# taz.de -- Todesurteil in Teheran: Deutsch-Iraner zum Tode verurteilt | |
> Jamshid Sharmahd gehört zur Dissidentengruppe „Kingdom Assembly of Iran“. | |
> Seine Familie darf kaum Kontakt zu ihm haben und kritisiert den Prozess | |
> als unfair. | |
BEIRUT taz/afp | Der Deutsch-Iraner [1][Jamshid Sharmahd] ist in Iran nach | |
einem Schauprozess zum Tode verurteilt worden. Ein Revolutionsgericht in | |
Teheran macht den 67-Jährigen unter anderem für einen Terroranschlag | |
verantwortlich. Das gab das Justizportal Misan am Dienstag bekannt. Gegen | |
das Urteil könne vor dem obersten Gerichtshof Berufung eingelegt werden. | |
Die Justiz warf Sharmahd „Korruption auf Erden“ vor. Sie unterstellt ihm | |
die [2][Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten] und macht ihn für die | |
Planung von Terroranschlägen verantwortlich. | |
Die [3][Familie Sharmahds] sowie Menschenrechtsorganisationen kritisieren | |
den Prozess als unfair und politisch motiviert. Sharmahd habe kein faires | |
Gerichtsverfahren oder Zugang zu einem unabhängigen Anwalt seiner Wahl und | |
konsularischer Unterstützung bekommen. | |
Der Familie wird der Kontakt weitestgehend verwehrt, Sharmahd sitzt in | |
Einzelhaft. Während eines Telefongesprächs im März 2021 berichtete er, dass | |
er fast 20 Kilo an Gewicht verloren habe und dass einige seiner Zähne | |
während der Haft gezogen worden seien. | |
Das letzte Mal gesehen hat Gazelle Sharmahd ihren Vater im März 2020. Der | |
iranische Geheimdienst hatte ihn in Dubai entführt und nach Iran | |
verschleppt. Er ist Teil der Dissidentengruppe „Kingdom Assembly of Iran“, | |
deren militärischer Arm den Namen „Tondar“ (Donner) trägt. Auf ihrer | |
Website, die nur noch über das Internetarchiv verfügbar ist, beschreibt sie | |
sich als Gruppe von „Patrioten, die gegen das islamische Regime im Iran | |
gekämpft haben“. Sie möchte die „Islamische Republik“ stürzen und die | |
iranische Monarchie aus den Jahren vor 1979 wiederherstellen.Das iranische | |
Regime unterstellt ihr, für Terroranschläge verantwortlich zu sein. | |
## Ausländische Staatsbürger als politische Geiseln festgesetzt | |
Jamshid Sharmahd identifizierte sich mit den Zielen der politischen Gruppe | |
und begann 2004 als Admin ihrer Webseite zu arbeiten. Später lieferte er | |
Material für den oppositionellen Radio- und Fernsehsender von Tondar. Als | |
die Webseite 2007 durch Cyperattacken angegriffen und sein Name | |
veröffentlicht wurde, machte Sharmahd unter Klarnamen als Sprecher der | |
Gruppe weiter. | |
Jamshid Sharmahd wurde in Teheran geboren und zog mit sieben Jahren mit | |
seiner Familie nach Deutschland. Er wuchs in Niedersachsen auf und ist seit | |
1995 deutscher Staatsbürger. 1997 gründete er ein Softwareunternehmen, das | |
hauptsächlich in der Elektronik- und Automobilindustrie tätig ist. 2003 zog | |
er mit seiner Familie in die USA, nach Los Angeles. | |
Die Führung in Teheran ist bekannt dafür, ausländische | |
Staatsbürger*innen als politische Geiseln festzusetzen. Teheran | |
begründet die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage. Der | |
Austausch von Gefangenen war auch ein Thema bei den wiederaufgenommenen | |
Verhandlungen um ein Atomabkommen zwischen den USA und Iran. | |
Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger*innen in Iran inhaftiert. | |
Weil Iran nicht zulässt, dass seine Bürger*innen ihre Staatsbürgerschaft | |
abgeben, sind sie Doppelstaatsbürger*innen. Iran behandelt sie juristisch | |
wie Iraner*innen. Das macht es schwieriger für die Botschaften, für sie | |
