# taz.de -- Privatjets in Hamburg-Fuhlsbüttel: Petition für ein Verbot | |
> Eine Hamburgerin sammelt Unterschriften für das Verbot von Privatjets. | |
> Viel bringen würde das auf lokaler Ebene nicht, sagt die Linke. | |
Bild: Mit dem Privatjet in Hamburg: Nicht nur Herzogin Kate und Familie steigen… | |
HAMBURG taz | Für ein sonniges Wochenende kurz von Hamburg [1][nach Sylt], | |
um am Strand die Sonne im Meer versinken zu sehen – was klingt wie ein | |
passabler Ausflug mit dem 49-Euro-Ticket ist in Wahrheit eine der | |
beliebtesten Privatjet-Routen vom Hamburger Flughafen. 4.302 Privatflüge | |
starteten im Jahr 2022 von dort. | |
Geht es nach Simone Baur, dann sollen in Hamburg bald keine Privatjets mehr | |
starten und landen dürfen. Als Teil einer deutschlandweiten Initiative für | |
ein Start- und Landeverbot für Privatjets hat Baur [2][eine Petition für | |
den Flughafen Hamburg] initiiert, auf der Plattform des Vereins Campact. | |
„Ich habe eine 13-jährige Tochter und möchte ihr unseren Planeten gerne so | |
gut wie möglich hinterlassen“, erzählt Baur. | |
Hamburg Fuhlsbüttel gehört im Bereich Privatjets, anders als bei den | |
Passagierzahlen der Linienflüge, zu den drei größten Flughäfen in | |
Deutschland. Im Pandemie-Jahr 2020 hoben sogar auf keinem Flughafen mehr | |
Privatjets ab. Die beliebteste Route in dem Jahr: von Hamburg nach | |
Düsseldorf, eine Strecke, die von der Bahn etwa 30 bis 40-mal täglich mit | |
einer Reisedauer von drei bis vier Stunden bedient wird. | |
Flugzeuge auf Abruf, teils nur besetzt mit zwei, drei Personen und Crew, | |
das ist eine ineffiziente Fortbewegungsmethode und sorgt für bis zu 8.000 | |
Prozent mehr CO2-Emissionen als ein Linienflug. Dabei wäre selbst der | |
Linienflug oft nicht nötig – fast 60 Prozent aller Privatflüge legen | |
Distanzen unter 300 Kilometer zurück. | |
## 2.000 Euro pro Stunde | |
Begründet ist die Wahl eines Privatfluges dabei weniger mit der | |
Zeitersparnis, die auf Kurzstrecken inklusive Reisezeit zum und vom | |
Flughafen nur unbedeutend kürzer ist als die der Bahn, sondern vielmehr in | |
der Exklusivität. Charter-Unternehmen, die Flüge vom Hamburger Flughafen | |
anbieten, werben mit „separater Abfertigung“ und „100 Prozent Diskretion�… | |
Diese Sonderbehandlung ist kostspielig; mindestens 2.000 Euro müssen pro | |
Flugstunde auf den Tisch gelegt werden. Ein Fortbewegungsmittel für reiche | |
Unternehmer:innen, Stars [3][und CDU-Chefs]. Doch das ist nur ein Teil der | |
realen Kosten, denn Privatjets zeigen exemplarisch, dass Klimagerechtigkeit | |
nicht über Preispolitik erreicht werden kann. | |
An den Kosten der Klimaschäden, die Privatjets durch über eine Million | |
Tonnen CO2 in Deutschland 2022 verursacht haben, werden die Nutzenden | |
ausgesprochen wenig beteiligt. Für die ersten 1.000 Tonnen CO2 pro Jahr | |
wird für Privatpersonen kein CO2-Preis fällig. Charterfirmen haben gar eine | |
Freigrenze von 10.000 Tonnen CO2. Resultierende Klimaschäden werden in der | |
Folge nicht von den Verursachenden bezahlt. | |
Baur findet es ungerecht, [4][dass Superreiche unbegrenzt Emissionen | |
verpulvern] können. „Hunderte Jets pro Jahr fliegen etwa die Strecke | |
