# taz.de -- Hoffenheim beendet Negativserie: Hoffen mit Grund | |
> Mit dem 3:1-Sieg über Hertha BSC versucht die TSG Hoffenheim zu beweisen, | |
> dass sie mit dem richtigen Trainer auf dem richtigen Weg ist. | |
Bild: Wichtige Spiele werden per Kopf entschieden: Hoffenheims Robert Skov (r.)… | |
Nach dem Schlusspfiff versuchte sich Alexander Rosen in der Rolle als | |
Walter Ulbricht: Nein, niemand habe die Absicht gehabt, den Trainer zu | |
entlassen, falls Pellegrino Matarazzo auch sein sechstes Spiel verloren | |
hätte, sagte der Hoffenheimer Sportdirektor ebenso feinfühlig wie | |
wahrheitswidrig. Wobei ehrlicherweise hinzuzfügen ist, dass er das Wort | |
„niemand“ dann doch nicht verwandt hat. Stattdessen sagte er, es habe „ke… | |
Ultimatum gegeben“. Letztlich war das aber auch egal, denn auch in Sinsheim | |
wird kein Trainer entlassen, wenn sein Team 3:1 gewinnt und dazu noch so | |
überzeugend auftritt wie Hoffenheim es gegen die jämmerlichen Berliner am | |
Samstag tat. | |
Und natürlich hätte eine Entlassung Matarazzos auch Rosen selbst | |
beschädigt. Der Mann, der seit fast zehn Jahren Manager der TSG ist, war es | |
schließlich gewesen, der den ehemaligen Stuttgarter Coach im Februar gegen | |
erhebliche Widerstände als Nachfolger von André Breitenreiter durchgesetzt | |
hatte. | |
Aus Hoffenheimer Sicht kam zum Glück Hertha, die am Samstag überzeugender | |
denn je nachwies, warum sie das auswärtsschwächste Team der Liga ist. „Ich | |
glaube, niemand im Stadion hatte heute das Gefühl, dass Hertha gewinnt“, | |
sagte dann auch TSG-Mittelfeldspieler Christoph Baumgartner nach dem Spiel | |
völlig zurecht. Und schob ein paar eindeutige Sätze hinterher: „Die | |
Matarazzo-raus-Thematik hat uns noch mal einen Push gegeben. Kein Spieler | |
bei uns hätte es okay gefunden, wenn er hätte gehen müssen. Er macht es | |
sensationell gut.“ | |
Damit stellt sich natürlich die Frage, auf wessen Betreiben eine | |
Matarazzo-Entlassung denn dann erfolgt wäre. Der Kicker hatte bereits am | |
Donnerstag berichtet, [1][dass der Spielerberater Roger Wittmann („Rogon“)] | |
im Februar als Nachfolger des freigestellten André Breitenreiter den | |
ehemaligen Sandhäuser Coach Kenan Kocak vorgesehen hatte. Am Samstag | |
entrollten die Fans erneut ein Transparent mit der Forderung: „Wittmann im | |
Verein entmachten“. | |
## Schmeichler und Tröster | |
Davon, dass das Spieler-Trainer-Verhältnis intakt ist, konnten sich die | |
Zuschauer am Samstag in ein paar weiteren Szenen überzeugen: Als Andrej | |
Kramaric, der mit zwei verwandelten Elfmetern die Basis für den Sieg | |
geschaffen hatte, ausgewechselt wurde, klatschte er von sich aus mit dem | |
Trainer ab – und das, obwohl der unter ihm keinen Stammplatz mehr hat. | |
Allerdings hatte Matarazzo ihm vor der Partie auch geschmeichelt, indem er | |
ihm das Potenzial attestierte, „uns zum Klassenerhalt zu schießen“. Einen | |
tröstenden Klaps gab Matarazzo auch Munas Dabbur mit, der nach wenigen | |
Sekunden Einsatzzeit und einem üblen Foul an Dodi Lukebakio vom Platz | |
musste. | |
Dabei hatten die munteren Hoffenheimer auch am Samstag erst mal nicht viel | |
aus ihrer deutlichen Überlegenheit gemacht. Doch wenn man denkt, es geht | |
nicht mehr, kommt von irgendwo ein Handelfmeter her – diesmal war er | |
allerdings genauso berechtigt, wie der darauf folgende Foulelfmeter, die | |
Kramaric beide nutzte (24./38.). Doch erst nach dem 3:0 durch Ihlas Bebou | |
(51.) glaubte dann auch Matarazzo an den Sieg und die damit einhergehende | |
Rettung des eigenen Arbeitsplatzes. | |
Während er sich nach den ersten beiden Treffern eher innerlich gefreut | |
hatte, brach nun die Erleichterung aus ihm heraus. Und auch die rote Karte | |
hatte auf das Spielgeschehen nur insofern Einfluss, als [2][die Berliner | |
Hilflosigkeit] nun noch offensichtlicher wurde. Immerhin gelang in der | |
Nachspielzeit noch das 1:3 durch Stevan Juvetic. Nach einem Auftritt, bei | |
dem ihre Mannschaft nicht einmal in 25 Minuten Überzahl annähernd | |
konkurrenzfähig waren, hatten selbst die Berliner Fans Mitleid mit ihrer | |
Elf. Statt einer Standpauke bekamen die Spieler, die in Erwartung verbaler | |
Prügel Richtung Gästekurve geschlichen waren, minutenlange Aufmunterndes zu | |
hören. Nach allem, was man am Samstag (nicht) gesehen hat, wird die Hertha | |
die in den kommenden Wochen auch dringend brauchen. | |
[3][Auch die Diskussion um den Einstieg des Investors 777] dürfte den | |
Verein weiter begleiten. In Sinsheim wurden die Hertha-Auswärtsfahrer von | |
einigen hundert KSC-Fans unterstützt – beide Gruppierungen sind seit | |
Jahrzehnten befreundet. Im an den Gästeblock angrenzenden Bereich hissten | |
Hertha-Sympathisanten ein Protestplakat („Investoren unerwünscht“) und | |
lösten damit ein kleines Scharmützel mit Ordnern und Heimfans aus, das die | |
Gästefans für eine Weile vom traurigen Vortrag ihrer Mannschaft ablenkte. | |
19 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Ruf | |
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