# taz.de -- Deutscher Export und Menschenrechte: Wider die Korruption | |
> Der Maschinen- und Anlagenbau ist zweitgrößter Industriezweig | |
> Deutschlands. Er beliefert weltweit Sektoren, die Menschenrechte | |
> missachten. | |
Bild: Eine Gasse in der Altstadt von Damaskus. Syrien zählt zu den korrupteste… | |
Für 50 Millionen Euro verkaufte die deutsche Krones AG im Jahr 2015 eine | |
Brauereianlage und zwei Abfülllinien an die angolanische Firma Sodiba. Das | |
Darlehen für Sodiba stellte die deutsche KfW-IPEX-Bank zur Verfügung. Wie | |
sich später herausstellte, gehörte das Unternehmen [1][Isabel dos Santos]. | |
Ihr Vater war fast 40 Jahre lang Präsident von Angola und häufte durch | |
Vetternwirtschaft und Steuerhinterziehung ein Privatvermögen von 20 | |
Milliarden (!) US-Dollar an. | |
Ein Blick in das angolanische Amtsblatt hätte gereicht, um das zu wissen. | |
Wegen fahrlässigen Vorgehens wurde der KfW eine Geldbuße auferlegt. Krones | |
hat nach eigenen Angaben daraus gelernt und in Bezug auf Geschäftspartner | |
sogenannte „Third Party Checks“ eingeführt. Der Fall zeigt exemplarisch: | |
Deutsche Unternehmen sollten besser hinschauen, mit wem sie im | |
internationalen Handel Geschäfte machen. | |
In vielen Ländern, in denen auch deutsche Maschinen- und Anlagenbaufirmen | |
Geschäfte machen, gehört Korruption zur Tagesordnung. [2][Transparency | |
International] definiert Korruption als Missbrauch anvertrauter Macht zum | |
privaten Vorteil oder Nutzen. Korruption tritt in verschiedenen | |
Erscheinungsformen auf, zum Beispiel als Bestechung, Wahlbetrug, | |
unrechtmäßige Bereicherung und Vetternwirtschaft. Doch was das für | |
Menschen- und Umweltrechte oft bedeutet, ist vielen Unternehmen nicht | |
bewusst. | |
Viele Verletzungen von Menschenrechten und Umweltschutzvorgaben werden erst | |
und gerade durch Korruption ermöglicht. Korruption ist in diesem Kontext | |
eine stete Begleiterscheinung, ein klassisches Querschnittsphänomen – und | |
kein Kavaliersdelikt. Weltweit wird [3][Korruption] als eines der größten | |
Hindernisse für wirtschaftliche und soziale Entwicklung gesehen. | |
Der finanzielle Schaden, der wirtschaftlich schwachen Ländern durch | |
Korruption entsteht, liegt laut der [4][Konrad-Adenauer-Stiftung] um ein | |
Vielfaches über den Beträgen, die diese Länder als Entwicklungsgelder | |
erhalten. Korruption ist kostspielig – und findet auch statt, weil sich | |
Privatakteur:innen aus wohlhabenden Industrieländern daran beteiligen. | |
Es braucht immer die Hand, die gibt, und die Hand, die nimmt. | |
## Schlusslichter Syrien, Sudan, Somalia und Jemen | |
Das hierzu notwendige Geld gelangt über internationale Lieferketten an | |
Produktionsstandorte in diesen Ländern. Politiker:innen und | |
Beamt:innen nehmen dort zum Beispiel Bestechungsgelder an und dulden | |
Korruption, anstatt Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, die | |
Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße ermöglichen oder von ihnen | |
profitieren. | |
Je höher die Korruptionsrate, desto schlechter die Menschenrechtslage. Das | |
zeigt auf eindrückliche Weise ein Vergleich des von Transparency | |
International herausgegebenen Korruptionswahrnehmungsindex mit dem | |
[5][Freedom-House-Index] für politische und bürgerliche Freiheiten. In | |
beiden zählen zum Beispiel der Südsudan, Syrien, Somalia und Jemen zu den | |
Schlusslichtern. | |
Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße gedeihen also in | |
gleichen Umgebungen und beruhen auf ähnlichen Ursachen. Wenn deutsche | |
Unternehmen korrupte Praktiken anwenden oder dulden, schaffen sie damit | |
direkt oder indirekt Voraussetzungen, die Menschenrechtsverletzungen | |
ermöglichen. Korruptionsbekämpfung auf allen Stufen der vor- und | |
