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# taz.de -- Prozessbeginn am Montag in Kiel: Versuchter Totschlag mit dem Pick-…
> Drei Jahre ist der Angriff auf AfD-Gegner:innen in Henstedt-Ulzburg her.
> Noch immer leiden die Opfer an den Folgen der Attacke.
Bild: Eine potenziell tödliche Waffe: Ein Pick-up, ähnlich dem Tatfahrzeug vo…
Hamburg taz | Am Montag beginnt von dem Kieler Landgericht das Verfahren
gegen Melvin S.: Die Staatsanwaltschaft hält dem Angeklagten vor, [1][in
Henstedt-Ulzburg mit einem Pick-up am Rande einer AfD-Veranstaltung gezielt
Gegendemonstrat:innen angefahren zu haben.] Deshalb muss er sich
wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung sowie des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
verantworten.
Unmittelbar nach der Tat an einem Samstag im Oktober 2020 schien sich die
Situation anders verhalten zu haben, glaubte man der Pressemitteilung der
Polizei: „Demonstranten der rechten und linken Szene gerieten außerhalb des
Veranstaltungsgeländes aneinander. Dabei wurde im Rahmen eines
Verkehrsunfalls eine Person der linken Szene schwer verletzt.“ Erst als
Betroffene des Angriffs sich kurz darauf an die taz wandten, veränderte
sich die Einordnung der Ermittlungsbehörden.
„Ich dachte, ich sehe nicht richtig“, berichtet einer der Betroffenen der
taz anlässlich des Prozesses erneut. Er hatte an dem frühen Abend des 17.
Oktobers 2020 den Fahrer zuvor mit weiteren [2][Besuchern der
AfD-Veranstaltung] an sich vorbeigehen sehen, nachdem der ehemalige
AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen im Bürgerhaus aufgetreten war. Der
Betroffene erinnert sich, dass zwei der an ihm Vorbeigehenden in einen
Pick-up stiegen, losfuhren und auf den Gehweg bogen. „Der Fahrer gab
Vollgas und raste auf uns zu“, sagt der Betroffene.
S. soll am Steuer des 3,5 Tonnen schweren Fahrzeug gesessen haben und den
Wagen auf der kurzen Distanz zu dem Betroffenen und einer weiteren Person
beschleunigt haben. „Er traf uns mit der Motorhaube. Wir wurden
weggeschleudert“, sagte der heute 47-Jährige. Beide erlitten Prellungen und
Schürfungen am Körper. Sein Begleiter wurde zudem am Kopf verletzt. Er sah
noch, wie das Auto auf dem Gehweg weiterraste und eine Frau traf.
## Erinnerungen an die Tat belasten Opfer
Bis heute leidet der Betroffene an den Verletzungen. Die Schmerzen im
Rücken seien so stark, dass er seit dem Angriff nicht mehr freiberuflich in
der Kinder- und Jugendarbeit tätig sein kann. „Ich stehe vor der
Frühverrentung“, so der Betroffene und somit vor auch „vor finanziellen
Problemen“.
Die angefahrene Frau hat noch immer mit den Folgen der Tat zu kämpfen. „Ich
war ein Jahr in Therapie“, sagt die 24-Jährige. „Das Letzte, was ich
gesehen hatte, war das auf uns zukommende Auto“, erzählt sie. „Ich rannte,
doch als ich wegspringen wollte, traf mich der Wagen.“ Kurz sei sie
bewusstlos gewesen. Sie habe „von Kopf bis Fuß“ Prellungen und
Hautabschürfungen erlitten, musste im Krankenhaus behandelt werden.
Ein Betroffener erinnerte auch, dass eine Polizistin vor Ort gesagt habe,
dass die Frau hätte tot sein können. In der Pressemitteilung fehlte aber
genau diese Darstellung eines gezielten, potenziell tödlichen Angriffs mit
einem Fahrzeug. Das polizeiliche Narrativ übernahmen berichtende Medien
daraufhin einfach.
Diese falsche Einordnung hätte sie getroffen, sagt die Betroffene: „Das war
ein doppelter Schlag.“ Für sie sei das besonders hart gewesen, weil sie als
Schwarze Frau in der weißen Mehrheitsgesellschaft sich ohnehin schon immer
„doppelt so häufig beweisen musste“. Je näher der Prozess rückt, desto m…
spüre sie, wie die Tat sie noch immer psychisch belastet: „Wenn ich ‚AfD‘
lese oder höre, triggert mich das schon.“ Am Montag will sie als
Nebenklägerin im Verfahren auftreten.
Das linke Bündnis „Tatort Henstedt-Ulzburg“ hat die Betroffenen in den
vergangenen Jahren begleitet, Aktionen und Proteste organisiert. [3][Lange
Zeit nach der Tat beklagte es die fehlende Anklage], dann die ausbleibende
Prozesseröffnung. Kurios mutet die lange Dauer zwischen Tat und
Prozessauftakt schließlich an, wo doch die Polizei noch vor Ort den
mutmaßlichen Täter festsetzte. Zur Tatzeit unterhielt Sch., der aus einem
kleinen Dorf im Kreis Segeberg kommt, verschiedene rechtsextreme
Verbindungen.
Die Verzögerung sollen durch Umstrukturierung bei der Staatsanwaltschaft
und dem Gericht zustande gekommen sein. Der Rechtsbeistand von S. wechselte
auch mehrmals, sagt Alexander Hoffmann, Rechtsanwalt von Nebenklägern.
Am vergangenen Samstag protestieren in der schleswig-holsteinischen Stadt
etwa 200 Personen unter dem Motto „Henstedt-Ulzburg war kein Unfall“. Vom
Prozess erhoffen sich die Betroffene eins ganz besonders: „Die Einordnung
der Tat als rechtsextremer Angriff.“
30 Jun 2023
## LINKS
[1] /Prozess-wegen-Attacke-gegen-Linke/!5859752
[2] /Parteienbuendnis-in-Schleswig-Holstein/!5937649
[3] /Prozess-wegen-Attacke-gegen-Linke/!5859752
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Opfer rechter Gewalt
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Kiel
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