Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Emojis und andere Widrigkeiten: Wasserpistole ja, Stagediving nein
> Welches Emoji passt zu wem? Und zu einem selbst? Eine Frage, die viel
> existenzieller ist, als es zunächst aussieht.
Bild: Rund 3500 Emojis sind gerade im Unicode und die einzige Schusswaffe ist e…
Kürzlich fiel ich mal wieder in einen Abgrund des digitalen Lebens. Jemand
erzählte mir, eigentlich beiläufig, sich jetzt endlich, endlich für ein
Signature- Emoji entschieden zu haben. Ähm, was? Dachte ich erst. Bis ich
eine Sekunde später verstand: Ein Emoji, das man unter
Messenger-Nachrichten setzt, wenn sich gerade kein anderes inhaltlich
aufdrängt. Und das die eigene Persönlichkeit in der üblichen
witzig-nachdenklich-ironisch-beiläufigen Netzansprechhaltung auf den Punkt
bringt.
Die Auswahl ist jedenfalls eine echte Herausforderung – und zwar ganz
unironisch. Schließlich sind viele Emojis alles andere als eindeutig. Zum
Beispiel der Smiley, der kopfüber lächelt. Steht er nun für Ironie? Für
Sich-lachend-auf-dem-Boden-kugeln, was nur noch jemand ROFL schreibt, der
das Icon für die Emoji-Auswahl noch nicht gefunden hat? Oder wollte die
Absenderin einfach nur ein lachendes Gesicht und fand die zahlreichen
anderen zu langweilig?
Und wenn schon ein simples Lach-Emoji Zweifel auslösen kann – was ist dann
erst mit dem Zwinkergesicht? Den diversen Herzen? Mit der Aubergine? Und
der Chili-Schote? Zumal die meisten Emojis unterschiedlich dargestellt
werden – je nachdem ob die Nutzer:innen sie im Browser, bei Android,
Apple, Facebook, Gmail oder jeweils einem anderen der zahlreichen Dienste
verwenden.
Alleine über die unterschiedlichen Darstellungen des Nagellack-Emojis ließe
sich eine abendfüllende Debatte führen. Rot, rosa oder lila? Die Hand
gerade oder schräg? Und warum ist da eigentlich keine Farbe und Handform,
die etwas non-binärer daherkommt?
Da ist es doch viel leichter, Signature-Emojis für andere zu finden. Olaf
Scholz zum Beispiel bekommt gleich mal die gute alte Mauer aus roten
Backsteinen. [1][Nancy Faeser darf von ihren Innenminister-Vorgängern das
Überwachungsauge übernehmen] und der FDP-Finanzminister signalisiert mit
gekreuzten Armen schon von Weitem, [2][gut sichtbar, sein Nein], bevor er
auch nur die Frage gehört hat.
## Gespenst versus Roboter
[3][Zu RWE gehörte eigentlich die angezündete Bomb]e, aber weil das in
diesen Zeiten nicht geht, muss das Rauchverbot-Zeichen herhalten. Das
49-Euro-Ticket verdient die Sanduhr, und der Kapitalismus hat längst das
Gespenst gegen den Roboter getauscht. Die Erde bekäme das schmelzende
Gesicht, daher bleibt für die Wohnungsmärkte der deutschen Großstädte nur
das vor Hitze rot angelaufene.
[4][Rund 3.500 Emojis sind gerade im Unicode] – umso spannender also zu
schauen, was nicht dabei ist. Ein Stagediving-Emoji? Fehlt. Ebenso wie eine
Windkraftanlage. Wie soll Robert Habeck da glücklich werden? Auch nicht
drin: die Merkel-Raute. Daraus Rückschlüsse auf die digitalpolitische
Bedeutung der ehemaligen Kanzlerin zu ziehen ist natürlich unzulässig.
Immerhin: Nicht nur Windkraft ist nicht drin, auch Kohle- und
Atomkraftwerke fehlen. Dafür gibt es zwei echte Dinosaurier – die in den
meisten Darstellungen eher knuffig als gefährlich aussehen. Und die einzige
Schusswaffe ist eine Wasserpistole.
Die Auswahl neuer Emojis trifft übrigens das [5][Unicode-Konsortium]. In
dem haben vor allem die großen Tech-Konzerne das Sagen. Konzerne also, die
in Sachen Algorithmen, Transparenz, Hatespeech und besserer Moderation nur
dann aktiv werden, wenn der Druck aus Politik und Gesellschaft doch arg zu
groß wird. Wie gut, dass sie da mit knuffigen Dinos und rosarot lackierten
Fingernägeln ein bisschen nette Welt spielen können.
3 Mar 2023
## LINKS
[1] /Ampel-streitet-ueber-Massenspeicherung/!5876702
[2] /Koalitionsstreit-ueber-Energiepolitik/!5915958
[3] /RWE-Kraftwerke-schaden/!5910646
[4] https://www.statista.com/chart/17275/number-of-emojis-from-1995-bis-2019/
[5] https://home.unicode.org/membership/members/
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Kolumne Digitalozän
Internet
Emojis
Kolumne Digitalozän
Kolumne Digitalozän
Algorithmus
Kinder
Kolumne Digitalozän
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kleine Pausen im Alltag: Matrixlöcher bei Whatsapp
Die Brötchentaste hat es zu Bekanntheit gebracht. Leider nur für
Autoparkende. Warum eigentlich? Brötchentasten für alle würden vieles
erleichtern.
An der Selbstscan-Kasse: Karmapunkte sammeln im Supermarkt
Bezahlen heißt in Lebensmittelläden meist: warten. Die Alternative: Kassen
zum selber scannen. Doch dabei stellen sich mitunter existenzielle Fragen.
Algospeak auf TikTok und Instagram: Wtf heißt „slip n slide“?
Auf Tiktok entwickelt sich eine Art Geheimsprache, um Zensur durch den
Algorithmus zu umgehen. Was macht das mit dem offenen Diskurs?
Anreiz durch Gamification: Duschen mit Habeck und Konfetti
Umweltbewusstes und klimaschonendes Verhalten wird im realen Leben viel zu
selten direkt belohnt. Zum Glück gibt es die Digitalisierung.
Im Konflikt mit dem Elefantenkühlschrank: 2:0 für die Technik
Der Kühlschrank piept und der Fahrassistent fährt seine eigenen Wege.
Technik, die den Alltag erleichtern soll – aber zu oft das Gegenteil tut.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.