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# taz.de -- Genozid an den Armeniern: Ein Mahnmal to go
> In Köln gibt es Streit über ein Denkmal für den Genozid an den Armeniern.
> Woran die Genehmigung scheitert, dazu hat die Initiative dahinter eine
> Vermutung.
Bild: Umstrittenes Gedenken: ein Kölner Mahnmal, das an den Völkermord an den…
Wer an Völkermorde mit deutscher Beteiligung denkt, der kommt wohl nicht
sofort auf den [1][Genozid an den Armeniern] 1916 durch das Osmanische
Reich. Dabei war das Deutsche Kaiserreich der wichtigste Verbündete der
Osmanen und billigte das Vorgehen gegen die armenische Minderheit, an
dessen Ende bis zu 1,5 Millionen Tote standen. Ein weiterer dunkler Fleck
auf der Weste des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. Und ein guter
Grund, ein Mahnmal des Genozids in Sichtweite seines Reiterstandbilds an
der Hohenzollernbrücke in Köln aufzustellen.
Das dachte sich auch die [2][Initiative „Völkermord erinnern“] und stellte
im Jahr 2018 eine rostbraune Stele auf, die an den Genozid erinnern soll –
zunächst ohne Genehmigung. „Das war nach guter alter Kölner Tradition, weil
viele wichtige Institutionen in Köln erst einmal ohne die Obrigkeit und nur
durch gesellschaftliches Engagement entstanden sind. Die Stolpersteine
wurden zum Beispiel auch erst ohne Genehmigung verlegt“, sagt Ilias Uyar.
Er ist einer der Initiator*innen des Mahnmals.
Die erhoffte Genehmigung blieb aber aus. Fünf Jahre sind inzwischen
vergangen. Das Mahnmal wurde mehrmals auf- und abgebaut. Uyar und seine
Mitstreiter*innen versuchten eine dauerhafte Lösung zu erreichen.
Mehrfach versicherte ihnen die Stadt, dass ein Ratsbeschluss für Klarheit
sorgen werde. Doch die Initiative musste über den Umweg der Bezirksebene
gehen, um die Stadt zum Handeln zu drängen. Nach zähen Verhandlungen stand
am Ende ein Beschluss: Vom 24. April, dem Gedenktag des Genozids, bis zum
24. Mai 2023 durfte das Mahnmal stehen.
## Massive Widerstände
„Das ist äußerst seltsam und fragwürdig. Nirgendwo in Deutschland gibt es
ein Mahnmal to go“, ärgert sich Uyar. Eine Verlängerung lehnte die Stadt
ab. An der Stelle, wo das Mahnmal steht, solle eine Fahrradbrücke
entstehen. Auf der anderen Rheinseite habe die Stadt aber selbst erst
Sitzmöbel angebracht, die der Brücke genauso im Weg stehen wie das Mahnmal,
sagt Uyar.
Er vermutet einen anderen Grund. Teile der türkischen Community in Köln
wehren sich massiv gegen das Mahnmal. Besonders stark engagiert sich die
Türk-Initiative. Ihr gehören unter anderem Ditib- und Atib-Verbände an,
aber angeblich auch Anhänger der rechtsradikalen Grauen Wölfe.
Auf ihrer Website schreibt sie von einem „Pseudo-Genozid-Mahnmal“. „Wir
möchten ein Mahnmal, das dem Frieden dient und nicht eine Seite
beschuldigt“, sagt die Sprecherin der Initiative, Nergiz Bölükbaşı.
## Der Ausgang ist offen
In einer Pressemitteilung schreibt die Initiative von möglichen Unruhen in
der türkischstämmigen Bevölkerung, die es zu vermeiden gelte. Eine
versteckte Drohung? Bölükbaşı widerspricht: „Drohungen liegen uns völlig
fern. Wir wollen eine friedliche Lösung im Dialog. Aber es gibt auch Gegner
des Mahnmals, die nicht in unserer Initiative sind. Und da weiß ich nicht,
wie die reagieren werden.“
Ilias Uyar fühlt sich nicht bedroht, er glaubt aber, dass die Stadt dem
Druck nachgibt. Die Stadt Köln teilt mit, dass es keine Einschüchterungen
gebe. Die Pressemitteilung von der Türk-Initiative habe man gar nicht erst
erhalten.
Zurzeit steht das Mahnmal noch. „Völkermord erinnern“ hat einen Eilantrag
an das Verwaltungsgericht gestellt, die Stele länger aufstellen zu dürfen.
Der Ausgang ist offen. So oder so bleibt ein unwürdiges Hin und Her um eine
kleine Gedenkstelle, die der armenischen Community aber viel bedeuten
würde.
16 Jun 2023
## LINKS
[1] /Voelkermord-an-den-Armeniern/!5762505
[2] https://voelkermord-erinnern.de/
## AUTOREN
Ben Reddig
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Völkermord Armenien
Köln
Mahnmal
Türkei
Völkermord Armenien
Bildende Kunst
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