| # taz.de -- Die Wahrheit: Surfen in Surffallen | |
| > Endlich Urlaub! Wo er doch so selten geworden ist. Endlich Zeit für | |
| > alles! Oder kürzt die Relativitätstheorie die Ferienzeit automatisch ab? | |
| Schwupps, schon war wieder Ostern und ich hatte Ferien. Ich sollte | |
| überhaupt nie freihaben, weil ich nicht weiß, was ich dann mit meiner | |
| kostbaren Freizeit anfangen kann. Vorab träumte ich sogar schon von diesem | |
| Urlaub. Da saß ich im Auto und dachte die ganze Zeit: „Ich muss jetzt | |
| diesen Urlaub genießen, weil ich so selten welchen habe, aber wie soll ich | |
| diesen Urlaub genießen, wenn ich im Auto sitze? Das ist ja alles wie im | |
| Alltag, und dann ist es schnell rum, und die Arbeit geht wieder los.“ | |
| Beim Erwachen war ich recht verblüfft, dass mein Traum-Ich so komplexer | |
| Gedanken fähig war. Normalerweise denke ich im Traum bloß „Argh“, „Oh j… | |
| und „Nicht schon wieder“, ganz selten auch mal „Mhmmm … so könnte es | |
| weitergehen“, doch dann geht es nie weiter. | |
| Wenn es dann wirklich so weit ist und selbst der lästige Autofahrteil | |
| erledigt wurde, dehnt sich der erste Urlaubstag wundervoll über gefühlte 48 | |
| Stunden, er räkelt sich gemütlich und erlaubt, dass wir alle wichtigen | |
| Punkte erstmals erledigen: am Strand entlang laufen und ins Café gehen zum | |
| Beispiel. Mit Meerblick einfach so dasitzen ist auch nicht zu verachten. | |
| Und endlich den ungelesenen Klassiker aufschlagen, der bestimmt doch nicht | |
| so langweilig ist wie befürchtet. | |
| Warum die folgenden sechs Tage dann zusammen auf 48 Stunden | |
| herunterschnurren, in denen man es kaum ein zweites Mal ins Café schafft, | |
| weil man zu lange schläft und außerdem immerzu einkaufen muss und so | |
| Sachen, erschließt sich mir nicht. Vielleicht hat es was mit | |
| Relativitätstheorie zu tun. | |
| ## Surffallen – ist das nicht ein Ort in Ostpreußen? | |
| Oder mit dem Internet, in dessen Surffallen ich im Urlaub verschärft gerate | |
| – Surffallen, ist das nicht ein Ort in Ostpreußen direkt an der | |
| Ostseeküste? Wollten wir da nicht immer schon mal hin? Gibt es da schöne | |
| Cafés? | |
| Nachdem ich mich bei der Hausverwaltung beschwert habe, weil das WLAN nicht | |
| funktioniert, lese ich nach der Reparatur zur Strafe Sachen wie | |
| „Innenarchitekt packt aus: Sieben Dinge, die ein Haus ungewollt billig | |
| aussehen lassen“. Schon die Überschrift wirft Fragen auf: Wer sind die | |
| Menschen, die ihr Zuhause mit Absicht billig aussehen lassen? Warum packt | |
| der Innenarchitekt Dinge aus, die hässlich sind? Und wieso klicke ich | |
| trotzdem weiter? | |
| Der „Luxusdesigner“ rät ab von kleinen Möbeln, unpassendem Geschirr und | |
| überladenen Bädern. Von kleinen Möbeln rate ich mir auch ab, schließlich | |
| bin ich über 1,80 Meter groß. Da stolpert man dann bloß, was das Heim auch | |
| nicht verschönert. Diese Tipps haben den Innenarchitekten auf Tiktok zu | |
| einer „viralen Sensation“ gemacht: „Es ist eine hohe Kunst, den Raum nicht | |
| mit zu viel Zeug vollzustopfen.“ | |
| Da spricht er was an. Die taz-Luxus-Urlaubsdesignerin empfiehlt: Man sollte | |
| auch den Urlaub nicht mit zu viel Zeug vollstopfen und auf jeden Fall das | |
| WLAN rechtzeitig sabotieren lassen. Dann allerdings schafft man es nicht | |
| mehr zu Tiktok-Ruhm. Herrlich entspannend. | |
| 12 Apr 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Fischer | |
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