einzustehen. Unklar ist, ob Sharmahd konsularischen Beistand von der | |
deutschen Botschaft in Teheran erhalten kann. | |
## Bundesregierung verurteilt das Todesurteil | |
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat das vom Iran verhängte | |
Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd als „absolut | |
inakzeptabel“ bezeichnet. „Nicht nur ist die Todesstrafe grausam, | |
unmenschlich und erniedrigend, Jamshid Sharmahd hatte auch zu keinem | |
Zeitpunkt nur den Ansatz eines fairen Prozesses“, hieß es in einer in | |
Berlin veröffentlichten Erklärung Baerbocks am Dienstag. Zugleich kündigte | |
die Ministerin an, die Verhängung der Todesstrafe werde „eine deutliche | |
Reaktion zur Folge haben“. | |
CDU-Chef Friedrich Merz hatte Anfang Januar angekündigt, eine politische | |
Patenschaft für Jamshid Sharhmahd zu übernehmen. Er hatte dem iranischen | |
Botschafter in Berlin einen Brief geschrieben, in dem er unter anderem | |
forderte, zu erklären, was genau Sharmahd vorgeworfen wird. | |
21 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Justiz-im-Iran/!5834076 | |
[2] /Prozess-gegen-Deutsch-Iraner-in-Teheran/!5862893 | |
[3] /Deutsch-Iraner-droht-Todesstrafe/!5909928 | |
## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
## TAGS | |
Proteste in Iran | |
Schwerpunkt Iran | |
Annalena Baerbock | |
Friedrich Merz | |
Teheran | |
Proteste in Iran | |
Abgeordnetenhaus | |
Schwerpunkt Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Sicherheitskonferenz | |
Schwerpunkt Iran | |
Proteste in Iran | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Jamshid Sharmahd in iranischer Haft: Die Gunst der Stunde nutzen | |
Das Telefonat von Sharmahd mit seiner Tochter könnte ein Signal für | |
Kompromissbereitschaft sein. Jetzt gilt es, sich für den Deutschen | |
einzusetzen. | |
Zum Tode verurteilter Deutsch-Iraner: Freilassung gefordert | |
Die grüne Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses Bahar Haghanipour setzt | |
sich für den 68-jährigen Djamshid Sharmahd ein. | |
Todesurteil in Iran: Schwedisch-Iraner droht Hinrichtung | |
Die iranische Justiz hat ein Todesurteil gegen einen schwedischen | |
Staatsbürger bestätigt. Habib Chaab soll für Terrorangriffe verantwortlich | |
sein. | |
Inhaftierter Iraner über Einzelhaft: „Es gibt kein Zurück“ | |
Zehn Jahre muss ein junger Iraner in Haft. Im Gespräch erzählt er von | |
Folter bei Verhören, dass er nichts bereut und hofft, dass die Proteste | |
andauern. | |
Todesstrafe in Iran: Kurdischer Aktivist hingerichtet | |
Iran hat einen weiteren Gefangenen exekutiert. Indes fordert die Familie | |
des verurteilten Jamshid Sharmahd von Deutschland „maximale Eskalation“. | |
Reaktion auf Todesurteil gegen Deutschen: Baerbock weist Diplomaten aus | |
Zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft müssen Deutschland verlassen. | |
Teheran reagiert mit Einreisesperren für Politiker auf EU-Sanktionen. | |
Iran bei der Münchner Sicherheitskonferenz: Exil-Opposition nicht vergessen | |
Auf der Münchener Sicherheitskonferenz waren Kritiker*innen des Irans | |
vertreten. Zeit für Gespräche hatte die deutsche Regierung nicht. Ein | |
Fehler? | |
Pressefreiheit im Iran: Die Angst vor den Worten | |
Iran lässt einige politische Gefangene wieder frei. Doch das Regime | |
verschärft seinen Kurs gegen kritische Journalistinnen. | |
Iranische Oppositionelle in Deutschland: 24 mutmaßliche Agent:innen | |
Irans Nachrichtendienste spähen Oppositionelle in Deutschland aus oder | |
schüchtern sie ein. Das zeigt eine Stellungnahme der Bundesregierung. |