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# taz.de -- Bestechungsverfahren in Italien: Berlusconi kommt erneut davon
> Berlusconi, bekannt durch „Bunga-Bunga-Partys“ mit Minderjährigen, soll
> in einem Justizverfahren Zeug*innen gekauft haben. Er geht straffrei
> aus.
Bild: „Bunga-Bunga“ wird unmissverständlich mit Berlusconi assoziiert – …
Rom taz | Freispruch statt der von der Staatsanwaltschaft beantragten sechs
Jahre Knast: Wie schon so oft zuvor ist Silvio Berlusconi erneut in einem
Prozess ungeschoren davongekommen.
Das am Mittwoch gefällte Urteil des Mailänder Gerichts, vor dem sich
Berlusconi gemeinsam mit 25 weiteren Angeschuldigten verantworten musste,
galt dem Vorwurf, er habe sich der Bestechung in einem Justizverfahren
schuldig gemacht, sprich: Er habe Zeug*innen gekauft.
Worum es genau ging, zeigte schon der Name, mit dem der Prozess in der
italienischen Öffentlichkeit bekannt ist: „Ruby ter“, sprich das dritte
Verfahren rund um Ruby. Jene Ruby heißt im bürgerlichen Leben [1][Karima El
Mahroug], und die junge, heute 30-jährige Frau verkehrte mit 17 Jahren,
sprich als Minderjährige, am Hof Berlusconis, der seinerzeit regelmäßig
dutzende Mädchen für seine „Bunga-Bunga-Partys“ anheuern ließ und sie
offenkundig auch großzügig bezahlte.
Zum Skandal wurde die Geschichte, als El Mahroug nach der Schlägerei mit
einem anderen Mädchen in Mailand von der Polizei festgenommen wurde – und
als der damalige Ministerpräsident[2][Berlusconi] selbst dann mit einem
Anruf beim Mailänder Polizeipräsidenten ihre umgehende Freilassung
durchsetzte.
## Wusste Berlusconi, dass „Ruby“ minderjährig war?
Zum Fallstrick wurde ihm allerdings, dass „Ruby“ noch nicht volljährig war;
dies brachte ihm die Anklage wegen Prostitution einer Minderjährigen ein.
In jenem Prozess gab es dann zwar am Ende einen Freispruch, weil das
Gericht nicht als erwiesen ansah, dass Berlusconi um das wirkliche Alter El
Mahrougs wusste.
Doch zugleich sah die Staatsanwaltschaft starke Indizien dafür, dass El
Mahroug sowie zahlreiche der anderen als Zeuginnen angehörten
Teilnehmerinnen der Bunga-Bunga-Partys kräftig von Berlusconi geschmiert
worden waren, um die Richter anzulügen und stattdessen die Version des
Angeklagten von den „eleganten Abendessen“ bei sich zu Hause zu
untermauern.
Deshalb wurde Berlusconi samt zahlreichen Zeuginnen der Bestechung und
Bestechlichkeit in einem Justizverfahren angeklagt, in jenem Prozess, der
jetzt nach sechs Jahren Dauer mit Freisprüchen für alle endete.
An den Finanztransaktionen gibt es keinen Zweifel. Doch das Gericht warf
mit dem jetzt gefällten Freispruch der Staatsanwaltschaft vor, sie sei
unkorrekt mit den Zeuginnen umgegangen. Den Ermittlern sei nämlich schon in
den beiden ersten Prozessen klar gewesen, dass die jungen Frauen
potentielle Beschuldigte seien; entsprechende Ermittlungen gegen sie seien
damals schon gelaufen. Deshalb hätten sie aber nicht als einfache Zeuginnen
– mit der Verpflichtung, wahrheitsgetreu auszusagen – in den vorherigen
Ruby-Prozessen vernommen werden dürfen, sondern als potentiell
Beschuldigte, die als solche die Aussage hätten verweigern dürfen.
## Berlusconi werde „politisch verfolgt“, so seine Partei
Damit aber waren all jene laut Staatsanwaltschaft gekauften Zeugenaussagen,
auf die sich jetzt die Anklage stützte, nicht mehr im Prozess verwertbar,
und dem Gericht blieb nichts anderes als der Freispruch. Berlusconi bleibt
straffrei, auch wenn in der Sache keineswegs festgestellt wurde, dass er
nicht zu Bestechung gegriffen und – so die Anklage – gut 10 Millionen Euro
lockergemacht hat, fünf Millionen davon allein für Karima El Mahroug, um
sich ihm passende Aussagen zu erkaufen.
Dennoch tönten am Mittwoch unmittelbar nach Verkündung des Freispruchs
diverse Politiker*innen aus Berlusconis [3][Partei Forza Italia],
erneut zeigte sich, dass die Justiz den mittlerweile 86-jährigen Milliardär
„politisch verfolgt“ habe, weshalb jetzt im Parlament ein
Untersuchungsausschuss gegen die Staatsanwält*innen eingesetzt werden
müsse, und auch die Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die Berlusconi zu
ihren Koalitionspartnern zählt, sprach von einer „sehr guten Nachricht“.
16 Feb 2023
## LINKS
[1] /Berlusconi-und-die-Justiz/!5111523
[2] /Einflussnahme-bei-ProSiebenSat1/!5900813
[3] /Neue-Regierung-in-Italien/!5889949
## AUTOREN
Michael Braun
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