# taz.de -- Sanierung des Pergamonmuseums: Babylon mit Baugerüst | |
> Obwohl die erste Phase noch nicht abgeschlossen ist, beginnt im Oktober | |
> die Sanierung des Südflügels. Bis zur Fertigstellung dauert es wohl bis | |
> 2037. | |
Bild: Für die Sanierungsarbeiten wird das Ischtar-Tor in eine klimatische Schu… | |
BERLIN taz | Trotz der jahrtausendealten Menschheitsgeschichte, die an den | |
Exponaten im Pergamonmuseum schon vorbeigegangen sind, wirkt die | |
Ankündigung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz am Montag beim Hinweis | |
auf die Zeitspannen doch wie eine halbe Ewigkeit: Ab dem 23. Oktober soll | |
das gesamte Pergamonmuseum für vier Jahre schließen, die Sanierungsarbeiten | |
für den Südflügel werden voraussichtlich sogar erst 2037 abgeschlossen | |
sein. Episch sind auch die veranschlagten Kosten des Projekts, die sich auf | |
insgesamt 1,5 Milliarden Euro belaufen könnten. | |
„Es war keine leichte Entscheidung“, kommentierte die Pressesprecherin der | |
Stiftung, Birgit Jöbstl, die Entscheidung gegenüber der taz. Ursprünglich | |
war geplant, beide Flügel des 1930 fertiggestellten Museumsgebäudes | |
getrennt zu sanieren und so das Museum für den Publikumsverkehr durchgängig | |
offen zuhalten. [1][Bereits 2013 begannen die Sanierungsarbeiten des | |
Nordflügels], der auch den berühmten Pergamonaltar beinhaltet. Doch | |
aufgrund zahlreicher Verzögerungen sind die Arbeiten immer noch nicht | |
abgeschlossen. | |
Da der marode Zustand des Südflügels mittlerweile ein Sicherheitsrisiko für | |
die Exponate darstelle, habe man aber nicht länger mit dem Beginn der | |
Sanierungsarbeiten warten wollen, erklärt Barbara Hellwing, Direktorin des | |
im Südflügel beheimateten Vorderasiatischen Museums, der taz. „Es sind 93 | |
Jahre vergangen, seitdem das Museum das erste Mal eröffnet hat“, und das | |
mache sich bemerkbar. Bei Sturm und Regen hielten die Glasdächer nicht | |
dicht, es komme immer wieder zu Wasserschäden. Große Probleme mit der | |
Statik gebe es auch mit dem sumpfigen Berliner Baugrund. „Wenn da | |
irgendwann mal etwas wegsackt, wird es richtig schwierig“, warnt Hellwing. | |
Die extrem lange Sanierungsdauer von 14 Jahren ergibt sich aus den | |
zahlreichen Herausforderungen, die das „Bauen im Welterbe“, wie | |
Pressesprecherin Jöbstl es beschreibt, mit sich bringt. „Bei so einer alten | |
Bausubstanz stößt man immer wieder auf Überraschungen, die eine Anpassung | |
der Planung erfordern.“ So habe man zum Beispiel bei den Bauarbeiten im | |
Nordflügel ein historisches Pumpenhäuschen gefunden, das in keinem Plan | |
eingezeichnet gewesen sei. Auch wegen solcher Fälle bedarf es ständiger | |
Rücksprachen und Absprachen mit den Denkmalschutzbehörden, sicher planbar | |
sei kaum Schritt. | |
## Ischtar-Tor bis 2037 nicht öffentlich | |
Dazu kommt, dass die Exponate der Museen zunächst in Sicherheit gebracht | |
werden müssen. Keine einfache Aufgabe, so wiegt das schwerste Exponat, eine | |
Büste des mesopotamischen Wettergottes Hadad, über 12 Tonnen. Viele der | |
Objekte werden in Depots zwischengelagert, wo sie umfassend restauriert | |
werden, andere werden als Leihgabe der Öffentlichkeit präsentiert. | |
„Wir werden nicht einfach rumsitzen und warten“, kündigt Hellwing an. Neben | |
Ausstellungen in anderen Museen plane man auch einen virtuellen Rundgang, | |
mit dem man die Ausstellungen des Südflügels trotz Sanierungsarbeiten | |
erleben kann. | |
Das dürfte aber nur ein schwacher Trost für | |
Museumslieberhaber:innen sein, denn weltberühmte Exponate wie die | |
blau gekachelte Rekonstruktion des Ischtar-Tors und die | |
[2][Prozessionsstraße von Babylon] werden sie bis mindestens 2037 nicht | |
mehr in echt zu Gesicht bekommen. Die Exponate sind fest verbaut und lassen | |
sich nicht einfach so abtransportieren. Damit sie während der | |
Sanierungsarbeiten keinen Schaden nehmen, werden sie in eine klimatische | |
Schutzhülle eingebaut und sind ständig mit millimetergenauen Sensoren | |
überwacht, sollte es während der Bauarbeiten zu Setzungen in dem Gebäude | |
kommen. | |
Die Sanierung erfolgt im Rahmen des [3][Masterplans Museumsinsel], den der | |
Berliner Senat bereits 1999 beschlossen hat. Damals ging man von einer | |
Fertigstellung des Projekts bis 2009 und Gesamtkosten von 250 Millionen | |
Euro aus. Doch im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu Verzögerungen und | |
Kostensteigerungen. Allein die Sanierung des Nordflügels, die | |
voraussichtlich erst 2025 abgeschlossen sein wird, hat 489 Millionen Euro | |
gekostet. Für den zweiten Abschnitt sind rund 720 Millionen Euro | |
veranschlagt. Zusätzlich wird ein Puffer von 300 Millionen Euro für Risiken | |
und Preissteigerungen miteinkalkuliert, was eine Gesamtsumme von rund 1,5 | |
Milliarden Euro ergibt. | |
## Unterirdischer Verbindungsweg geplant | |
Gemäß dem Masterplan wird das Gebäude nicht nur saniert, sondern auch | |
erweitert. Geplant ist neben einem neuen Verbindungsflügel auch ein | |
„archäologische Promenade“ genannter Rundweg, der durch die Keller und | |
Erdgeschosse die Gebäude des Pergamon- und Bodemuseums, der Alten | |
Nationalgalerie und der neugebauten James-Simons-Galerie miteinander | |
verbinden soll. Bislang müssen Besucher:innen komplett um die | |
Museumsinsel herumlaufen, um in die jeweils anderen Eingänge zu gelangen. | |
Trotz des noch weit entfernten – und alles andere als sicheren – | |
Wiedereröffnungstermins 2037 blickt Direktorin Hellwing optimistisch in die | |
Zukunft. Durch die Erweiterungen würde sich die Fläche des Museums fast | |
verdoppeln. „Das obere Geschoss können wir dann ganz frei gestalten.“ In | |
Planung sei zum Beispiel eine Keilschrift-Bibliothek. | |
29 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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