nachgelagerten Wertschöpfungsketten ist deshalb eine Grundvoraussetzung für | |
eine integre Umsetzung menschenrechtlicher und umweltbezogener | |
Sorgfaltspflichten. | |
Von Bergbau- über Textil- bis Verpackungsmaschinen – die potenziellen und | |
tatsächlichen negativen Auswirkungen in der nachgelagerten | |
Wertschöpfungskette des deutschen Maschinen- und Anlagebaus sind massiv. | |
Das belegt [6][eine Studie], die Germanwatch, Transparency Deutschland, | |
Gegenströmung und das Bischöfliche Hilfswerk Misereor gemeinsam | |
herausgegeben haben, um das Problembewusstsein für die negativen | |
Auswirkungen in der nachgelagerten Wertschöpfungskette zu schärfen. | |
## Eintrag im Wettbewerbsregister | |
Sie zeigt die Verantwortung der Branche, Sorgfaltspflichten für die | |
nachgelagerte Wertschöpfung zu übernehmen. Deutlich wird, dass dies für die | |
Unternehmen keine unangemessenen Belastungen darstellt. Die Unternehmen des | |
Maschinen- und Anlagenbaus sollten einen risikobasierten Ansatz für | |
Sorgfaltspflichten zu Menschenrechten, Umweltschutz und | |
Korruptionsprävention etablieren und dabei Querschnittsrisiken der | |
Korruption im Auge behalten. | |
Ausgangspunkt aller Überlegungen ist eine ehrliche und systematische | |
Risikoanalyse, auch mit Blick auf die belieferten Sektoren, jeweilige | |
Geschäftsbeziehungen und -modelle sowie Länderrisiken. Hierzu gehören klare | |
Prozesse für die Sorgfaltspflichten in den Wertschöpfungsprozessen sowie | |
deren Überprüfung auf Umsetzung und Wirksamkeit. | |
Das Korruptionsrisiko sollte als Querschnittsphänomen im Rahmen der | |
menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfalt betrachtet und entlang der | |
gesamten Wertschöpfungsketten analysiert und minimiert werden. Hilfreich | |
und dringend zu empfehlen ist deshalb auch eine Institutionalisierung der | |
Zusammenarbeit zwischen Compliance (Korruptionsbekämpfung) und den | |
verantwortlichen Stellen für Menschenrechte und Umweltschutz. | |
Unternehmen, denen Korruption nachgewiesen wurde, sollten einen | |
entsprechenden Eintrag im Wettbewerbsregister erhalten – auch dann, wenn | |
sie aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs nicht rechtskräftig | |
verurteilt wurden. In ihren Berichten an die OECD sollte die | |
Bundesregierung die Namen von Firmen, gegen die Korruptionsvorwürfe | |
vorliegen, offenlegen. | |
Deutschland sollte außerdem ein Unternehmensstrafrecht einführen. Die bis | |
dato bestehende Sanktionierung von Unternehmen durch das | |
Ordnungswidrigkeitengesetz ist unzureichend und präventiv unwirksam. | |
6 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Korruption-in-Angola/!5871003 | |
[2] https://www.transparency.de/ | |
[3] /Schwerpunkt-Korruption/!t5008142 | |
[4] https://www.kas.de/de/web/auslandsinformationen/ausgaben/detail/-/content/k… | |
[5] https://freedomhouse.org/countries/freedom-world/scores | |
[6] https://www.transparency.de/aktuelles/detail/article/studie-maschinenbau-me… | |
## AUTOREN | |
Otto Geiß | |
## TAGS | |
Lieferketten | |
Export | |
Menschenrechte | |
Umweltschutz | |
Lieferketten | |
Lieferketten | |
Lieferketten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Expertin über EU-Lieferkettengesetz: „Es gibt noch Nachholbedarf“ | |
Das EU-Lieferkettengesetz zwingt Unternehmen zu mehr Sorgfalt, sagt | |
Cornelia Heydenreich von Germanwatch. Betroffene könnten mehr geschützt | |
werden. | |
EU-Lieferkettengesetz: Für mehr Menschenrechte und Klima | |
EU-Abgeordnete haben den Entwurf zum EU-Lieferkettengesetz verabschiedet. | |
Nun beginnen Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten. | |
Neues EU-Gesetz zu Lieferketten: Mehr Verantwortung für Unternehmen | |
Die EU will Unternehmen dazu verpflichten, auch bei ihren Zulieferern dafür | |
zu sorgen, dass Menschenrechte und Umweltschutz eingehalten werden. |