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# taz.de -- Deutsche Leichtathletik schwächelt: Ferner laufen …
> Die deutsche Leichtathletik steckt in der Krise, Athleten können ihre
> Leistungen nicht abrufen. Trotzdem will der Verband bald wieder unter die
> Top 5.
Bild: Umbauten im Umfeld: 5.000-Meter-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen
Die Deutschen findet man nicht sofort in der [1][Rangliste des
internationalen Leichtathletik-Verbandes]. Zwei in den Top 100 der Frauen
und Männer tauchen dann doch auf: Malaika Mihambo, die Weitspringerin auf
Platz 64 und der Speerwerfer Julian Weber auf Platz 73. Der Weltverband
stuft die besten Athleten nach einem Punktesystem ein. Die beiden Vertreter
des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) mögen in ihren Disziplinen
vorn mitmischen, aber in der Generalabrechnung gehen sie im Heer der
eifrigen Punktesammler fast unter, obgleich Mihambo Goldmedaillen bei
Olympia, EM und WM gewonnen hat und auch Weber in Europa vorn war.
Sie kaschieren ein wenig, dass die deutsche Leichtathletik im
internationalen Vergleich stetig an Ansehen und Schlagkraft verliert. Der
Tiefpunkt war bei der Weltmeisterschaft im Vorjahr erreicht: schlechtestes
Abschneiden bei so einem Championat, nur drei Medaillen. Außerdem konnten
die 80 WM-Starter nur sieben Mal einen der ersten acht Plätze erreichen,
die Fördergeld vom Bund einbringen. 46 von ihnen überstanden die erste
Runde nicht.
„40 bis 45 Prozent der deutschen Athleten konnten ihr Leistungsvermögen
nicht abrufen“, sagte Cheftrainerin Annett Stein damals in Eugene. [2][Vor
den Deutschen Meisterschaften in Kassel] an diesem Wochenende verspricht
Stein nun vollmundig, die deutsche Leichtathletik wolle schon im Jahr 2028
wieder unter „den Top 5“ sein. Das ist ein mehr als ambitioniertes Ziel,
bedenkt man, dass [3][der DLV auf Platz 19] in den USA kam, hinter Peru,
Grenada oder der Dominikanischen Republik. „Einige Veränderungen sind
erforderlich“, sagt Stein, „aber wir sind auf einem guten Weg, und auf
europäischem Gebiet sind wir konkurrenzfähig.“
Das Zusammengehörigkeitsgefühl im Team sei gut, aber sie relativiert auch:
Bei der kommenden WM in Budapest (19. bis 27. August) seien die meisten
Sportlerinnen und Sportler „zwar nicht medaillenfähig, aber doch
leistungsfähig“. Cheftrainerin Stein muss, beschreibt sie den Ist-Zustand
ihres Verwaltungsbereiches, des öfteren ein Wort bemühen, das eher negativ
konnotiert ist: „Irritationen“. Diese Irritationen gebe es hier und da, und
auch die 5.000-Meter-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen habe zuletzt
eine solche Irritation erlebt.
## „Noch nicht so weit“
„Sie ist in der Leistungsdarstellung noch nicht so weit“, sagt Stein etwas
gestelzt. Man könnte auch sagen: Sie ist noch längst nicht in der Form
vergangener Jahre, allerdings hat die überaus schmächtige Läuferin (47 kg)
auch bewegte Monate hinter sich. Sie verließ heuer ihren Sponsor Nike und
unterschrieb einen Vertrag beim Sportartikelhersteller Puma. Vom
US-Bundesstaat Oregon, wo sie einst beim Skandaltrainer Alberto Salazar
[4][und dessen Nike Oregon Project] unterschlüpfte, um ihre Leistung zu
pushen, wechselte sie nach North Carolina zu Übungsleiter Alistair Cragg.
Zurück an der Westküste blieb ihr Trainer Pete Julian, den sie vorher stets
als „Weltklasse-Coach“ betitelt hatte.
Klosterhalfen überzeugte vor über einem Jahr noch mit dem drittschnellsten
Halbmarathon-Debüt einer Europäerin, gewann auch Cross-Gold mit der
Mannschaft bei der EM, aber bei der Hallen-EM musste sie über 3.000 Meter
eine schmerzhafte Niederlage gegen eine Läuferin aus dem eigenen Lager
hinnehmen: Hanna Klein. Im Spurt war sie unterlegen. Umgehend kündigte
Klosterhalfen an, an ihrer Schnelligkeit auf den kürzeren Distanzen zu
arbeiten, also über 800 und 1.500 Meter.
Bei den Deutschen Meisterschaften startet die immer noch etwas verhuschte
26-Jährige nun über 800 Meter, ein Rennen, das sie wohl kaum gewinnen wird,
denn in der deutschen Rangliste steht sie mit ihrer Zeit von 2:05,98
Minuten nur auf Platz 11, deutlich hinter den Favoritinnen Majtie Kolberg
und Christina Hering. Klosterhalfen wird testen wollen, ob sie wieder
besser drauf ist.
Nach ihrem letzten Platz über 5.000 Meter beim Diamond League Meeting in
Stockholm, der wichtigsten Wettkampfserie, veranlasste sie ein sogenanntes
großes Blutbild, um der „Irritation“ auf den Grund zu gehen. „Wir können
noch mit einer großen Leistungsentwicklung bis zu WM rechnen“, verspricht
die Cheftrainerin. Mut macht ihr wohl das Szenario aus dem Vorjahr.
Da klagte Konstanze Klosterhalfen nach einer Corona-Infektion zwei Monate
vor der EM in München über Trainingsrückstand, nur um dann zur Überraschung
vieler Experten über 5.000 Meter groß aufzutrumpfen. Sie ist zäh, ehrgeizig
bis zur Verbissenheit. Der DLV braucht mehr von diesem Schlag, will er
seine Athleten wieder an die internationale Spitze führen, in die Top 100
des Weltverbandes. „Wir versuchen jetzt – salopp formuliert –, die PS auf
die Straße zu bringen“, sagt der neue Sportdirektor des Verbandes, Jörg
Bügner.
6 Jul 2023
## LINKS
[1] https://worldathletics.org/world-rankings/overall-ranking/men?regionType=wo…
[2] https://www.leichtathletik.de/news/news/detail/78191-kassel-2023-die-grosse…
[3] https://world-track.org/2022/07/world-athletics-championships-2022-medal-ta…
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Nike_Oregon_Project
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Leichtathletik
Marathon
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