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# taz.de -- Verkehrswende-Projekthaus in Wolfsburg: Hausdurchsuchung für einen…
> Am Tag nach den Razzien bei der Letzten Generation wurde auch ein
> Projekthaus in Wolfsburg durchsucht – wegen Graffiti und gefälschter
> Flugblätter.
Bild: Finger weg vom heiligen Logo: Der unbefugte Gebrauch führt zu Hausdurchs…
Hannover taz | Im Windschatten der [1][bundesweiten Razzien bei der Letzten
Generation] ist auch ein Haus in Wolfsburg durchsucht worden. Das „Amsel
44“ beherbergt eine Gruppe von Aktivisten, die in Wolfsburg für eine
Verkehrswende kämpfen. Am Donnerstag vergangener Woche stand plötzlich die
Polizei vor der Tür – es war allerdings niemand da.
Die Beamten aus Wolfsburg, verstärkt von einer Einheit der
Bereitschaftspolizei aus Braunschweig, verschafften sich Zutritt und
beschlagnahmten eine Reihe von elektronischen Geräten und Datenträgern. Die
Aktivisten halten das für einen weiteren Versuch, die Klimabewegung zu
diskreditieren und einzuschüchtern – die Polizei sagt allerdings, es gebe
keinen Zusammenhang mit den Durchsuchungen bei der Letzten Generation am
Vortag.
Seltsam ist nur: Der Durchsuchungsbeschluss, der den Aktivisten vorliegt,
trägt das Datum vom 1. März. Warum man dann noch zwei Monate wartete, in
denen die Beweismittel ja auch hätten beiseite geschafft werden können,
konnte die Staatsanwaltschaft nicht so recht erklären.
„Dafür bedarf es auch immer einer besonderen Planung, insbesondere bei der
Polizei. Wir haben uns letztlich dafür entschieden, die Durchsuchung in der
vergangenen Woche durchzuführen, weil sie zu diesem Zeitpunkt für uns am
besten durchführbar war“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft
Braunschweig, Christian Wolters, auf taz-Anfrage.
## Es geht um gefälschte Logos und die „Möhrenapotheke“
Inhaltlich geht es ihm zufolge hier vor allem um gefälschte Flugblätter.
Die waren im September vergangenen Jahres in Warmenau aufgetaucht – an dem
Ort, an dem VW ursprünglich sein neues Trinity-Werk bauen wollte. Unter dem
Titel „VW übernimmt Verantwortung“ versprachen die Flugblätter den
Anwohnern Entschädigungszahlungen, Lärmschutzfenster und psychologische
Beratung bei Schlafproblemen.
Alles versehen mit dem VW-Logo und dem Namen der Agentur „Hier Mittenmang“
aus Berlin, die VW mit einer PR-Kampagne und der Bürgerbeteiligung zum
Projekt beauftragt hatte. Das ist natürlich ein grober Copyright-Verstoß
und außerdem Urkundenfälschung.
Ermittelt werde gegen fünf Personen, von denen drei im Amsel 44 gemeldet
sind, erklärt Wolters. Ob es noch weitere Durchsuchungen bei den anderen
beiden Beschuldigten gegeben hat, wollte er nicht sagen.
In einem Bericht der Wolfsburger Nachrichten heißt es außerdem, das
Verfahren um die gefälschten VW-Flugblätter sei nicht das einzige, um das
es hier gehe. [2][Der Wolfsburger Polizeisprecher Thomas Figge erklärte
gegenüber der Zeitung], man ermittle außerdem wegen verschiedener
Sachbeschädigungen.
So sei eine Golf-Skulptur mit einem Graffito zum Verkehrswende-Camp
verziert worden und das Logo der Mohren-Apotheke zu einem „ö“ verschmiert
worden, unterzeichnet mit „Rüben gegen Rassismus“.
## Die VW-Stadt ein schwieriges Pflaster für Aktivisten
Alles keine Schwerverbrechen, findet der Sprecher der „Amsel
44“-Aktivisten, Sascha Bachmann – ohne irgendeine dieser Taten einzuräumen:
„Solch grundrechtsverletzende und unverhältnismäßige Maßnahmen wegen
Lappalien zeigen ganz klar, dass es nicht um Strafverfolgung, sondern um
gezielte Ausschnüffelung, Ausforschung und Einschüchterung von
Klimainitiativen geht.“
Mit der VW-Stadt Wolfsburg haben sie sich allerdings ein schwieriges
Pflaster ausgesucht. Das war wohl auch schon beim großen, mehrtägigen
Verkehrswende-Camp rund um die letzte Aktionärsversammlung von VW zu
spüren. Da blieben die zugereisten Aktivisten im Wesentlichen unter sich,
erzählt ein Teilnehmer. Anders als bei den Klimacamps in anderen Städten,
wo es auch mal Kontakt zu Passanten und Anwohnern gab.
Die Aktivisten gehen allerdings auch weit in ihren Forderungen: Ihnen
reicht der Umstieg auf Elektroautos nicht, sie wollen VW vergesellschaften
und zu einem Straßenbahnwerk umfunktionieren.
## Fake-Plakate der Grünen wurden nicht weiter verfolgt
Dass das Trinity-Werk in Warmenau nun doch nicht gebaut werden soll, hat
mit ihnen allerdings nichts zu tun. VW sortiert gerade seine Strategie neu
und will nun doch lieber die bestehenden Werke nach und nach umrüsten. Der
Schaden, den die gefälschten Flugblätter angerichtet haben, dürfte sich
also in Grenzen halten.
In einem ganz ähnlichen Verfahren sind die Ermittlungen übrigens sang- und
klanglos im Sande verlaufen: Im Februar tauchten in mehreren
[3][norddeutschen Städten falsche Grünen-Plakate auf.] Darunter auch welche
mit dem Slogan „VW steht für Verkehrswende“.
Zum Aufhängen der professionell aussehenden Plakate wurden die Leuchtkästen
des Werbeflächenvermarkters Ströer gekapert, auch eine gefälschte
Grünen-Website gehörte zur Aktion. Sowohl die Grünen als auch Ströer
erstatteten Anzeige. Die Staatsanwaltschaft Hannover stellte das Verfahren
ein.
3 Jun 2023
## LINKS
[1] /Polizeieinsatz-gegen-Letzte-Generation/!5937107
[2] https://www.braunschweiger-zeitung.de/wolfsburg/article238509385/Polizei-Ra…
[3] /Fake-Plakate-in-Niedersachsen/!5915013
## AUTOREN
Nadine Conti
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