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# taz.de -- VAE gewinnen Champions League: Penunzen, Pott, Party
> Nach etlichen Anläufen gewinnt Scheich Mansour bin Zayed al-Nahyan die
> Champions League. Die Fans von Manchester City finden das prima.
Bild: Innige Liebe: City-Coach Pep Guardiola herzt den Henkelpott
Am Ende wurde in Istanbul nicht viel über Fußball gesprochen, darüber, wie
man verschiebt, Positionen besetzt, Bälle erobert, ein Umschaltspiel
aufzieht. Es wurden keine taktischen Formationen durchdekliniert, nicht
mehr gefragt, ob statt Dreierkette nicht eine Viererkette besser gewesen
wäre. Nach der Nacht von Istanbul, in der [1][Manchester City durch ein 1:0
gegen Inter Mailand] zum ersten Mal in der Klubgeschichte die Champions
League gewinnen konnte, war vor allem von Glück die Rede.
Die Verlierer hatten gesehen, dass gar nicht so viel gefehlt hat zum
größten Triumph, der im Klubfußball möglich ist. Und bei Manchester City,
das für die Zusammenstellung seines Kaders eine Milliarde Euro ausgegeben
hat, war man heilfroh, dass das Glück nicht nur bei den Tüchtigen, sondern
eben manchmal auch bei den Superreichen ist.
„Es ist so, so, so, so schwer, diesen Titel zu gewinnen“, meinte
City-Trainer Pep Guardiola nach dem Spiel im Atatürk-Olympiastadion. Die
Erleichterung war ihm anzusehen, dass er endlich den Titel geholt hat,
dessentwegen man den Mann bei City verpflichtet hatte, ihn, der als Genie
auf der Trainerbank gilt. Fünf nationale Titel hat er mit City gewonnen,
etliche dieser Pokalwettbewerbe, die auf der Insel ausgespielt werden, und
doch ging es eigentlich nur um diesen einen Triumph.
Brav bedankte sich Guardiola, dass man ihn seit 2016 im Amt gelassen hat,
obwohl er den sogenannten Henkelpott so lang nicht gewinnen konnte. Und
brav bedankte sich Guardiola bei Scheich Mansour bin Zayed al-Nahyan, jenem
Mitglied der Herrscherfamilie des Emirats Abu Dhabi, der mit sehr viel Geld
aus dem abgehalfterten Traditionsklub die beste Mannschaft der Welt
zusammenkaufen hat lassen.
## Spielzeug für Adelsspross
Seit 14 Jahren pumpt der Mann Unsummen in den Klub. Auch er war zugegen am
Samstagabend im Stadion am Bosporus. Ist doch klar, möchte man meinen.
[2][Doch es war erst das zweite Fußballspiel von Manchester City, das er im
Stadion verfolgt hat]. Welche Ziele er mit seinem Engagement verfolgt, das
würde er ohnehin nie aussprechen.
Am liebsten ist ihm gewiss die Lesart, nach der der Klub so eine Art
Spielzeug für den reichen Adelsspross ist. Zum Finale jedenfalls hatte er
seinen Bruder mitgebracht. Dieser Mohamed bin Zayed al-Nahyan ist nicht
irgendjemand. Er ist der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Hat
das Ganze etwa etwas mit Politik zu tun?
Nicht doch! Was hat denn die Tatsache, dass ausgerechnet Rodrigo Hernández
Cascanto, genannt Rodri, der sonst eigentlich nie ein Tor schießt, das
Champions-League-Finale mit seinem Treffer in der 68. Minute entschieden
hat, mit den geopolitischen Ambitionen eines Golfstaats zu tun? Muss man
wirklich über das Instrumentarium der Imagepflege durch Sport, des
sogenannten Sportswashing sprechen, wenn es doch auch genügen würde zu
beschreiben, dass Rodri, der meist der Initiator des City-Spiels ist, durch
eine Art Manndeckung von Inters Hakan Çalhanoğlu bis zu seinem Tor beinahe
wirkungslos war.
