# taz.de -- Reaktion auf Todesurteil gegen Deutschen: Baerbock weist Diplomaten… | |
> Zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft müssen Deutschland verlassen. | |
> Teheran reagiert mit Einreisesperren für Politiker auf EU-Sanktionen. | |
Bild: Nach dem Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd hatte Friedrich Merz ein noch… | |
TEHERAN/BERLIN dpa/afp/taz | Die Bundesregierung hat als Reaktion auf das | |
[1][Todesurteil eines Gerichts in Teheran gegen den Deutsch-Iraner Djamshid | |
Sharmahd] zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Das teilte Außenministerin | |
Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwoch in Berlin mit. | |
Baerbock erklärte, sie habe angesichts des Todesurteils den Geschäftsträger | |
der iranischen Botschaft einbestellen lassen. Eine solche Einbestellung | |
gilt als scharfes diplomatisches Mittel. Dem Geschäftsträger sei mitgeteilt | |
worden, „dass wir die massive Verletzung der Rechte eines deutschen | |
Staatsangehörigen nicht akzeptieren“, teilte die Außenministerin weiter | |
mit. Als Folge habe die Bundesregierung zwei Angehörige der iranischen | |
Botschaft zu unerwünschten Personen erklärt und mit kurzer Frist | |
aufgefordert, Deutschland zu verlassen. | |
Baerbock betonte erneut: „Wir fordern Iran auf, das Todesurteil für Jamshid | |
Sharmahd zu widerrufen und ihm ein faires und rechtsstaatliches | |
Berufungsverfahren zu ermöglichen.“ | |
Keine konkreten Angaben machte das Auswärtige Amt zu Namen und Positionen | |
der ausgewiesenen Diplomaten. Ein Ministeriumssprecher sagte lediglich, man | |
habe die beiden Personen „so gewählt, dass dem Iran die Tragweite der | |
Reaktion in angemessener Weise deutlich wird“. Gleichzeitig habe der | |
deutsche Botschafter in Teheran im iranischen Außenministerium „deutlich“ | |
gegen das Todesurteil protestiert. | |
## Aus Dubai entführt | |
Die iranische Justiz hatte am Dienstag mitgeteilt, dass Sharmahd wegen | |
Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden sei. Der Deutsch-Iraner sei der | |
Anführer einer terroristischen Vereinigung und an Anschlägen beteiligt | |
gewesen. Er sei daher wegen „Korruption auf Erden“ schuldig gesprochen | |
worden. | |
Der in Teheran geborene Sharmahd war in Deutschland aufgewachsen und 2003 | |
in die USA ausgewandert. Er gehört der Oppositionsgruppe Tondar (deutsch: | |
Donner) an, die auch als „Kingdom Assembly of Iran“ bekannt ist. Sie lehnt | |
das politische System der Islamischen Republik Iran ab und tritt für die | |
Wiedereinführung der Monarchie in dem Land ein. | |
Der Iran hatte Sharmahds Festnahme im August 2020 bekannt gegeben. Nach | |
Angaben seiner Familie wurde der 67-jährige Deutsch-Iraner, der zuletzt in | |
den USA lebte, bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst | |
entführt und in den Iran verschleppt. Im Februar 2022 begann sein Prozess. | |
## Merz fordert Ausweisung des Botschafters | |
Schon vor der Ausweisung der zwei iranischen Diplomaten hatte CDU-Chef | |
Friedrich Merz ein noch schärferes Vorgehen gegen Teheran gefordert. | |
„Dieses Urteil darf nicht ohne Folgen bleiben“, schrieb er in einem | |
Gastkommentar für die Bild-Zeitung. Der iranische Botschafter persönlich | |
müsse aus Deutschland ausgewiesen werden. | |
„Die Bundesregierung, Europa, die USA und die Vereinten Nationen müssen den | |
Iran in die Schranken weisen – mit allen Mitteln, die der freien Welt zur | |
Verfügung stehen“, forderte Merz. „Wir müssen alles tun, damit dieses | |
Unrechtsurteil nicht vollstreckt wird. Dazu gehört auch, den iranischen | |
Botschafter in Berlin des Landes zu verweisen.“ | |