zwischen Hamburg und Sylt“, so steht es in ihrer Petition. „Hamburg muss | |
jetzt nachziehen und dem Amsterdamer Vorbild folgen: Klima schützen und den | |
unverhältnismäßigen Treibhausgasausstoß stoppen; und für Anwohner*innen | |
die Lärmbelästigung reduzieren.“ | |
Mit Amsterdam hat der erste große Flughafen ein Verbot von Privatjets | |
angekündigt, vorausgegangen waren Proteste von Klimaaktivist:innen. Die | |
Niederlande möchte den Flugverkehr national limitieren, die Zahl der | |
Linienflüge in Amsterdam wird in den kommenden Jahren reduziert. Bis 2025 | |
sollen alle Nachtflüge eingestellt werden. Während in Hamburg bereits ein | |
Nachtflugverbot gilt, könnte Amsterdam für den Umgang mit Privatjets zum | |
Vorbild werden. | |
## Linken-Chef fordert bundesweites Verbot | |
Stephan Jersch, Fachsprecher für Umwelt und Energie der Linken-Fraktion in | |
der Hamburger Bürgerschaft, unterstützt die Forderungen der Petition, weiß | |
aber auch um die Grenzen einer solchen Regelung: „Ein Flugverbot ab | |
Fuhlsbüttel ist rechtlich möglich und würde vorwiegend der lokalen | |
Lärmbelästigung zugutekommen. An der Gesamtproblematik der Privatjets wird | |
solch ein lokales Verbot jedoch nicht viel ändern.“ | |
Der Flugverkehr sei weitgehend unreguliert, sagt Jersch, daher wäre in | |
diesem Fall ein Ausweichen auf umliegende Flughäfen zu erwarten, etwa auf | |
die Flughäfen Uetersen oder Lübeck. Der Chef der Linken auf Bundesebene, | |
Martin Schirdewan, forderte daher kürzlich ein [5][bundesweites Verbot von | |
Privatjets]. Damit wäre auch das Ausweichen auf umliegende Flughäfen | |
weitestgehend unmöglich. | |
Auch aus der Hamburger GrünenFraktion kommt zurückhaltende Zustimmung zu | |
den Forderungen der Petition. „Das Fliegen mit Privatjets ist eindeutig aus | |
der Zeit gefallen“, sagt Miriam Putz, wirtschaftspolitische Sprecherin der | |
Grünen in der Bürgerschaft „Durch private Flüge entstehen sowohl | |
vermeidbare CO2-Emissionen als auch eine massive Lärmbelastung für | |
Anwohnende.“ Um die Belastung zu reduzieren, könnten Einschränkungen für | |
den Privatflugverkehr grundsätzlich sinnvoll sein. Inwiefern diese in | |
Hamburg rechtlich möglich sind, gelte es zu prüfen. | |
Die 4.000 angestrebten Unterschriften hat Initiatorin Sabine Baur nach zwei | |
Wochen fast erreicht. Über den nächsten Schritt, eine Volksinitiative mit | |
10.000 Unterschriften und einen Gesetzesentwurf, welcher der Bürgerschaft | |
vorgelegt würde, habe sie noch nicht genauer nachgedacht, meint Baur. Auf | |
ihre Petition habe sie jedoch bereits einige positive Zuschriften erhalten, | |
potenzielle Unterstützung für die Fortführung des Anliegens. „Also, warum | |
eigentlich nicht?“ | |
8 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Sylt-Investor-und-ein-Gasthof/!5905371 | |
[2] https://weact.campact.de/petitions/keine-privatjets-mehr-aus-hamburg-8?buck… | |
[3] /Flugzeug-oder-Regierungs-Dienstwagen/!5869917 | |
[4] /Ungleiche-Emissionen-in-Deutschland/!5922585 | |
[5] /Reiche-sollen-mehr-zahlen/!5918748 | |
## AUTOREN | |
Niklas Berger | |
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Schwerpunkt Klimawandel | |
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