# taz.de -- Walpurgisnacht in Berlin: Gegen männlich dominierte Straßen | |
> Unter dem Motto „Take back the night“ demonstrieren 3.300 | |
> Teilnehmer*innen in Kreuzberg für Feminismus. Die Polizei stoppt die | |
> Demo nach wenigen 100 Metern. | |
Bild: Kämpferisch und mit viel Rauch: „Take Back The Night“-Demo in Kreuzb… | |
BERLIN taz | Zu Beginn ist alles noch ganz friedlich. Vor dem Bethanien in | |
Kreuzberg sitzen am frühen Sonntagabend Hunderte Flinta in Kleingruppen in | |
der Sonne und unterhalten sich ausgelassen. Durchs Megafon wird erklärt, | |
was Flinta eigentlich bedeutet, nämlich Frauen, Lesben, intersexuelle, | |
nicht-binäre, trans und agender Personen – und dass es sich bei der | |
anschließenden Flinta-Demo mitnichten um eine Veranstaltung nur für | |
Cis-Frauen handelt. | |
Take Back The Night ist das Motto der diesjährigen queerfeministischen | |
Walpurgisnachtdemo am Vorabend des 1. Mai. Das Datum für die linksradikale | |
Flinta-Wut-Demo ist kein Zufall, gilt die Walpurgisnacht doch traditionell | |
als die Nacht, in der Hexen ein großes Fest abhielten. Und auch wenn | |
[1][der patriarchale Terror gegen Frauen heute in Deutschland nicht mehr so | |
brutal] ist wie während der Hexenverfolgung, ist die Straße bei Nacht | |
[2][für viele Flinta nach wie vor ein Angstraum]. | |
Damit wollen die Feminist*innen Schluss machen an diesem Abend: Sie | |
wollen raus aus der Verteidigung, rein in die Offensive und das Patriarchat | |
angreifen. Gegen 21 Uhr geht es dann los und die Stimmung ist von Anfang an | |
kämpferisch: In schnellem Lauftempo nehmen sich die Flinta die Straßen, | |
Raketen und Bengalos werden gezündet, immer wieder knallt es und Tausende | |
meist schwarz gekleidete Menschen rufen in die rauchgeschwängerte Nacht: | |
„Whose Streets? Our Streets!“ | |
## Im Polizeispalier | |
Das schnelle Tempo und die ausgelassene Stimmung halten allerdings nicht | |
lange an. Bereits nach einigen Hunderten Metern wird der Demonstrationszug | |
wegen des Zündens von Pyrotechnik und Flaschenwürfen von der Polizei | |
gestoppt. Im Polizeispalier geht es anschließend weiter, nun geben | |
allerdings die Beamt*innen das Tempo vor und halten die Demo immer | |
wieder an. Doch auch das massive Polizeiaufgebot kann die Außenwahrnehmung | |
der nach Polizeiangaben 3.300 Feminist*innen nicht verhindern: Wütende | |
Sprechchöre hallen durch die nächtlichen Straßen Kreuzbergs, auf denen sich | |
zahlreiche Schaulustige tummeln und das Spektakel filmen. | |
Bei den vielen Zwischenstopps versucht die Polizei immer wieder, gewaltsam | |
in die Demonstration einzudringen und liefert sich Rangeleien mit den | |
Teilnehmenden. Die Feminist*innen stehen allerdings fest zusammen, | |
sodass zunächst lediglich vereinzelte Regenschirme sichergestellt werden | |
können. Später werden mindestens zwei Menschen von der Polizei rausgezogen | |
und äußerst brutal abgeführt. Mitten in den Auseinandersetzungen werden | |
auch zwei Pressevertreter*innen von Teilnehmer*innen der | |
Demonstration angegangen. | |
## Kotti als Festung | |
Als der Demonstrationszug am Kotti ankommt, gleicht dieser einer schwer | |
gesicherten Festung. Doch der befürchtete Angriff auf die neue Polizeiwache | |
bleibt aus, es bleibt bei ausgestreckten Mittelfingern und | |
polizeifeindlichen Parolen. Auch nach zwei Stunden sind die Flinta noch | |
nicht heiser und werden auf ihrem Weg immer wieder von Feuerwerk empfangen, | |
was mit lautem Jubel quittiert wird. | |
Nahe des Lausitzer Platz bleibt die Demonstration dann mal wieder stehen. | |
Um 23.15 Uhr heißt es plötzlich: Die Veranstaltung ist aufgelöst. Innerhalb | |
kürzester Zeit verschwinden Tausende Flinta in die Nacht und zurück bleibt | |
eine gespenstische Stille. Und die Polizei, die nach eigenen Angaben den | |
Tag über mit 3.400 Beamt*innen im Einsatz war. | |
1 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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