# taz.de -- Angriff auf Schwarze trans Frau in Köln: Vorfall mit politischer D… | |
> Wer ist in der queeren Community in Köln willkommen? Nach dem Angriff auf | |
> eine Schwarze trans Frau wird wegen schwerer Körperverletzung ermittelt. | |
Bild: Nächtliche Lichter in der Kölner Schaafenstraße | |
BERLIN taz | Es hätte eine Partynacht wie jede andere sein können, auf der | |
Schaafenstraße, dem queeren Szeneviertel in Köln. Doch für Sofia J., die | |
dort mit ihren Freund*innen am 10. April feiern war, endete die Nacht im | |
Krankenhaus. Denn die Schwarze trans Frau, die aus dem Sudan nach | |
Deutschland geflohen ist, wurde mutmaßlich von Securitypersonal angegriffen | |
und transfeindlich beleidigt. | |
Gegen drei Uhr morgens sei sie mit ihren Freund*innen aus der Bar | |
„Nachteule“ gekommen, erzählt Sofia J. auf ihrem Instagram-Kanal. Als sie | |
ein Uber rufen wollte, habe sie ein Security-Mitarbeiter aufgefordert, die | |
Straße zu verlassen. Sie habe nicht verstanden, warum sie gehen sollte, sie | |
habe ja auf einer öffentlichen Straße gestanden. Wenige Sekunden später sah | |
sie weitere Securitys auf sich zukommen, sei geboxt und getreten worden. | |
Auch der Besitzer der Nachteule sei dabei gewesen. | |
Als sie versuchte, sich zu wehren, habe man sie gewürgt und zu Boden | |
geworfen. Sofia J. habe gehört, wie einer: „Lass mich diese Transe | |
schlagen“ rief. Ihre Brust-Aufbau-OP war zu dem Zeitpunkt erst zwei Monate | |
her. Als einer der Männer sein Knie in ihren Rücken drückte, habe sie keine | |
Luft mehr bekommen und um ihr Leben geschrien. | |
Seit Sofia J. das Video-Statement hochgeladen hat, haben viele Menschen | |
Entsetzen und Solidarität mit ihr bekundet. Sofia J. und Teile der queeren | |
Community werten den Vorfall [1][als transfeindlichen] und rassistischen | |
Angriff. Ein Spendenaufruf wird geteilt, in dem Sofia J. Geld für einen | |
Anwalt und einen Umzug nach Berlin sammelt, da sie sich in Köln nicht | |
sicher fühlt. | |
## Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung | |
Währenddessen werden auf dem Instagram-Account der Nachteule Kommentare, | |
die Bezug auf den Vorfall nehmen, gelöscht und Accounts, die Sofia J. | |
folgen, blockiert. Einige Tage nach der mutmaßlichen Attacke | |
veröffentlichte die Nachteule ein Statement, in dem die Situation anders | |
dargestellt wird: Sofia J. und ihre Freund*innen hätten in der Straße | |
„laut krakeelt“. Die Securitys seien „nur zu dritt“ gewesen. Sie hätte… | |
„hoch aggressive und lärmende Sofia“ fixiert und die Polizei gerufen. | |
Polizeisprecher Philipp Hüwe erklärte, es gebe nun Ermittlungen wegen | |
schwerer Körperverletzung: „Mehrere Personen werden beschuldigt, sich | |
gegenseitig angegriffen und verletzt zu haben“, so Hüwe. | |
Der Vorfall polarisiert die queere Community in Köln: Einerseits teilen | |
mehrheitlich weiße, schwule Männer auf ihren Accounts die Darstellung der | |
Nachteule, einen Artikel der Bild-Zeitung sowie einen RTL-Beitrag, in denen | |
Sofia J.s Glaubwürdigkeit angezweifelt wird. Einige versuchen Sofia J. zur | |
„Angry Black Woman“ zu stilisieren, die Kapital aus Rassismusvorwürfen | |
schlagen wolle. Accounts von Schwarzen und trans Menschen, die sich nach | |
dem Übergriff solidarisch zeigen, sehen sich einem Shitstorm ausgesetzt. | |
## Securityfirma steht nicht zum ersten Mal in der Kritik | |
Auf der anderen Seite riefen die trans*queeren, intersektionalen | |
Kollektive Yaya-Crew und DeMask zu einer Mahnwache vor der Nachteule auf. | |
Rund 200 Menschen versammelten sich dort am Abend des 20. April und | |
forderten „Reparation, Verantwortungsübernahme sowie klare Veränderung | |
seitens der Bar“. Im Vorfeld wurde auf die Fassade der Nachteule „No | |
justice, no peace!“ gesprayt. In der gesamten Schaafenstraße hängen Plakate | |
mit der Aufschrift: „LGBTI-freundlich? Von wegen! Wir sind immer | |
kampfbereit gegen Transfeindlichkeit.“ | |
Hier wird die politische Dimension des Vorfalls deutlich, auf die Sofia J. | |
schon in ihren Videos Bezug nimmt: die Frage, wer in der Kölner | |
Schaafenstraße willkommen ist und wer sich dort sicher fühlen kann. Denn | |
die von den Wirt*innen der Schaafenstraße beauftragte Sicherheitsfirma | |
steht nicht zum ersten Mal in der Kritik: Im Juni 2022 hatten sich drei | |
Frauen vor einer Bar geküsst und wurden dabei mutmaßlich von [2][einer | |
Männergruppe angegriffen.] Doch die Security sei laut der Frauen nicht | |
eingeschritten, sondern habe die Täter sogar vor dem Eintreffen der Polizei | |
gewarnt. | |
Was unternehmen die Ladeninhaber der Schaafenstraße, um für die Sicherheit | |
von trans und von Rassismus betroffenen Menschen zu sorgen? Die | |
Wirtegemeinschaft erklärt dazu: „Die Bars der Schaafenstraße richten sich | |
allesamt an ein schwules Publikum und deren Freund*innen. Wir schaffen seit | |
über 30 Jahren einen Safespace für schwule Männer und ihre Gäst*innen.“ | |
Sofia J. vermutet, dass sie da nicht mitgemeint ist: „Die schwulen weißen | |
Männer wollen uns nicht in ihrer Straße. Sie haben vergessen, dass es eine | |
Schwarze trans Frau war, die in Stonewall den ersten Stein geworfen hat. | |
Schwarze trans Frauen haben für die Rechte aller Queers gekämpft.“ | |
24 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bo Wehrheim | |
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