# taz.de -- Wahlen in der Türkei: Opposition schießt Eigentor | |
> Das Bündnis, das Erdogan ablösen wollte, scheitert an einer Einigung über | |
> den Gegenkandidaten. Für den Autokraten ist das ein Geschenk des Himmels. | |
Bild: Ekrem Imamoglu und Mansur Yavas | |
Monatelang hat das türkische Oppositionsbündnis von sechs Parteien | |
miteinander verhandelt. Zuerst über gemeinsame politische Ziele wie die | |
Wiedereinführung der parlamentarischen Demokratie und die Rückabwicklung | |
der Präsidialdiktatur oder die Wiederherstellung der Gewaltenteilung. Was | |
die Opposition aber vor allem eint, ist ihre Gegnerschaft zum amtierenden | |
Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. | |
Deshalb war von Beginn an der wichtigste Punkt, einen gemeinsamen | |
Präsidentschaftskandidaten gegen Erdoğan aufzustellen, denn nur so gäbe es | |
eine realistische Chance, den amtierenden Autokraten abzulösen. Genau an | |
der Frage aber [1][hat es nun geknallt]. [2][Meral Aksener], die | |
Vorsitzende der zweitgrößten Partei des Bündnisses, hat von Anfang an | |
klargemacht, dass sie Kemal Kilicdaroglu, den Vorsitzenden der CHP, der | |
größten Partei des Bündnisses, nicht für einen geeigneten | |
Präsidentschaftskandidaten hält. | |
Sie wollte keinen Kandidaten ihrer eigenen Partei, sondern entweder den | |
Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu oder den Bürgermeister von | |
Ankara, Mansur Yavas. Beide gehören ebenfalls der CHP an, aber beide liegen | |
in Umfragen mit Erdoğan gleichauf oder sogar vor ihm, während Kilicdaroglu | |
in der Gunst der WählerInnen weit abgeschlagen ist. | |
Trotzdem hat Kilicdaroglu an seiner Kandidatur festgehalten und auch seine | |
beiden Parteimitglieder, İmamoğlu und Yavas verpflichtet, ihn zu | |
unterstützen. Nun sagen manche Leute, [3][nach dem Erdbeben] liegt Erdoğan | |
so darnieder, dass die Opposition auch einen Besenstiel aufstellen könnte | |
und würde trotzdem gewinnen. Aksener ist nicht dieser Meinung, sondern sie | |
will den stärksten Kandidaten. | |
Das [4][Problem von İmamoğlu_] ist, dass er bereits in erster Instanz | |
verurteilt wurde und als Kandidat vor der Schwierigkeit stünde, dass er | |
noch vor dem Wahltag auch in letzter Instanz verurteilt und damit als | |
Kandidat aus dem Rennen genommen werden könnte. Aksener hat aber völlig zu | |
Recht darauf bestanden, man könne nicht einfach den Parteivorsitzenden der | |
stärksten Partei der Opposition zum Kandidaten machen, wenn der erkennbar | |
von den Wählerinnen nicht gewollt wird. | |
Will die Opposition ihre Chancen für die Wahl im Mai erhalten, muss sie | |
sich nun dringend einigen. Sonst zerstört sie die Hoffnungen von Millionen | |
von TürkInnen, die nach 20 Jahren endlich einen anderen Präsidenten als | |
Erdoğan haben wollen. | |
3 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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