Und muss man wirklich über die Macht von Petrodollars sprechen, wenn İlkay
Gündoğan, der deutsche Nationalspieler als Kapitän einer englischen
Mannschaft in der Heimat seiner Eltern den Champions-League-Pokal in die
Höhe hebt? Kann man nicht einfach ein paar Tränen der Rührung vergießen
über seinen Satz: „Es ist wie im Märchen, besser geht es nicht“, den er
nach dem Spiel geäußert hat? Kann man ruhig. Seine irre Geschichte des
Ruhrgebietsjungen, der es zu größtem Fußballruhm gebracht hat, ist ja nun
wirklich wunderbar.
## Treffen mit Erdogan
Zu der gehört aber auch, dass er sich vor der WM 2018 mitten im Wahlkampf
zusammen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat
ablichten lassen. Ein paar falsche Sätze hätten damals genügt, und er wäre
gewiss ebenso ausgebürgert worden, wie das die deutsche Öffentlichkeit mit
dem deutschen Weltmeister Mesut Özil getan hat.
Schluss jetzt! Das hat ja nun wirklich nichts mit dem Finale von Istanbul
zu tun. Nichts? Bevor Aleksander Čeferin, der Präsident der Europäischen
Fußballunion Uefa und somit Chefausrichter der ganzen Veranstaltung,
Medaillen und Pokal an die Sieger des Abends überreicht hat, traf er sich
noch am Flughafen mit dem türkischen Staatspräsidenten zu einem
Meinungsaustausch und blickte dabei stolz in die Kameras, so wie es
Sportfunktionäre zu tun pflegen, wenn sie von Staatenlenkern wie
ihresgleichen empfangen werden.
In solchen Momenten darf Sport ruhig etwas mit Politik zu tun haben. Aber
worüber haben nun die beiden Präsidenten, der des Staats und der des
Fußballs, gesprochen? Darüber wurde nichts bekannt und es ist davon
auszugehen, dass das erst mal so bleibt.
Vielleicht haben sie ja einfach über Fußball geredet vor diesem ungleichen
Spiel, bei dem Inter Mailand, der Klub, der sich im Besitz der chinesischen
Suning-Holding des Geschäftsmanns Zhang Jindong befindet, beinahe so
dargestellt wurde, als handle es sich um so etwas wie einen Verein aus dem
Armenhaus des europäischen Fußballs. Es ist eben alles eine Frage der
Relation. Wer statt Milliarden nur ein paar Dutzend Millionen für den Kader
ausgibt, gehört in der Welt der Großklubs zu den Landstreichern.
## Instagram geflutet von rassistischen Beleidigungen
Die wurden zu tragischen Helden an diesem Abend, weil sie in den letzten
Minuten des Spiels eine Chance nach der anderen hatten – und vergaben.
Besonders tragisch war dabei die Rolle des belgischen Stürmers Romelu
Lukaku, der doch recht frei zum Kopfball kam und dann nichts traf, außer
das doch recht schlanke Bein von City-Torhüter Ederson.
Dass Lukakus Instagram-Account danach von rassistischen Beleidigungen
regelrecht geflutet wurde, gehört auch zur Geschichte dieses Finals. Diese
abscheulichen Postings stellen das Gegenbild zur cleanen Uefa-Inszenierung
des Finales mit einer TV-gerechten Eröffnungsshow dar, die das
Champions-League-Finale Jahr für Jahr mehr zum Superbowl des europäischen
Sports werden lässt.
Am Ende schlichen die über die gesamte Spielzeit sehr sangesfreudigen
Inter-Fans schweigend von dannen, während bei den Fans von City die Freude
kaum Grenzen kannte. Mit Scheich Mansour werden sie nicht viel am Hut
haben. Dass sie es ihm zu verdanken haben, wenn sie am Montag bei der
Siegesparade der Mannschaft durch Manchester mit den Trophäen für den
FA-Cup, die Meisterschaft und die Champions League ihren Helden zujubeln,
werden sie wissen. Es stört sie nicht. So kann es gehen im modernen
Fußball.
11 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=tDgDK_CxP-0
[2] https://www.theguardian.com/football/2023/jun/10/manchester-city-owner-shei…
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Champions League
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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