# taz.de -- Tutsi in Ostkongo: „Nie wieder“ gilt überall | |
> Die Warnungen vor einem Völkermord gegen die Tutsi in Ostkongo sind ernst | |
> zu nehmen. Das alte Gedankengut droht wiederaufzuleben. | |
Bild: Kigali, Ruanda, 2019: Gedenkfeier zur Erinnerung an den Völkermord an de… | |
Nicht jeder Völkermordvorwurf bedeutet, dass es tatsächlich einen | |
Völkermord gibt, und nicht jedes Massaker aufgrund ethnischer Zuordnung ist | |
ein genozidaler Akt. Aber wenn Überlebende und Nachfahren der Opfer des | |
Massenschlachtens in Ruanda 1994, als innerhalb weniger Monate eine Million | |
Tutsi organisierten Massakern zum Opfer fielen, in Vorfällen direkt hinter | |
der Grenze in der Demokratischen Republik Kongo einen neuen Völkermord | |
erkennen, muss man das ernst nehmen. | |
1994 schaute die Weltgemeinschaft weg – beziehungsweise sie schaute zu und | |
zuckte mit den Achseln. Der Völkermord blieb unvollendet, denn Ruandas | |
Tutsi ergriffen die Macht, aber aus den flüchtigen Tätern Ruandas wurden | |
Täter im Kongo – und die gesamte Bevölkerung im Osten Kongos ist seitdem in | |
einem Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, Unsicherheit und Angst | |
gefangen. | |
Die globale Sensibilität dafür ist gering, wenn nicht komplett inexistent. | |
Die ruandische Schriftstellerin Scholastique Mukasonga beschreibt in einem | |
ihrer Romane, wie sich ihre Tutsi-Protagonistin nur noch auf dem Friedhof | |
wohl fühlt – unter ihresgleichen. Im Kongo gibt es kaum Friedhöfe für die | |
vielen Opfer des Horrors der vergangenen Jahrzehnte. | |
Manche Demagogen predigen dort als „endgültige Lösung“ für Kongos Proble… | |
die Verteufelung Ruandas und die Vernichtung der Tutsi. Je mehr die | |
Erinnerung an das Grauen von 1994 verblasst, desto unbekümmerter machen | |
sich anscheinend manche Kongolesen, die damals noch gar nicht geboren | |
waren, dieses unselige Gedankengut zu eigen. | |
## Im Schatten der Ukraine | |
International [1][monopolisiert der Krieg in der Ukraine die | |
Aufmerksamkeit] – verständlicherweise, denn er stellt einen fundamentalen | |
Angriff auf die internationale Staatenordnung dar, wie es ihn seit 1945 | |
nicht mehr gegeben hat. Aber damit verschwinden Kriege und Konflikte | |
anderswo aus der internationalen Wahrnehmung – sei es in Syrien, Myanmar, | |
Äthiopien, der Zentralafrikanischen Republik oder eben in der | |
Demokratischen Republik Kongo. Auch diese Konflikte werfen fundamentale | |
Fragen auf, jeweils ganz unterschiedliche, und von den Antworten darauf | |
hängt das Leben – und Sterben – von Millionen ab. | |
Werden die betroffenen Menschen damit auf Dauer alleingelassen, stirbt die | |
Idee der Weltgemeinschaft an sich. [2][Falls sie im Afrika der Großen Seen | |
nicht schon längst tot ist], ein unsichtbares Opfer des Völkermords von | |
1994, in dessen Folge alle Gesellschaften der Region nur noch im Modus der | |
unbarmherzigen Selbstverteidigung operieren. Wenn der Weltgemeinschaft | |
schon sonst nichts einfällt: Einer Wiederholung des Grauens müsste sie | |
entschlossen entgegentreten. | |
5 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Afrika-und-der-Ukraine-Krieg/!5888582 | |
[2] /Vor-der-Praesidentschaftswahl-in-Burundi/!5213951 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Ostkongo | |
Tutsi | |
GNS | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
M23-Rebellen | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rebellen im Kongo: Teilrückzug über die Baumgrenze | |
In der Demokratischen Republik Kongo sollen die M23-Rebellen ihre Kontrolle | |
abgeben. Sie verschwinden von den Straßen und formieren sich dann neu. | |
Papst Franziskus auf Afrikareise: Kongo im Papstfieber | |
Das Oberhaupt des Vatikans besucht die Demokratische Republik Kongo. Die | |
katholische Kirche dort ist eine der aktivsten und mutigsten der Welt. | |
Brutaler Mord im Kongo: Gelyncht, weil er Tutsi war | |
Der kongolesische Armeemajor Kaminzobe wurde von einer Miliz grausam | |
umgebracht. Es lag an seiner Ethnie, sagen Banyamulenge-Tutsi. | |
Waffenstillstand und UNO-Drohungen: Neuer Friedensplan für Ostkongo | |
Der neue Waffenstillstand und die Drohung der UNO mit Gewalt sollen die | |
Kämpfe im Osten des Landes beenden. Die Regierung akzeptiert eine | |
Beschränkung ihrer Aktionsfreiheit. |