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# taz.de -- Opposition in der Türkei: Die Anti-Erdoğan-Front bröckelt
> Die türkische Opposition wollte mit einem gemeinsamen
> Präsidentschaftskandidaten im Mai gegen Erdoğan antreten. Daraus wird nun
> nichts.
Bild: Sprengt das Bündnis: Meral Aksener (Iyi-Partei) fordert Ekrem Imamoglu (…
Istanbul taz | Das für die im Mai geplanten [1][Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen in der Türkei] gegründete Oppositionsbündnis ist geplatzt.
Meral Akşener, Vorsitzende der Iyi-Partei, der zweitgrößten Partei in dem
Sechs-Parteien Bündnis, erkärte in einer aufsehenerregenden Pressekonferenz
am Freitagnachmittag, ihre Partei könne den Kandidaten der übrigen fünf
Parteien, den Vorsitzenden der CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, nicht mittragen.
„Unser gemeinsames Projekt ist an dem persönlichen Ehrgeiz eines der
Mitglieder gescheitert“, sagte Akşener, ohne einen Namen zu nennen. „Für
den Ehrgeiz dieses Mannes haben wir die Iyi-Partei nicht gegründet“. Zum
Abschluss ihrer Pressekonferenz forderte sie den Istanbuler
Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu oder wahlweise den Oberbürgermeister von
Ankara Mansur Yavaş auf zu kandidieren. Beide gehören ebenfalls der CHP,
beide würde die Iyi-Partei unterstützen.
Akşener begründete ihren Schritt damit, dass sowohl İmamoğlu als auch Yavaş
gemäß Umfragen wesentlich aussichtsreichere Präsidentschaftskandidaten
wären als Kemal Kılıçdaroğlu. Sie habe in monatelangen Reisen durch das
Land mit vielen Menschen gesprochen, die sich überwiegend gegen
Kılıçdaroğlu als Kandidaten ausgesprochen hätten.
Der Konflikt um den gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten der
Sechser-Opposition gärt seit Monaten hinter den Kulissen. Dies führte dazu,
dass die Opposition die Bekanntgabe ihres Kandidaten immer wieder
verzögerte. Dabei war immer wieder durchgesickert, dass Akşener in
Kılıçdaroğlu zwar einen klugen Strategen hinter den Kulissen sieht, ihn
aber als Präsidentschaftskandidaten für ungeeignet hält.
Kılıçdaroğlu ist seit Mitte der Nullerjahre Vorsitzender der CHP und hat
seitdem etliche Wahlen gegen Erdoğan verloren. Kılıçdaroğlu hat kein
Charisma und ist ein schlechter Wahlkämpfer. Außerdem gehört er der
religiösen Minderheit der Aleviten an und hat schon deshalb bei den
mehrheitlich sunnitischen Wählern schlechte Chancen.
## Erdoğans Angstgegner
İmamoğlu dagegen ist das genaue Gegenteil: Er kann es als Wahlkämpfer mit
Erdoğan aufnehmen, er hat Charisma und ist als gläubiger Sunnit in vielen
Wählergruppen anschlussfähig. Außerdem ist er seit seinem Wahlsieg in
Istanbul 2019 der Angstgegner Erdoğans.
Deshalb hat Erdoğan [2][mehrere Gerichtsverfahren gegen İmamoğlu] einleiten
lassen, von denen eines bereits in erster Instanz zu einer Verurteilung
İmamoğlus wegen Beleidigung des Hohen Wahlrates geführt hat. Seitdem haben
die Anhänger Kılıçdaroğlus als Argument angeführt, man könne İmamoğlu …
nominieren, weil dieser vielleicht noch vor dem Wahltag auch in letzter
Instanz verurteilt werde – und dann Politikverbot erhalten würde.
Akşener hat diesen taktischen Einwand nie akzeptiert und stattdessen weiter
für İmamoğlu getrommelt. Für den Fall, dass sie die anderen
Parteivorsitzenden nicht von İmamoğlu überzeugen können würde, hatte sie
den ebenfalls in Umfragen sehr gut dastehenden Bürgermeister von Ankara,
Mansur Yavaş vorgeschlagen.
Beide Vorschläge aber hat Kılıçdaroğlu beharrlich abgelehnt. Stattdessen
hat er mehrfach alle Bürgermeister der CHP, also auch İmamoğlu und Yavaş,
verpflichtet, seine Kandidatur als Parteivorsitzender zu unterstützen.
Kılıçdaroğlu hat zwar nun seine Bürgermeister diszipliniert und auch die
vier Vorsitzenden der anderen Oppositionsparteien hinter sich gebracht,
doch deren kleine Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind, bringen
nur wenig Gewicht auf die politische Waagschale. Ohne Akşeners
rechtsnationale Iyi-Parti rückt ein Sieg gegen Erdoğan in weite Ferne.
Kemal Kılıçdaroğlu
3 Mar 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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Präsidentschaftswahl in der Türkei
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