# taz.de -- Ärztin zu Legalisierung von Abtreibungen: „Was gibt es da zu pr�… | |
> Am Freitag berät eine Expert:innenkommission die Legalisierung von | |
> Schwangerschaftsabbrüchen. Was erwartet die Ärztin Jana Maeffert davon? | |
Bild: ÄrztInnen in Deutschland, die Abbrüche durchführen wird die Arbeit mit… | |
taz: Frau Maeffert, Sie sind eine von gerade mal knapp über 1.000 | |
Ärzt*innen in Deutschland, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Was | |
bedeutet das im Praxisalltag? | |
Jana Maeffert: Die meisten Patientinnen, die ungewollt schwanger vor mir | |
sitzen, sind gar nicht meine eigenen. Sie wurden von ihren | |
Gynäkolog*innen zu mir geschickt, weil die selbst keine | |
Schwangerschaftsabbrüche machen. Viele haben schon mehrere Ärzt*innen | |
durchtelefoniert. Sie waren, wie gesetzlich vorgeschrieben, schon in einer | |
Beratungsstelle, haben die Frist von drei Tagen abgewartet – kurz: Sie | |
haben schon mehrere Hürden hinter sich, bis sie letztlich bei mir landen. | |
Warum machen so viele Gynäkolog*innen keine Abbrüche? | |
Natürlich spielt die Stigmatisierung eine Rolle, die sich auch in der | |
Rechtslage widerspiegelt: verboten, aber unter Umständen straffrei. Aber | |
auch auf bürokratischer Ebene gibt es Hürden, und viele davon haben direkt | |
oder indirekt mit der Rechtslage zu tun. | |
Was meinen Sie konkret? | |
Abbrüche sind keine Kassenleistung, denn eine rechtswidrige Handlung kann | |
nicht von der gesetzlichen Kasse bezahlt werden. Entsprechend weicht die | |
Abrechnung von der Standardprozedur ab. Jeder Abbruch muss ans Statistische | |
Bundesamt gemeldet werden, inklusive Angaben wie das Alter der Frau, ob sie | |
verheiratet ist, wie viele Kinder sie hat, aus welchem Bundesland sie | |
kommt. Das muss alles erfasst werden. Die Medikamente für den medikamentöse | |
Abbruch unterliegen einem Sondervertriebsweg. Ich muss sie selbst | |
bestellen, in Vorkasse gehen, sie in der Praxis gesondert lagern. In | |
manchen Bundesländern braucht man besondere Genehmigungen, um Abbrüche | |
durchzuführen. Eine Kollegin hat mir erzählt, sie musste ein polizeiliches | |
Führungszeugnis vorlegen – so etwas gibt es bei keiner einzigen anderen | |
medizinischen Leistung. | |
Das klingt jetzt aber alles nicht besonders dramatisch. | |
Nein, aber es bedeutet Extraaufwand im ohnehin stressigen Praxisalltag. | |
Nehmen wir an: [1][Von zehn Ärzt*innen machen ein bis zwei Abbrüch]e, | |
weil es in ihrer Überzeugung zu ihrem Beruf dazugehört. Zwei lehnen es aus | |
ethischen Gründen strikt ab. Die anderen sechs sind indifferent, weder | |
total dafür noch dagegen. Aber die werden von den Hürden extrem | |
abgeschreckt und denken sich: Warum soll ich mir all diese Extraarbeit | |
aufbürden, wenn ich nicht muss? | |
Für Sie gehört es dazu. Warum? | |
Als Gynäkologin möchte ich [2][für meine Patientinnen, in allen Fragen die | |
Fruchtbarkeit betreffend, da sein:] bei gewollten wie ungewollten | |
Schwangerschaften oder bei unerfülltem Kinderwunsch. Wir sollten nicht | |
einteilen in Menschen, die eine Schwangerschaft austragen, und solche, die | |
sie abbrechen – in vielen Biografien gehört beides dazu. Genauso gehört es | |
für mich zu meinem Beruf dazu, sie in beiden Situationen bestmöglich zu | |
begleiten. | |
Am [3][Freitag tritt erstmals die Kommission] zusammen, die im Auftrag der | |
Ampelkoalition die bestehende Rechtslage prüfen soll. Was erwarten Sie | |
sich? | |
Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, [4][was es da zu prüfen gibt.] Die WHO | |
benennt ganz klar, dass Hürden die medizinische Versorgung verschlechtern | |
und zu unterlassen sind. Auch aus menschenrechtlicher Sicht ist die Sache | |
klar. Aber Deutschland hält sich einfach nicht daran. Das ist aus meiner | |
Sicht ein Skandal. | |
30 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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