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# taz.de -- Verteilung und Versorgung Geflüchteter: Streit ums Geld
> Vor dem Treffen im Kanzleramt fordern Länder und Kommunen erneut mehr
> Geld. Der Bund will nicht mehr zahlen, aber Abschiebungen erleichtern.
Bild: Wer soll wie viel und was bezahlen? Geflüchtete im Vielbettzimmer einer …
Berlin dpa/afp/epd/taz | Vor dem für kommenden Mittwoch geplanten
Flüchtlingsgipfel haben die Ministerpräsidenten der Länder den Druck auf
die Bundesregierung erhöht. „Städte, Gemeinden und Landkreise brauchen
deutlich mehr Geld – der Bund muss deshalb seinen Anteil von derzeit 2,75
Milliarden Euro mindestens verdoppeln“, forderte Hessens Landeschef Boris
Rhein (CDU) im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Anders sind
Unterbringung und Integration dauerhaft nicht zu finanzieren.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte der Bild am
Sonntag (Bams): „Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass
Zuwanderung gesteuert wird. Wenn wir uns in Deutschland nicht
handlungsfähig zeigen, wird das Vertrauen in unsere Demokratie mehr und
mehr untergraben.“
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) forderte, Herkunftsstaaten, die
ablehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen, Hilfen zu kürzen. „Wir stehen zum
Grundrecht auf Asyl. Aber bei Ländern, die einer geordneten Rückführung
nicht zustimmen, müssen wir künftig auch über Kürzungen bei der
Entwicklungshilfe nachdenken“, sagte Söder der Zeitung.
Auch von Ministerpräsidenten der Ampel-Parteien kamen kritische Töne. „Der
Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf die Länder und
Kommunen mit den Mehrkosten der Flüchtlingskrise nicht alleine lassen“,
sagte Baden-Württembergs Landeschef Winfried Kretschmann (Grüne) der Bams.
Anke Rehlinger (SPD), saarländische Ministerpräsidentin, forderte, „nicht
abgerufene Mittel der Wohnraumförderung einsetzen zu können, um bezahlbaren
Wohnraum zu schaffen, der zeitweise auch zur Unterbringung von Flüchtlingen
dienen kann“.
## Kein Geld, aber Abschiebungen
Der Bund hat inzwischen allerdings schon mehrfach klargemacht, kein weitere
Geld geben zu wollen. In der vergangenen Woche machte ein [1][inoffizielles
Papier aus dem Kanzleramt die Runde], in dem aufgerechnet wird, wie viel
der Bund ohnehin schon leiste. Ähnlich argumentiert er auch in einer
[2][Beschlussvorlage, aus der die ARD berichtet]. Statt Geld bietet der
Bund demnach offenbar die Ausweitung der sogenannten sicheren
Herkunftsländer auf Georgien an und die Erleichterung von Abschiebungen und
Abschiebehaft.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekräftigte zudem ihren
[3][Vorstoß für Asylzentren an den EU-Außengrenzen]. „Über Asyl für
Menschen, die kaum Aussicht auf Schutz in der EU haben, muss in Zukunft
schon an den Außengrenzen entschieden werden“, sagte Faeser der Bams. Wer
kein Recht auf Asyl habe, müsse „von dort in seine Heimat zurückkehren“.
Gleichzeitig wolle sie, dass jeder an der EU-Außengrenze registriert werde,
„damit Menschen nicht unkontrolliert weiterreisen“. Es brauche eine „feire
Verteilung“ Geflüchteter in Europa. Zugleich müssten aber auch die
EU-Außengrenzen effektiv geschützt werden.
Die Europäische Kommission hat Unterstützung für die Pläne der
Bundesregierung signalisiert. „Es ist wichtig, verpflichtende
Grenzverfahren zu haben. Das ist notwendig, um irreguläre Migration zu
steuern und funktionierende, schnelle, aber menschenwürdige Rückführungen
sicherzustellen“, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson der Welt am
Sonntag.
Mit Blick auf eine gemeinsame EU-Asylpolitik zeigte sie sich
zuversichtlich: „Ministerin Faeser und ich bleiben beide fokussiert und
optimistisch mit Blick auf die Fortschritte, die wir beim Asyl- und
Migrationspakt machen.“
## Kritik von Pro Asyl
Seit der Flüchtlingskrise 2015 ist es der EU nicht gelungen, sich auf eine
umfassende Reform des europäischen Asylsystems zu einigen. Faeser hatte
beim Rat der EU-Innenminister*innen Anfang März schnelle Lösungen
gefordert. Ziel der Bundesinnenministerin ist es, die Reform des
Asylsystems noch vor der Europawahl 2024 auf den Weg zu bringen.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat Pläne für Asylverfahren an den
EU-Außengrenzen hingegen scharf kritisiert. „Für Pro Asyl ist das ein
menschenrechtlicher Dammbruch“, sagte Europaabteilungsleiter Karl Kopp dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es gibt keine fairen,
rechtsstaatlichen Verfahren in haftähnlichen Lagern fernab an den Rändern
Europas.“
Die „Blaupause“ für solche Verfahren könne man seit Jahren auf den
griechischen Inseln beobachten, erklärte Kopp. „Die Vorstellung, dass es
diese Entrechtung Schutzsuchender bald europaweit geben wird, ist schlimm.“
Schon jetzt sei der Druck von rechtspopulistischen Strömungen auf die
Abschaffung des Asylrechts enorm.
7 May 2023
## LINKS
[1] /Vor-dem-Spitzentreffen-im-Kanzleramt/!5928768
[2] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/fluechtlingsgipfel-176.html
[3] /Europaeische-Fluechtlingspolitik/!5928621
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