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# taz.de -- „Berliner Zeitung“ und der Fall Reichelt: Von Austern und Insta…
> Holger Friedrich hat den Negativpreis „Verschlossene Auster“ gewonnen.
> Das ist hochverdient, obwohl er geredet statt geschwiegen hat.
Bild: Austernschalen im Sand
Es ist hier nicht bekannt, ob Holger Friedrich gerne Austern schlürft. Eine
hat der Verleger der Berliner Zeitung jetzt aber. Weil er
Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt bei Springer verpfiff, widmete ihm
das [1][Netzwerk Recherche] (NR) kurzerhand seinen Negativpreis
„Verschlossene Auster“. Der geht zwar normalerweise an Menschen und
Institutionen, die Informationen verweigern und Berichterstattung
verhindern. Doch NR (Offenlegung: Ich bin dort Mitglied und war auch mal im
Vorstand) hielt den Fall Friedrich zu Recht für so gravierend, dass die
Auster kurzerhand umgewidmet wurde.
Heute werde also jemand ausgezeichnet, „der Auskunft gegeben hat, obwohl er
dazu verpflichtet gewesen wäre, zu schweigen“, sagte Ex-Spiegel-Chef Georg
Mascolo mit viel Pathos in seiner Laudatio am vergangenen Samstag bei der
NR-Jahreskonferenz in Hamburg. Friedrich sei jemand, „der uns daran
erinnerte, dass die Pressefreiheit nicht nur von außen bedroht werden kann:
sondern auch von innen.“
Der böse Bube sieht das notwendigerweise anders, von daher wird ihn
vermutlich auch die Rüge des Deutschen Presserats nicht weiter jucken. Die
hatte er kurz davor noch gleich obendrauf bekommen. Laut Ziffer 5 des
Pressekodex gibt die Presse nämlich Informanten ohne deren ausdrückliche
Zustimmung nicht preis. „Als Verleger ist Holger Friedrich Teil der Presse,
unabhängig davon, ob er noch weitere unternehmerische Funktionen innehat.“
Jetzt heißt’s lustig abzuwarten, ob und vor allem wie die Berliner Zeitung
diese Rüge veröffentlicht. Eigentlich gehört das zum guten Ton. Holger
Friedrich war zwar Mittwochabend bei der Medianight des Medienverbands der
freien Presse. Mit der taz wollte er aber nicht sprechen. Dafür hing er mit
Ex-Bundespräsident Christian Wulf ab, der ja auch einen eher eigenwilligen
Kurs mit den Medien fuhr.
„Friedrich selbst macht schon ’ne Menge, um in die Geschichte einzugehen“,
sagt die Mitbewohnerin. „Doch mit diesem Preis helfen auch andere an seiner
Unvergänglichkeit mit. Wo stellt Friedrich wohl seine Auster hin?“
## Alle Whistleblower*innen zum offenen Kanal?
Fairerweise gibt’s ja noch die gute alte selektive Wahrnehmung!
Veröffentlicht hat die Berliner Zeitung nämlich schon mal ein Urteil des
Berliner Landgerichts, in dem Friedrich gegen Reichelt gewonnen hat. Da
urteilte die Kammer allen Ernstes, Reichelt hätte „auch aufgrund seiner
langjährigen einschlägigen Berufserfahrung bekannt sein müssen, dass
insbesondere mit Gewinnerzielungsabsicht tätige Veröffentlichungsmedien
kein,sicherer Hafen' für ihnen anvertraute Informationen und deren Quellen
sind“. Und alle Whistleblower*innen gehen jetzt zum offenen Kanal,
oder was?
Da setzt also mal eben ein Gericht den Informant*innenschutz und damit
eine der wesentlichsten journalistischen Grundregeln außer Kraft. Zweite
Instanz, bitte aufheben!
22 Jun 2023
## LINKS
[1] /Inklusiver-Journalismus/!5938859
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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Julian Reichelt
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