# taz.de -- Angriffe auf Belgorod: Durchwachsene Spuren | |
> Russland demonstriert nach den Kämpfen in Belgorod Entschlossenheit. Die | |
> Angreifer dort sind paramilitärisch organisiert. | |
Bild: Mitglieder des Russischen Freiwiligenkorps mit ukrainischen Insignien | |
Russland demonstriert Entschlossenheit oder versucht das zumindest. Sollten | |
Kämpfer aus der Ukraine erneut auf russisches Hoheitsgebiet vordringen, | |
werde umgehend und mit äußerster Härte reagiert, zitiert das Moskauer | |
Verteidigungsministerium seinen Dienstherrn Sergei Schoigu in einer | |
Erklärung vom Mittwoch. Diese Ansage bezieht sich auf die südrussische | |
Grenzregion Belgorod, [1][die seit Anfang der Woche Ziel von Angriffen | |
ist.] | |
Dass Belgorod im Fokus stehe, sei kein Zufall, befindet das oppositionelle | |
Webportal Nastojaschee vremja. Von Belgorod aus waren russische Truppen | |
unmittelbar nach dem Beginn des Angriffskrieges am 24. Februar 2022 auf die | |
ostukrainische Millionenstadt Charkiw vorgerückt. Dorthin zogen sie sich im | |
vergangenen September unter dem Druck der ukrainischen Armee auch wieder | |
zurück. Die Entfernung zwischen Charkiw und der Grenze beträgt rund 40 | |
Kilometer. | |
Die Region Belgorod, wo es mehrere Flugplätze gibt, dient als | |
Aufmarschgebiet russischer Truppen für Angriffe. [2][Um den Charkiwer | |
Stadtteil Sewernaja Saltiwka, der großflächig zerstört wurde,] zu | |
erreichen, brauchen Raketen vom Typ C-300 gerade einmal 30 Sekunden – zu | |
wenig Zeit für die ukrainische Luftabwehr. Um mit Kampfjets oder | |
Hubschraubern angreifen zu können, brauchen russische Piloten nicht einmal | |
den Luftraum über Belgorod zu verlassen. Angaben des Oberst der | |
ukrainischen Streitkräfte, Wladislaw Selesnew, zufolge, befindet sich im | |
Osten von Belgorod ein großes Munitionslager. Zudem würden hier | |
Mobilisierte ausgebildet – schätzungsweise befänden sich hier derzeit bis | |
zu 12.000 Mann. | |
Angeblich wollen russische Soldaten hier, aber auch in anderen grenznahen | |
Regionen sogenannte Sicherheitskorridore, die aus Betonpyramiden und Gräben | |
bestehen, eingerichtet haben – allem Anschein nach eine Falschinformation. | |
Zumindest konnten zuletzt die Eindringlinge nicht gestoppt werden. | |
## Der RDK-Gründer ist ein Rechtsradikaler | |
Die Rede ist von zwei paramilitärischen Gruppierungen, die im südrussischen | |
Gebiet unterwegs sind: die Legion Freiheit Russlands und das Russische | |
Freiwilligenkorps (RDK). Nach eigenen Angaben ist die Legion im März | |
vergangenen Jahres gegründet worden, während das RDK im August 2022 | |
entstand. Die Legion besteht nach eigenen Angaben aus zwei Bataillonen. | |
Oleksiy Arestovitsch, der bis Februar 2023 Berater des ukrainischen | |
Präsidialamtes war, erklärte im vergangenen Juli gegenüber dem russischen | |
unabhängigen Medium Holod: 250 Personen seien nur im Juni 2022 der Legion | |
beigetreten, und bis zu 4.000 Bewerber gäbe es. Das RDK besteht nach | |
eigenen Angaben aus bis zu 200 Kämpfern. | |
Über die Herkunft und das Profil der jeweiligen Mitglieder kursieren | |
unterschiedliche Angaben. Der britische Newsweek-Journalist Brendan Cole | |
schrieb im März 2022, dass russische Kriegsgefangene und russische | |
Freiwillige in der Legion kämpfen. Anfang der Woche forderte die Legion auf | |
ihrem eigenen Telegram-Kanal die russischen Bürger auf, sich dem Kampf | |
gegen das Putin-Regime anzuschließen. „Wir sind Russen wie ihr und wollen | |
unsere Freiheit verteidigen! Es ist an der Zeit, die Diktatur des Kremls zu | |
beenden.“ | |
Über die Mitglieder des Russischen Freiwilligenkorps schrieb unter anderem | |
das russische unabhängige Exilmedium Novaya Gazeta im November vergangenen | |
Jahres: Das RDK sei dem ukrainischen Verteidigungsministerium unterstellt | |
und gehöre zur Internationalen Legion der Ukraine; das RDK sei ein | |
Nachkommen des Asow-Regiments, und rechtsextreme russische Nationalisten, | |
die bereits seit 2014 im Krieg in der Ostukraine kämpften, würden zu seinen | |
Mitgliedern zählen. Der RDK-Gründer sei Denis Nikitin, ein russischer | |
Rechtsradikaler, der auf der Fahndungsliste des Kremls steht. | |
Bereits im März seien Mitglieder des RDK zweimal aus der Ukraine in die | |
russische Region Brjansk eingedrungen. Das erzählte im Interview mit Holod | |
Anastasia Sergejewa. Sie ist Sekretärin des sogenannten russischen | |
Bürgerrats, der im vergangenen November von Aktivist*innen gegründet | |
wurde, die Putin auf dem Schlachtfeld besiegen wollen. | |
Zu Belgorod als Kriegsschauplatz meldete sich auch der russische | |
Kremlkritiker und Ex-Oligarch Michail Chodorkowski zu Wort. Die jüngsten | |
Vorfälle seien nur eine weitere Erinnerung daran, dass man nicht in ein | |
anderes Land einmarschieren, ein paar Städte zerstören und dann genau | |
diktieren könne, wie sich dieses Land der Invasion zu widersetzen habe, | |
schreibt er in einem Beitrag für das russische oppositionelle Medienportal | |
Echo. „Nach internationalem Recht kann die Ukraine das Territorium des | |
Aggressorlandes angreifen.“ | |
24 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
Barbara Oertel | |
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