Mit dem Urteil hätten die „selbst ernannten Revolutionsrichter“ im Iran | |
„erneut gezeigt, wie wenig ein Menschenleben für sie zählt“, schrieb der | |
CDU-Chef. „Sie entführen, verschleppen, foltern und morden, um jeden Funken | |
von Widerstand im Lande zu ersticken.“ | |
## Sanktionen gegen Abgeordnete | |
Der Iran hat derweil wegen neuer EU-Sanktionen gegen die Führung in Teheran | |
Gegensanktionen verhängt – unter anderem gegen Bundestagsabgeordnete. Wie | |
das iranische Außenministerium am Dienstag mitteilte, wurden insgesamt 23 | |
Personen und 13 Organisationen auf eine Sanktionsliste gesetzt. Die | |
Strafmaßnahmen umfassen demnach Einreisesperren und das Einfrieren | |
möglicher Vermögenswerte im Iran. | |
Betroffen von den Strafmaßnahmen sind unter anderem die | |
Bundestagsabgeordneten Renata Alt (FDP), Roderich Kiesewetter (CDU) sowie | |
Michael Roth (SPD). Sie hatten sich jüngst kritisch zum Iran geäußert. Die | |
französische Gleichstellungsministerin Isabelle Rome sowie Frankreichs | |
Industrieminister Roland Lescure wurden ebenfalls auf die Sanktionsliste | |
gesetzt. Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in | |
Deutschland, wurde mit Sanktionen belegt. | |
[2][Die EU-Außenminister hatten am Montag in Brüssel] wegen der schweren | |
Menschenrechtsverletzungen rund um die jüngste Protestwelle im Iran neue | |
Strafmaßnahmen beschlossen. Diese trafen 32 Personen und zwei | |
Organisationen. Neben Gefängnisdirektoren, Staatsanwälten und Richtern | |
wurden auch der iranische Kulturminister Mohammed-Mehdi Esmaeili sowie | |
Bildungsminister Jussef Nuri auf die Sanktionsliste gesetzt. | |
Auslöser der landesweiten [3][Proteste im Iran war der Tod der iranischen | |
Kurdin Jina Mahsa Amini]. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, | |
nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen | |
Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Die Proteste gegen die | |
repressive Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem haben die | |
politische Führung in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten gestürzt. | |
22 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Todesurteil-in-Teheran/!5914190 | |
[2] /EU-Aussenminister-zu-Russland/!5917559 | |
[3] /Proteste-in-Iran/!t5884344 | |
## TAGS | |
Proteste in Iran | |
Schwerpunkt Iran | |
Friedrich Merz | |
Teheran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Sicherheitskonferenz | |
Atomabkommen mit Iran | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kritik an Baerbocks Iran-Politik: „Es braucht klare Parteinahme“ | |
Die iranischen Revolutionsgarden gehören auf die EU-Terrorliste, sagt | |
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Außenministerin Baerbock agiere zu | |
zaghaft. | |
Todesstrafe in Iran: Kurdischer Aktivist hingerichtet | |
Iran hat einen weiteren Gefangenen exekutiert. Indes fordert die Familie | |
des verurteilten Jamshid Sharmahd von Deutschland „maximale Eskalation“. | |
Todesurteil in Teheran: Deutsch-Iraner zum Tode verurteilt | |
Jamshid Sharmahd gehört zur Dissidentengruppe „Kingdom Assembly of Iran“. | |
Seine Familie darf kaum Kontakt zu ihm haben und kritisiert den Prozess als | |
unfair. | |
Iran bei der Münchner Sicherheitskonferenz: Exil-Opposition nicht vergessen | |
Auf der Münchener Sicherheitskonferenz waren Kritiker*innen des Irans | |
vertreten. Zeit für Gespräche hatte die deutsche Regierung nicht. Ein | |
Fehler? | |
Uran im Iran: Hat Teheran bald eine Atombombe? | |
Im Iran soll hochangereichertes Uran lagern. Die UN-Atombehörde und die | |
Regierung verhandeln. Das Atomabkommen liegt weiter auf Eis. |