# taz.de -- Kindererziehung für öffentlichen Raum: Wie Kinder im Alltag schü… | |
> Für Eltern ist es eine heikle Frage: Würde das eigene Kind mit Fremden | |
> mitgehen? Oder würde es sich wehren, wenn ihm jemand zu nahe kommt? | |
Bild: Ein verlassenes Schaukelpferd auf einem Spielplatz | |
Das große Kind zieht immer weitere Kreise, [1][wenn wir draußen sind]. Auch | |
wenn es vernünftig ist, lässt mich der Gedanke nicht los, dass wir ein | |
Gespräch führen sollten. Unklar ist mir noch, welches. „Sprich [2][nicht | |
mit Fremden]“ scheint mir veraltet, zu radikal und nicht umsetzbar. | |
Die Kinder sehen mich ständig mit Fremden sprechen. Beim Einkaufen, auf dem | |
Spielplatz, wenn jemand nach dem Weg fragt. Außerdem bringe ich ihnen doch | |
auch bei, die Menschen zu grüßen, denen sie im Hausflur begegnen oder die | |
unsere Mülltonnen abholen. | |
Vielleicht ist die bessere Regel, dass sie mit Fremden sprechen dürfen, | |
solange eine enge Vertrauensperson daneben steht. Vielleicht ist es besser, | |
mit ihnen gemeinsam zu besprechen, was für ein Gefühl ihnen jemand gibt, | |
mit dem sie gesprochen haben. Ich glaube, dass Menschen, die Kindern | |
unangebracht nahe kommen wollen, sich nicht als Monster präsentieren. Sie | |
sind wahrscheinlich freundlich, stellen Fragen, versprechen Dinge. | |
Vielleicht ist es besser, Kindern zu erklären, [3][was Privatsphäre ist]. | |
Vielleicht hilft es auch zu sagen, dass es ganz egal ist, was den Kindern | |
jemand an schönen Dingen verspricht, weil sie von ihren Vertrauenspersonen | |
immer das Doppelte davon bekommen, wenn sie sofort zu ihnen laufen und | |
berichten. Das ist ein gewagter Ansatz. Aber ich gebe meinen Kindern lieber | |
drei Kilo Schokolade und 28 Hundewelpen, bevor sie auf so eine Masche | |
hereinfallen. | |
## Gute und schlechte Geheimnisse | |
Ich weiß, in den meisten Fällen sind es keine Fremden, die Kindern Gewalt | |
antun, sondern Menschen aus ihrem Umfeld, die sie kennen. Nur nützt mir | |
Statistik nichts, wenn ich das Kind im Park aus den Augen verliere. | |
Über körperliche Grenzen – die der Kinder selbst und die von anderen | |
Menschen – reden wir ohnehin regelmäßig. Die Kinder bestimmen selbst über | |
ihren Körper, sie werden nicht fixiert, sofern es nicht eine medizinische | |
Maßnahme verlangt. Sie werden auch nicht gezwungen, jemanden zu küssen oder | |
zu umarmen. | |
Übernachtungen bei befreundeten Kindern halte ich grundsätzlich für | |
schwierig. Zu viele Emotionen und Dynamiken wirken da, ich kann mich | |
erinnern, wie gemein kleine Kinder sein können. Bisher erlauben wir das | |
nicht. Wir sprechen auch oft über das Neinsagen und über den Unterschied | |
zwischen guten und schlechten Geheimnissen. | |
## Hilfe holen wird oft gleichgesetzt mit Petzen | |
Das ist nicht einfach. Leider ist es auch heute noch verbreitet, Kinder als | |
Petzen zu bezeichnen, wenn sie sich Hilfe von Erwachsenen holen. Es ist | |
absurd, Kindern zu sagen, sie sollten sich uns anvertrauen, sie dann aber | |
herunterzumachen, weil es uns nicht wichtig genug erscheint, was sie uns | |
anvertrauen. | |
Die Einteilung in kleine und große Grenzüberschreitungen können Kinder oft | |
nicht vornehmen. Dabei können wir helfen, ohne uns über sie lustig zu | |
machen. Sonst berichtet das Kind vielleicht irgendwann nichts mehr oder | |
andere versuchen es auszunutzen. | |
26 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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