# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Wenn Wolken weinen | |
> Taiko Saitō ist eine Meisterin der Improvisation. Auf "Tears of a Cloud" | |
> entlockt sie Marimba und Vibraphon konzentrierte Geräusche und Melodien. | |
Bild: Wurde dieses Jahr mit dem Jazzpreis ausgezeichnet: Taiko Saitō | |
Welche Assoziationen ein Titel wie „Tears of a Cloud“ weckt, ist womöglich | |
auch eine Frage des Alters. Dass man dabei an Regen denkt, ist einigermaßen | |
naheliegend. Das Wortspiel mit Smokey Robinsons Soulklassiker „The Tears of | |
a Clown“ hingegen könnte sich bei jüngeren Lesern weniger | |
selbstverständlich einstellen. | |
Bei der in Berlin lebenden Vibraphonistin Taiko Saitō ist denkbar, dass sie | |
beide Bedeutungen im Sinn hatte, ohne sich auf eine davon festlegen zu | |
wollen. Vielleicht soll der Titel ihres Albums sogar frei zwischen ihnen | |
hin und her fließen. | |
In ihrer Musik bewegt sich Taiko Saitō allemal zwischen den | |
Ausdrucksformen. Klassische Musik und freie Improvisation sind ihr | |
gleichermaßen vertraut, ihr aktuelles Soloalbum lässt sich weder eindeutig | |
als das eine noch als das andere bezeichnen. Die neun Titel sind auf | |
ungreifbare Weise offen, haben etwas Intimes und sehr Zugewandtes zugleich. | |
Mit freier Improvisation wird oft die entschlossene Hinwendung zu Klang und | |
Geräusch verbunden. Taiko Saitō dagegen spielt auf ihrem Vibraphon und | |
ihrer Marimba, technisch gesehen, recht traditionell, ohne Scheu vor | |
Melodien, oft mit einer Vorliebe für feine flächige Figuren, gern | |
repetitiv, doch nie vorhersehbar. Man könnte das meditativ nennen, was | |
strenggenommen nichts weiter heißt als konzentriert. Hier ist jemand ganz | |
versunken in die Sache. Man folgt Taiko Saitō ohne Widerstand. Mehr noch: | |
mit Freude. Was auch andere so zu sehen scheinen: Der Jazzpreis Berlin geht | |
dieses Jahr an sie. | |
3 Jun 2023 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
## TAGS | |
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Jazz | |
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