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# taz.de -- Kampf gegen militante Separatisten: Razzia mit Netzsperre in Nordin…
> In Indien sind bei der Fahndung nach dem Führer einer separatistischen
> Gruppe mehr als 150 Personen festgenommen worden.
Bild: Amritpal Singh (Mitte) und seine Anhänger Anfang März
Delhi taz | Im nordindischen Punjab haben die Behörden von Samstag bis
Dienstag „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“ das mobile Internet
gesperrt. Der Grund war eine Großfahndung nach dem militanten
Khalistan-Separatisten Amritpal Singh. Der 30-Jährige ist der per
Haftbefehl gesuchte Chef der Gruppe Waris Punjab De („Erben des Punjab“).
Er und seine Gruppe setzen sich für einen eigenen Khalistan genannten Staat
der Sikhs und mehr Rechte der Minderheit ein. In Indien leben etwa 24
Millionen Angehörige dieser Religion.
Inzwischen wurden im Zusammenhang mit der Fahndung nach Amritpal Singh mehr
als 150 Personen festgenommen. Zeitweilig waren im Punjab auch
Versammlungen von mehr als vier Personen verboten. Die Fahndung führte die
Behörden sogar bis nach Assam im Nordosten des Landes. Die Suche nach dem
gebürtigen Punjabi ging auch noch am Mittwoch weiter. Im Internet
kursierten zahlreiche Fotos, die ihn mutmaßlich auf der Flucht zeigen
sollen.
Der Oberste Gerichtshof der Bundesstaaten Punjab und Haryana erklärte, es
sei schwer zu glauben, dass der flüchtige Amritpal Singh ein 80.000 Mann
starkes Polizeiaufgebot in die Irre geführt habe. Das sei nur bei einem
Versagen der Geheimdienste möglich. Singhs Anwalt behauptet, sein Mandant
werde festgehalten und die Suchaktion sei eine Farce.
Im Februar soll Singh mit Unterstützern eine Polizeistation überfallen
haben, nachdem einer seiner Helfer wegen Körperverletzung und versuchter
Entführung festgenommen worden war. Singh sprach von einer Verschwörung.
Auch seine indischen Social-Media-Konten sind gesperrt. Unter den Sikhs ist
er wegen seiner radikalen Ansichten umstritten. Medienberichten zufolge
soll er Kontakte zum pakistanischen Militärgeheimdienst ISI sowie zu
Terrorgruppen haben. Bekannt wurde Singh im letzten Jahr, als er die
Führung von Waris Punjab De übernahm. Dessen Gründer war bei einem
Autounfall gestorben.
## Mobiles Internet gesperrt, Breitbandverbindungen nicht
Die Sperre des Mobilfunknetzes in Punjab stieß auf Kritik. „Die Sperre des
Internets und sozialer Medien wecken schlimme Erinnerungen“, erklärte der
indischstämmige US-Mediziner Swaiman Singh Pakhoke. „Ich hoffe, dass die
Zeit der vorgetäuschten Erschießungen und gesetzwidrigen Festnahmen in
Punjab vorbei sind.“ Dort könne man sich kein weiteres Blutvergießen
leisten. Pakhoke spielt auf die Anti-Sikh-Pogrome in Indien 1984 an, bei
denen mehrere tausend Menschen getötet wurden.
Eine Frau beschreibt die Lage im Punjab gegenüber der taz als chaotisch,
aber friedlich. Es kursierten verschiedene Versionen über Singhs
Verschwinden. Sie bestätigte die Sperre des mobilen Internets, doch
Breitbanddienste seien nicht unterbrochen.
Punjabs Ministerpräsident Bhagwant Mann von der Antikorruptionspartei AAP
erklärte, die Behörden würden gegen alle Unruhestifter vorgehen. „Wir sind
eine zu 100 Prozent säkulare Partei, wir machen keine Politik im Namen von
Religion und Kaste.“
Am Wochenende war es vor mehreren indischen Auslandsvertretungen zu
Protesten gegen die „indische Unterdrückung“, die „widerrechtliche
Inhaftierung von Amritpal Singh und die Massenzensur von
Menschenrechtsmedien“ gekommen. An der Botschaft in London wurde Indiens
Flagge heruntergerissen, in San Francisco die Fassade des Konsulats
beschädigt.
Vor der britischen Botschaft in Delhi kam es darauf am Dienstag zum
Gegenprotest gemäßiger Sikhs. Inzwischen haben Indiens Behörden mehrere
Twitter-Accounts sperren lassen, deren Nutzer der Nähe zu khalistanischen
Separatisten verdächtigt werden. Darunter sind auch kanadische
Regierungsbeamte.
22 Mar 2023
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Sikhs
Separatismus
Internetsperren
Indien
Narendra Modi
Kanada
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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