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# taz.de -- Nach erster Runde: Kritik an der Türkei-Wahl
> Für die Stichwahl in der Türkei stellt sich die Oppositionspartei CHP neu
> auf. Wahlbeobachter fordern Chancengleichheit.
Bild: Auf allen Kanälen:Erdogan
Istanbul taz | Vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Türkei hat
der Koordinator der Wahlbeobachtermissionen von OSZE und Europarat größere
Chancengleichheit angemahnt. Es dürfe nicht der Fehler wiederholt werden,
dass die Regierungsseite eindeutig in den Medien bevorzugt werde, sagte
Michael Link (FDP) dem Tagesspiegel. Bei der Stichwahl am 28. Mai treten
Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan und der Oppositionskandidat Kemal
Kılıçdaroğlu gegeneinander an.
Bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag hatte Erdoğan [1][laut vorläufigen
Endergebnissen] zwar die meisten Stimmen erhalten und damit gewonnen. Die
erforderliche absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent verpasste er aber
knapp. Herausforderer Kılıçdaroğlu fehlten dafür mindestens fünf
Prozentpunkte.
Zur ersten Wahlrunde sagte Link, es habe Unregelmäßigkeiten gegeben, aber
weniger am Wahltag selbst, sondern während des Wahlkampfes zuvor. „Diese
Wahl wurde charakterisiert von einer ganz überragenden Präsenz Erdoğans in
den Medien, und zwar durchweg positiv. Oppositionskandidat Kılıçdaroğlu
hatte hingegen große Probleme, in den Medien vorzukommen. Gelang ihm das,
war es meist negativ“, sagte Link.
Die kurdisch-linke Partei HDP wies noch einmal auf die Hindernisse hin,
welche die Regierung ihr in den Weg gelegt habe. Etliche Verhaftungen und
Festnahmen in den Wochen vor der Wahl, vor allem der Verbotsprozess, welche
die HDP kurz vor den Wahlen gezwungen habe, unter dem Banner von Yeşil-Sol
anzutreten, hätten dazu beigetragen, dass die Ergebnisse der Partei so
schlecht gewesen seien. Die HDP wies zudem auf Unregelmäßigkeiten bei der
Zählung am Wahlabend hin. So seien Stimmen für Yeşil-Sol in Diyarbakır von
der Wahlbehörde der rechtsradikalen MHP zugeschlagen worden.
## Russland soll sich raushalten
Auch Kılıçdaroğlus CHP hatte am Wahlabend darauf verwiesen, dass die
Wahlbehörde Stimmen für Kılıçdaroğlu unter den Tisch fallen lassen würde.
Allerdings konnte sie dafür letztlich keine Belege vorlegen, die für einen
Einspruch bei der Wahlbehörde gereicht hätten. Unbestätigten Berichten aus
der CHP-Parteizentrale zufolge soll das daran gelegen haben, dass die
gesamte IT der Parteizentrale in der Wahlnacht durch einen Hackerangriff
aus Russland lahmgelegt worden sei.
Schon Tage vor den Wahlen hatte Kılıçdaroğlu per Tweet Russland
aufgefordert, sich aus den Wahlen in der Türkei herauszuhalten, und mit
Konsequenzen gedroht. Da trotz der Befürchtungen eines Hackerangriffs
dieser offenbar nicht verhindert werden konnte, trat am Montag der
stellvertretende CHP-Vorsitzende Onursal Adıgüzel, der für die IT-Abteilung
verantwortlich war, von seinem Posten zurück.
## İmamoğlu soll's richten
Eine weitere Konsequenz aus dem Wahldebakel soll sein, dass die
Organisation des Wahlkampfs und des Wahlabends am Tag der Stichwahl von dem
Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu und der Istanbuler
CHP-Parteivorsitzenden Canan Kaftancıoğlu übernommen werden soll.
Offensichtlich muss sich die CHP vor der zweiten Runde erst neu aufstellen.
Die Reaktion auf den Finanzmärkten zeigt schon jetzt, dass auch bei
Investoren und Banken kaum noch jemand mit einem Sieg der Opposition
rechnet. Schon am Montag gingen die Aktienkurse türkischer Banken in den
Keller. Sie verloren bis zu 10 Prozent. Investoren hatten gehofft, eine
neue Regierung würde mit einer international abgestimmten Wirtschafts- und
Finanzpolitik die Türkei wirtschaftlich wieder auf einen Erfolgskurs
bringen. (mit dpa)
16 May 2023
## LINKS
[1] /-Nachrichten-zur-Tuerkei-Wahl-/!5934276
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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Wahlen in der Türkei 2023
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