# taz.de -- Nach Tod von Radfahrerin in Hamburg: Geldstrafe für Lkw-Fahrer | |
> Ein 53-jähriger LKW-Fahrer wurde vom Amtsgericht Barmbek wegen | |
> fahrlässiger Tötung verurteilt. Er überrollte eine Radfahrerin beim | |
> Abbiegen. | |
Bild: Wäre vermeidbar gewesen (Symbolbild): Lkw-Fahrer wegen fahrlässiger Tö… | |
HAMBURG taz | Im Juli vergangenen Jahres hatte der Lkw-Fahrer Ole D. eine | |
19-Jährige Radfahrerin beim Abbiegen überfahren. Heute sprach Richter Tim | |
Rosche ihn im Amtsgericht Barmbek schuldig: Er verurteilte Ole D. wegen | |
fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro und einem Monat | |
Fahrtverbot. Damit blieb er unter dem von der Staatsanwaltschaft | |
geforderten Strafmaß. | |
Der Unfall ereignete sich auf dem Poppenbütteler Weg im Hamburger Norden. | |
Der Lkw und die Radfahrerin standen an der roten Ampel. Als diese auf grün | |
sprang und beide losfuhren, übersah Ole D. beim Rechtsabbiegen auf den | |
Goldröschenweg die junge Frau: Sie starb noch am Unfallort an ihren | |
Verletzungen. Der Lkw hatte keinen [1][Abbiegeassistenten]. | |
Ole D. ist seit 31 Jahren Berufskraftfahrer. Zu Beginn des Prozesses | |
entschuldigte er sich bei den Angehörigen – der Vater der Verstorbenen war | |
Nebenkläger. D. wiederholte mehrmals, er frage sich bis heute, was er hätte | |
anders machen können. Er habe alle Spiegel kontrolliert, den Verkehr | |
beobachtet und die Radfahrerin schlichtweg nicht gesehen. | |
Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf | |
Bewährung. Zwar handele es sich um einen tragischen Unfall – dieser sei | |
aber gerade der Fahrlässigkeit immanent. Der Angeklagte habe glaubhaft | |
gemacht, wie sehr er den Vorfall bereue. Dennoch: Auch die Fahrerlaubnis | |
sei ihm zu entziehen. | |
## Nebenklage gegen Führerscheinentzug | |
Dem widersprach der Nebenklägervertreter Dirk Aringhoff: Zwar hätte Ole D. | |
die Radfahrerin sehen müssen – es wäre aber fatal, ihm die Fahrerlaubnis zu | |
entziehen: „Das würde ihm finanziell den Boden unter den Füßen wegreißen.… | |
Die Verteidigerin von Ole D., Simone Richter, sprach von einem | |
„Augenblickversagen“ und forderte, ihn freizusprechen. Ihr Mandant werde | |
permanent daran erinnert, den Tod eines Menschen verursacht zu haben. Das | |
sei Strafe genug. | |
Der Richter kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass Ole D. die Frau | |
durchaus hätte sehen können – zumal sie vor dem Lkw stand. D. hätte seine | |
Fahrt beim Abbiegen so weit verzögern müssen, dass der Verkehr auch aus dem | |
toten Winkel noch zu sehen sei. „Letztlich ist es der Bruchteil einer | |
Sekunde, der über ein Schicksal entscheidet“, sagte Rosche. Doch in seinem | |
bisherigen Leben habe sich Ole D. nichts zuschulden kommen lassen. Rosche | |
sagte: „Sie wären sonst niemals vor einem Strafrichter gelandet.“ | |
Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub sieht das Urteil kritisch: | |
Das Nichtstun von Politik und Justiz sei ein Schlag ins Gesicht der | |
Betroffenen und der Radfahrer*innen. „Wer vorbildlich fährt, tötet | |
niemanden.“ | |
29 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Nina Spannuth | |
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