# taz.de -- Deutsche Industrie in Fernost: Krach um China-Strategie bei BASF | |
> Der Chemieriese will 10 Milliarden Euro in China investieren – daran | |
> störte sich Vorständin Saori Dubourg. Nun verlässt sie den Dax-Konzern. | |
Bild: Saori Dubourg während einem Vortrag im Jahr 2019 | |
BERLIN taz | 1996 hatte sie dort nach ihrem BWL-Studium im Marketing | |
angefangen, nun verkündete BASF mit zwei dürren Sätzen den Abgang von Saori | |
Dubourg. Lange galt die 51-Jährige Vorständin als potentielle Nachfolgerin | |
von Vorstandschef Martin Brudermüller. Auch Bayer-Chef Werner Baumann | |
sollte sie laut Gerüchten beerben. Doch nun endete ihr Vertrag mit BASF | |
abrupt bereits zum 28. Februar – und damit über zwei Jahre früher als | |
geplant. | |
Seit 2017 saß die gebürtige Augsburgerin im Vorstand und war dort zuletzt | |
für die Unternehmensbereiche Monomers, Performance Materials und | |
Petrochemicals sowie Intermediates verantwortlich. Zudem war sie für die | |
Region Europa zuständig. Seit 2020 saß Dubourg auch im Rat für nachhaltige | |
Entwicklung der Bundesregierung. Sie verlasse BASF „im besten | |
Einvernehmen“, hieß es in einer [1][knappen Mitteilung]. Auch aus | |
Aufsichtsratskreisen von BASF hört man aber das Gegenteil. | |
Offenbar hatte sich Dubourg gegen das [2][rege BASF-Engagement in China] | |
ausgesprochen. In der Provinz Guangdong baut der Dax-Konzern gerade einen | |
riesigen neuen Verbund-Standort – es soll der drittgrößte des Unternehmens | |
werden und bereits der zweite dieser Art in China. Kosten: rund zehn | |
Milliarden Euro bis 2030. | |
Nicht zuletzt seit der im Ukraine-Krieg deutlich gewordenen Abhängigkeit | |
Deutschlands von autoritären Regimes wie Russland fragen sich viele, was | |
passiert, wenn China Taiwan überfällt. Und, ob Konzerne wie VW, Siemens | |
oder eben BASF, die einen Großteil ihres Umsatzes im Reich der Mitte | |
erzielen, diese Abhängigkeit im Konfliktfall nicht teuer zu stehen kommen | |
könnte. | |
## Milliarden-Investitionen in Fernost | |
Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung deshalb den Einstieg von | |
chinesischen Investoren bei deutschen Hightech-Firmen gestoppt. Die | |
Minderheitsbeteiligung eines chinesischen Konzerns an einem Hafenterminal | |
in Hamburg wurde aber ermöglicht. | |
Nach BASF-Lesart sind die Milliarden-Investitionen in Fernost notwendig für | |
die Entwicklung des Unternehmens. „China repräsentiert schon heute mehr als | |
40 Prozent des globalen Chemiemarkts und bleibt in dieser Dekade der größte | |
Wachstumsmarkt in der Chemie“, sagt BASF-Finanzchef Hans-Ulrich Engel. | |
Derzeit steuere China 15 Prozent zum Konzernumsatz bei. „Wir sind als | |
weltweiter Spieler in China unterrepräsentiert“, so Engel. | |
BASF-Chef Brudermüller geht sogar noch weiter: Europa als Standort verliere | |
kontinuierlich an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Für Investitionen | |
in der Region, die er als überreguliert bezeichnete, spreche nicht mehr | |
viel. | |
Auch im schlechtesten Szenario, dass man die Anlagen etwa wegen Sanktionen | |
nicht nutzen könne, würde dies BASF „nicht unter Wasser bringen“, sagt | |
Engel. „Falls China isoliert werden würde, zum Beispiel wegen eines | |
Angriffs auf Taiwan, bekommen wir weltwirtschaftlich allerdings ein ganz | |
anderes Szenario – in einer Dimension, die ich mir nicht ausmalen möchte“ | |
Dubourgs Nachfolger im Vorstand wird ab März Stephan Kothrade, der seit | |
1995 für BASF arbeitet. Mit Technologiechefin Melanie Maas-Brunner ist nun | |
nur noch eine Frau im BASF-Vorstand. Das Unternehmen legt an diesem Freitag | |
seine Zahlen für 2022 vor. | |
23 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.basf.com/global/de/media/news-releases/2023/02/p-23-141.html | |
[2] /Wirtschaftslage-in-Deutschland/!5906835 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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