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# taz.de -- Urteil zu Angriff in Erfurt 2020: Haftstrafen für Nazi-Schläger
> Das Landgericht Erfurt verurteilt vier Rechtsextreme wegen eines Angriffs
> auf Männer aus Guinea 2020. Die Opfer waren teils schwer verletzt worden.
Bild: Landgericht Erfurt bei der Urteilsverkündung
Leipzig taz | Fast drei Jahre nach dem [1][brutalen Neonazi-Angriff] auf
drei junge Männer aus Guinea im Erfurter Stadtteil Herrenberg hat das
Landgericht Erfurt am Montag sein Urteil gefällt. Drei der verbliebenen
sieben Angeklagten wurden zu Haftstrafen von zwei Jahren und vier Monaten
bis zu vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Ein Angeklagter erhielt
eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren, drei wurden freigesprochen. Der
Richter sprach von einem „eindeutigen rechtsradikalen Hintergrund“ der Tat.
Einige der Angeklagten sind seit Jahren als Nazis bekannt.
Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen zwischen einem Jahr und sechs
Monaten und vier Jahren und drei Monaten ohne Bewährung gefordert, teils
unter Einbeziehung früherer Verurteilungen aus anderen Verfahren. Der
Angriff sei zutiefst menschenverachtend gewesen, hatte die
Staatswanwaltschaft während ihres Plädoyers gesagt.
Die Verteidiger der Angeklagten hatten Freisprüche beantragt. Mehrere von
ihnen bestritten, dass ihre Mandanten an den Tritten und Schlägen gegen die
Opfer beteiligt waren.
Der Angriff hatte sich in den frühen Morgenstunden des 1. August 2020 im
Südosten Erfurts ereignet, vor den damaligen Vereinsräumen der
Neonazi-Gruppierung „Neue Stärke Erfurt“. Die Angeklagten hatten die
Betroffenen getreten, geschlagen und rassistisch beleidigt. Zwei der drei
Opfer waren dabei schwer verletzt worden – einer so schwer, dass er dass er
zeitweise in Lebensgefahr schwebte.
## Opferberatung fordert sofortigen Haftantritt
Zum Urteil am Montag erklärte Theresa Lauß von der Thüringer Opferberatung
ezra: “Trotz der Anerkennung [2][eines extrem rechten Tatmotivs] und den
verhangenen Haft- und Bewährungsstrafen bleibt mit den drei Freisprüchen
das Urteil hinter unseren Erwartungen zurück.“
Sie fordert das Landgericht Erfurt dazu auf, das schriftliche Urteil
schnell an den Bundesgerichtshof zuzustellen, falls es zur Revision kommen
sollte. “Die Betroffenen können erst zu Ruhe kommen, wenn das Urteil
rechtskräftig ist“, sagte die Beraterin. Darüber hinaus müsse die Stadt
Erfurt das „massive“ Problem mit rassistischer Gewalt „endlich“ ernst
nehmen. Dafür brauche es auch auf lokaler Ebene konkrete Maßnahmen. „Leider
bleibt es viel zu häufig bei der Verurteilung von rassistischen Angriffen“,
sagte Lauß.
Am Freitag hatte ezra gefordert, die Männer im Falle einer Verurteilung
sofort in Haft zu nehmen, weil die Gefahr bestehe, dass sie erneut
rechtsextreme Gewalttaten verübten.
Dorothea Marx, die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer
Landtag, begrüßte es am Montag, dass das Gericht die rassistischen
Tatmotive klar benannt und strafverschärfend berücksichtigt hat.
## Ursprünglich neun Beschuldigte
Katharina König-Preuss von der Linksfraktion in Thüringen sagte am Montag:
„Dass der Richter bei allen vier Verurteilten nach § 46,2 StGB eine erhöhte
Strafe begründete und explizit auf die rechte, rassistische Motivation
verwies, ist ein wichtiges Signal in Thüringen. Von diesem Urteil geht
damit das Zeichen aus, dass rassistische Gewalt und Straftaten in Thüringen
nicht bagatellisiert werden.“
Dass auf die brutale und gezielte Gewalt dann auch Haftstrafen folgten –
wenn auch nicht für alle Angeklagten – sei ein richtiges Signal, sagte die
Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus. Sie hoffe, dass das Urteil
schnell rechtskräftig werde und zeitnah der Haftantritt für drei der
Angeklagten erfolge.
Madeleine Henfling, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, teilte
mit: „Das Urteil bietet Licht und Schatten. Einerseits ist es sehr zu
begrüßen, dass für einen Teil der Angeklagten das Strafmaß verschärft
wurde, weil die Taten aus rassistischen Motiven begangen wurde.
Andererseits bedauere ich, dass das Gericht teilweise deutlich unter den
von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafzumessungen geblieben ist. Nun
gilt es abzuwarten, ob dieses Urteil rechtskräftig wird.“
Der nun beendete Prozess lief seit dem 30. November 2022. Zunächst waren
neun Männer und eine Frau angeklagt worden. Im Laufe des Prozesses wurde
das Verfahren gegen die Frau und zwei Männer allerdings eingestellt, weil
ihnen konkrete Tathandlungen nicht nachgewiesen werden konnten.
15 May 2023
## LINKS
[1] /Rassistische-Attacke-in-Erfurt/!5705162
[2] /Politisch-motivierte-Straftaten/!5930366
## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Rechter Terror
Gerichtsurteil
Erfurt
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