# taz.de -- Evakuierungen aus Sudan beendet: UN-Vermittler sieht kaum Hoffnung | |
> Die Bundeswehr schließt ihre Evakuierung aus dem Kriegsland ab. Ein | |
> UN-Vermittler fordert beide Konfliktparteien zur Achtung des Völkerrechts | |
> auf. | |
Bild: In Sicherheit: Ein vom jordanischen Militär evakuiertes Kind am Militär… | |
Berlin/Karthum dpa | Die Bundeswehr hat ihre Evakuierungsflüge aus dem | |
[1][umkämpften Sudan] vorerst beendet. Ein Sprecher teilte am Mittwoch mit, | |
man habe in den vergangenen Tagen insgesamt mehr als 700 Menschen aus dem | |
Land evakuiert, in dem es seit rund zehn Tagen Kämpfe zwischen dem | |
regulären Militär und paramilitärischen Einheiten gibt. Zuletzt seien 120 | |
Personen nach Jordanien ausgeflogen worden, ihre Weiterreise nach | |
Deutschland werde vorbereitet, hieß es vom Einsatzführungskommando am | |
Dienstagabend. Die beiden Konfliktparteien missachteten mit ihren Angriffen | |
den Schutz von Zivilisten, kritisierte der deutsche UN-Vermittler Volker | |
Perthes bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. | |
Für die [2][Evakuierungsmission der Bundeswehr] waren zeitweise etwa 1.000 | |
Soldaten tätig, nun beginnt die Rückabwicklung des Einsatzes. Soldaten und | |
Material werden rücktransportiert, so dass der Einsatz formal noch nicht | |
abgeschlossen ist. Im Sudan verbliebene Deutsche sollen bei Bedarf in den | |
nächsten Tagen von internationalen Partnern bei deren Flügen mitgenommen | |
werden. Der Anteil Deutscher an den letzten Bundeswehrflügen war nur noch | |
gering. Unter den mehr als 700 von der Luftwaffe Evakuierten waren laut | |
Bundeswehr 197 Deutsche. Insgesamt wurden bislang mehr als 200 Deutsche | |
ausgeflogen, einige wenige auch von den Streitkräften anderer Staaten. | |
Der Bundestag will an diesem Mittwoch über den Sudan-Einsatz der Bundeswehr | |
abstimmen. Mit dem nachträglichen Mandat sollen die Streitkräfte auch eine | |
Rechtsgrundlage für eine mögliche Fortsetzung der Rettungsmission bis Ende | |
Mai erhalten. | |
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Boris | |
Pistorius (SPD) dankten allen zivilen und militärischen Kräften für ihre | |
„großartige Leistung“. Baerbock sprach von „Mut, Teamwork und unermüdli… | |
Einsatzbereitschaft“ vieler hundert Beteiligter in Bundeswehr, | |
Bundespolizei und Auswärtigem Amt. Pistorius sagte: „Auf die Truppe können | |
wir gemeinsam stolz sein.“ | |
## Im Sudan kämpft Militär gegen Paramilitär | |
Im Sudan will De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch | |
Oberbefehlshaber der Armee ist, mithilfe des Militärs seinen Stellvertreter | |
Mohammed Hamdan Daglo entmachten, den Anführer der einflussreichen | |
paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die beiden hatten die | |
Führung des Landes mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsame | |
Militärcoups 2019 und 2021 übernommen. Bei den Kämpfen sind nach | |
Informationen der Weltgesundheitsorganisation WHO mindestens rund 460 | |
Menschen umgekommen und fast 4.100 verletzt worden. Die wahre Zahl dürfte | |
aber deutlich höher liegen. | |
„Beide Kriegsparteien haben die Gesetze und Normen des Angriffs auf dicht | |
besiedelte Gebiete missachtet, mit wenig Rücksicht auf Zivilisten, | |
Krankenhäuser oder sogar Fahrzeuge, die Verwundete und Kranke | |
transportieren“, sagte UN-Vermittler Perthes am Dienstag bei der Sitzung | |
des Weltsicherheitsrats. Er forderte beide Seiten auf, den Verpflichtungen | |
des humanitären Völkerrechts nachzukommen und den [3][Schutz der | |
Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur] sicherzustellen. Zudem gebe | |
es „beunruhigende Berichte über versuchte sexuelle Übergriffe“. | |
Perthes, der seinen Arbeitsort aus Sicherheitsgründen in die Stadt Port | |
Sudan verlegt hatte, ist nach eigenen Angaben weiterhin in regelmäßigem | |
Kontakt mit den rivalisierenden Generälen im Sudan. Sowohl | |
Armee-Oberbefehlshaber al-Burhan als auch RSF-Anführer Daglo würden aber | |
noch immer gegenseitige Anschuldigungen erheben und damit wenig Hoffnung | |
auf eine baldige Lösung der Krise machen: „Es gibt noch keine eindeutigen | |
Anzeichen dafür, dass einer der beiden bereit ist, ernsthaft zu verhandeln, | |
was darauf hindeutet, dass beide glauben, dass ein militärischer Sieg über | |
den anderen möglich ist. Dies ist eine Fehleinschätzung.“ | |
Bezüglich der eigentlich seit der Nacht auf Dienstag geltenden Waffenruhe | |
zog Perthes eine gemischte Bilanz. Die Feuerpause scheine zwar bislang „in | |
einigen Teilen“ des Landes zu halten. In der Hauptstadt Khartum aber würden | |
die Kämpfe unter anderem um den Palast der Republik, den internationalen | |
Flughafen und die Hauptquartiere sowie Stützpunkte von Armee und RSF | |
„weitgehend fortgesetzt oder in einigen Fällen intensiviert“. Luftangriffe | |
und schwerer Beschuss insbesondere in den Städten Omdurman und Bahri | |
unmittelbar bei Khartum hielten an. Der Flughafen sei Berichten zufolge | |
zwar wieder in Betrieb, die Vorfelder seien aber beschädigt. | |
## Drittel der Sudanesen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen | |
Es gebe zudem zahlreiche Berichte über Wohnungseinbrüche, Plünderungen von | |
Häusern und Geschäften sowie an Kontrollpunkten entwendete Autos. Zu den | |
Opfern gehörten sudanesische Bürgerinnen und Bürger wie auch Mitarbeitende | |
der Vereinten Nationen, humanitäre Helferinnen und Helfer sowie | |
diplomatisches Personal. Die Angst vor zunehmender Kriminalität wachse. | |
UN-Generalsekretär António Guterres appellierte vor dem Sicherheitsrat für | |
ein Ende der Gewalt und warnte vor dem Ausbruch eines vollumfänglichen | |
Krieges. | |
Die eilige Evakuierung deutscher und internationaler Helfer könnte aus | |
Sicht von Entwicklungsministerin Svenja Schulze [4][dramatische Folgen] | |
haben. Ein Drittel der Bevölkerung im Sudan sei schon jetzt auf | |
Nahrungsmittelhilfen aus dem Ausland angewiesen und es würden täglich mehr, | |
sagte die SPD-Politikerin dem „General-Anzeiger“ aus Bonn. Dass die | |
Konfliktparteien einer Feuerpause von 72 Stunden zugestimmt haben, sei eine | |
gute Nachricht. „So können sich die Menschen mit Wasser und Brot oder | |
Medikamenten zu versorgen.“ | |
26 Apr 2023 | |
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