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# taz.de -- Die Verständnisfrage: Warum du geliebt werden willst
> Warum fällt es uns eigentlich so schwer zuzugeben, dass wir Liebe
> brauchen? Das will eine 23-jährige Leserin wissen. Eine 78-Jährige hat
> die Antwort.
Bild: Wir alle wünschen uns, gesehen und geliebt zu werden
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren
Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine
Person, die antwortet.
Sabia R., 23, Studentin aus Bremen fragt: Liebe Mitmenschen, warum fällt es
uns so schwer, zuzugeben, dass wir geliebt werden wollen?
Rotraut Rospert, 78, Coachin und systemische Aufstellerin aus Berlin
antwortet:
Wir alle wünschen uns auf eine Art, gesehen und geliebt zu werden. Diesen
Wunsch ehrlich zuzugeben, erfordert viel Mut. In unserer Gesellschaft wird
Unabhängigkeit und Freiheit hoch geschätzt. Vermutlich denken deshalb
viele, sie würden eine Schwäche zugeben, wenn sie ihrem [1][Bedürfnis nach
Nähe] Ausdruck verleihen.
Der ausgesprochene Wunsch nach Liebe und Zugehörigkeit erfordert auch,
anderen mit Vertrauen zu begegnen und sich zu öffnen. In meiner Arbeit als
Coachin treffe ich viele Menschen, die Angst davor haben, verletzt oder
zurückgewiesen zu werden.
Doch haben wir diese Angst nicht alle? Es ist wichtig, von den Stärken und
Schwächen anderer zu erfahren. So können wir unsere Unsicherheiten besser
einordnen und sie überwinden. Leider führt die zunehmende Vereinzelung in
unserer Gesellschaft oft dazu, dass es schwerfällt, unsere Sorgen und
Wünsche zu kommunizieren. Das steht uns häufig im Weg.
Umso schöner finde ich es, dass sich in unserer heutigen Zeit wieder
[2][neue Arten von Gemeinschaften] formen. Ich finde, das Konzept von
Wohngemeinschaften sollte man nicht unterbewerten. Denn im Zusammenleben
kann man genau solche Kompetenzen lernen.
Es gibt auch Momente im Leben, in denen man nicht auf der Suche nach Liebe
ist. Nach meiner Scheidung hatte ich zum Beispiel ein starkes Bedürfnis
nach Freiheit und Unabhängigkeit. Ich wollte nicht mehr so schnell sagen,
dass ich geliebt werden möchte.
Zu wissen, dass ich [3][auch alleine sein kann], hat mich gestärkt.
Trotzdem war mir das Gefühl der Zugehörigkeit wichtig. Die fand ich dann in
einer Frauengruppe und in meiner [4][Arbeit in einem Frauenhaus].
Nach fast 10 Jahren der Autonomie kam er wieder zurück: der Wunsch, Liebe
und Zuneigung zu erfahren. Das zuzugeben, kostete mich Überwindung. Doch
die darauf folgende Zeit, in der ich in einer Gemeinschaft lebte, war sehr
wertvoll für mich. Die Gemeinschaft lässt sich etwa mit einer Kommune
vergleichen, nur größer. Wir liebten, lebten und arbeiteten zusammen.
Vor acht Jahren war meine Zeit in der Gemeinschaft zu Ende. Ich brauchte
wieder Zeit für mich.
Unsere Bedürfnisse ändern sich im Laufe der Zeit. Heute ist es mir sehr
wichtig, mich zu meinen Bedürfnissen zu bekennen und ich verbringe Zeit mit
meiner Familie und meinem Partner. Und manchmal besuche ich auch meine
ehemalige Gemeinschaft.
Insgesamt bin ich durch sehr viele Phasen in meinem Leben gegangen.
Letztendlich sind wir meist Teil von etwas: Teil einer Familie oder
Gemeinschaft, Teil einer Beziehung, Teil einer Gruppe oder Teil eines
Teams. Wir sollten mutig sein und uns öffnen, denn jede neue Erfahrung ist
ein Abenteuer und wer weiß, wohin es uns als nächstes führen wird.
Häh? Haben Sie manchmal auch diese Momente, wo Sie sich fragen: Warum um
alles in der Welt sind andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Wenn
Sie eine Gruppe Menschen besser verstehen wollen, dann schicken Sie Ihre
Frage an [5][[email protected]].
23 Apr 2023
## LINKS
[1] /Warum-Liebe-endet-von-Eva-Illouz/!5546824
[2] /Queere-Bauwagensiedlung-in-Berlin/!5745170
[3] /Autorin-Sarah-Diehl-ueber-das-Alleinsein/!5887529
[4] /Streik-der-Frauenhaeuser/!5918315
[5] /[email protected]
## AUTOREN
Franziska Gerneth
## TAGS
Liebe
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