarajevo
Sarajevo taz | Als sich die ersten Demonstranten am Samstagnachmittag vor
dem Nationaltheater in Bosniens Hauptstadt Sarajevo zur Pride-Demo
versammelten, marschierte auch die Polizei auf. Ob sie die rund 2.000
Mitglieder der LGBTQ-Gemeinde und deren Sympathisanten schützen oder
einschüchtern wollte, blieb unklar. Auch entlang der Strecke ins
Stadtzentrum waren Polizisten postiert. Doch alles blieb friedlich.
Der Platz vor der Oper, wo die Abschlusskundgebung stattfand, war dann aber
hermetisch abgeriegelt. Zutritt hatte nur, wer von den Veranstaltern ein
Bändchen erhalten hatte. Selbst internationalen Journalisten war der
Zutritt verwehrt; auch der Hinweis auf die Pressefreiheit fruchtete nicht.
Die Polizisten befolgten Anweisung „von ganz oben“, wie sie sagten.
Schon im Vorfeld der Pride hatte sich Sarajevos Bürgermeisterin, die
Sozialdemokratin Benjamina Karić, geweigert, das Rathaus mit den
Regenbogenfarben beleuchten zu lassen. Dagegen protestierten die
Veranstalter, denn oft wird das Rathaus zu weit unwichtigeren Anlässen
beleuchtet. Doch die konservativ-religiösen Teile der Bevölkerung stießen
sich an der Veranstaltung und hatten Druck gemacht.
Sie ärgerten sich auch, dass der Titoboulevard gesperrt werden sollte. So
hatte Sebija Izetbegović aus dem Lager der muslimisch-bosniakischen
Nationalpartei SDA schon Tage zuvor gefordert, dass sich die Demonstranten
im Stadion versammeln, statt ein Verkehrschaos anzurichten. Andere
forderten die gläubigen Katholiken, Orthodoxen und Muslime des Landes sogar
auf, gewaltsam gegen die „Verderber unserer Jugend“ vorzugehen. Dies fand
jedoch kein Gehör. Waren vor einigen Jahren noch Schlägertrupps militanter
Salafisten gegen Demonstranten vorgegangen, so zeigten sich jetzt die durch
die Altstadt flanierenden Touristen neugierig und erstaunt über die
Polizeipräsenz.
## Spontanität verhindert
Dass Bürgermeisterin Karić vor der Rechten eingeknickt war und es nicht
wagte, offen für die Rechte der LGBTQ-Gemeinde einzutreten, kritisierte die
Filmemacherin Jasmila Zbanic auf Twitter. Jasna B., eine 25-Jährige, die
vorzeitig die abgesperrte Veranstaltung verließ, zeigte sich mit Blick auf
die Polizisten sehr enttäuscht von den Politikern der in der Stadt
regierenden SDP (Sozialdemokraten) und der linksliberalen Nasa
Stranka(Unsere Partei). „So hat man verhindert, dass sich Leute spontan der
Versammlung anschließen.“ Doch immerhin kam der prominente Politiker und
Minister für Kommunikation und Verkehr Edin Forto von der Nasa Stranka.
Am Ende überstieg die Zahl der Sympathisanten der LGBTQ-Gemeinde die Anzahl
der wirklich Community-Mitglieder, von denen viele aus Vorsicht nicht zur
Veranstaltung kamen. Dafür kamen Diplomaten wie der Chef der EU-Mission,
Johann Sattler, oder die Chefin des Goethe-Instituts in Sarajevo, Simone
Voigt. Sie bemühten sich, beim Hinausgehen am Handy schnell die neusten
Nachrichten aus Russland zu empfangen.
25 Jun 2023
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Schwerpunkt LGBTQIA
Pride Parade
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Salafisten
Sarajevo
Konservative
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