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# taz.de -- Siebenschläfer verheißt Gutes: Es könnte ein milder Sommer werden
> Wörtlich genommen werden sollten Bauernregeln nicht. Erfahrungsträchtig
> sind sie aber. Das gilt auch für den Siebenschläfertag.
Bild: „Das Wetter am Siebenschläfertag noch sieben Wochen bleiben mag“ bes…
Berlin taz | Heute ist Siebenschläfertag und eine alte Bauernregel sagt: So
wie das Wetter heute ist, so ist es auch die nächsten sieben Wochen. Da
sieht es – ausgehend von dem Wetterbericht für die kommenden Tage – nach
mäßigem Sommerwetter mit gelegentlichem leichtem Regen aus. Keine tropische
Hitze wie die letzten Sommer. Ich atme auf.
Mein Vater war [1][Bauernsohn] und Naturwissenschaftler und er wusste:
Wörtlich ist die Bauernregel nicht zu nehmen, doch rund um den 27. Juni
stellte sich meist eine Großwetterlage ein, die tatsächlich länger über dem
Großraum Berlin erhalten blieb. Keine sieben Wochen, aber fünfe schon.
Mein Vater hat mir das auch [2][wissenschaftlich erklärt]. Da kamen Worte
vor wie Hochdruckgebiet, Tiefdruckgebiet und Luftmassen vom Atlantik. Ich
habe die genauen Zusammenhänge vergessen. Aber zu Lebzeiten meines Vaters
konnte man sich meist darauf verlassen: Waren die letzten Junitage
verregnet, dann war es auch der ganze Juli, und im August schien sehr
wahrscheinlich die Sonne. Auch umgekehrt: Auf einen sonnigen Juni/Juli
folgte oft ein regnerischer, kühler August.
Für meine Eltern war diese Regel praktisch. Denn mein Vater hatte Ende Juli
Geburtstag, meine Mutter neun Tage später im August. Zwischen beiden Tagen
geschah ziemlich zuverlässig der Wetterwechsel. Meist feierten meine Eltern
zusammen, und da wollten sie bei schönem Wetter mit ihren Gästen im Garten
sitzen. Die Entscheidung, welcher Geburtstag gefeiert wurde, fiel oft nach
dem Siebenschläfertag: natürlich der mit der Aussicht auf Sonne. Und
irgendwie konnte man sich fast immer darauf verlassen: Schien Ende Juni die
Sonne, dann schien sie auch zum Geburtstag meines Vaters und es regnete am
Geburtstag meiner Mutter. Und umgekehrt.
## Vier Wochen Regen
Auch nach dem Tod meiner Eltern behielt ich diese Regel im Kopf. Um 2010
herum hatte ich einen verregneten Juli lang eine südkoreanische Schülerin
zu Gast. Sie lernte Deutsch, weil sie nach ihrem Studium nach Deutschland
ziehen und hier arbeiten wollte. Aber in ein Land, in dem sie vier Wochen
lang jeden Tag Regen erlebte, wollte sie dann doch nicht ziehen. Ich sagte
ihr, das sei bald vorbei, doch sie glaubte es nicht. Als im August wieder
die Sonne schien, war sie bereits abgereist. Später schrieb sie mir, sie
habe sich für eine Zukunft in Österreich entschieden, des vermeintlich
besseren Wetters wegen.
Ein paar Jahre zuvor hatte ich im Juli auf der [3][Kurischen Nehrung] in
Litauen Urlaub gemacht. Wir hatten perfektes Strandwetter. Während des
Urlaubs las ich von Regen und Sturm über halb Europa. Das Baltikum und
Skandinavien waren davon ausgenommen. Als ich Ende Juli nach Berlin
zurückkehrte, brauchte ich nicht lange zu warten, bis hier die Sonne
schien. Wetterwechsel wie bestellt fünf Wochen nach dem Siebenschläfertag.
2019, nach dem [4][unerträglich heißen Juli], freute ich mich auf die
Abkühlung und den erlösenden Regen für die Natur im August. Sie kam nicht.
Auch nicht in den Jahren danach. Tropische Hitze und Dürre bis in die
ersten Septembertage. Der Siebenschläfertag, der jahrelang eigentlich nur
ein Fünfschläfer war, hat sich in einen Neunschläfertag verwandelt. Mit der
Klimakrise sind die Wetterlagen verrutscht. Was haben wir wohl heute?
Siebenschläfer? Fünfschläfer? Oder doch Neunschläfer?
27 Jun 2023
## LINKS
[1] /Klimaschutz-trifft-Landwirtschaft/!5939911
[2] https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=102248&amp…
[3] /Oelbohrungen-an-der-Kurischen-Nehrung/!5699404
[4] /Golfplaetze-in-Duerrezeiten/!5940724
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Weltklima
Landwirtschaft
Hitze
Schwerpunkt Klimawandel
Energiespeicher
Schwerpunkt klimaland
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