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# taz.de -- Die Wahrheit: Kochen mit Knarren
> Ein neuer Trend schwappt aus den USA zu uns herüber: Schusswaffen jetzt
> auch in der Küche. Nie wurde Gemüse schneller zerkleinert.
Bild: Ein Topf voller Bleispritzen – so macht Kochen Spaß
Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Deutschen, die einen Waffenschein
besitzen, stark an. Auch die Hersteller einschlägiger
Totmachergerätschaften melden rapide wachsende Umsätze. Bei Heckler & Koch
hängen längst vergoldete Wasserhähne in der Werkstoilette, ein dreizehntes
Sturmgewehr jährlich und kostenlose Munition („All you can shoot“) für al…
Mitarbeiter sind üblich.
Die Politik reagiert mit hilflosen Erklärungsversuchen: „abnehmendes
Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung“, „Videospiele machen gewaltsüchtig…
oder „Fahrradfahrer halten sich oft nicht an die Regeln“. Dabei ist die
Erklärung simpel. Immer mehr Menschen folgen einem neuen Trend, der aus den
USA zu uns „herüber geballert“ ist, wie der renommierte
Sozialwissenschaftler Karl-Heinz Kolt von der Universität der Bundeswehr in
Neubiberg bei München erläutert: „Kochen mit Schusswaffen kommt derzeit
ganz groß in Mode.“
Die Einsatzmöglichkeiten der Schießeisen in der zeitgenössischen Küche sind
vielfältig und werden dank der Kreativität der Netzgemeinde ständig
erweitert. Die Nutzung von Schusswaffen zur Herstellung geschmackvoller
Gerichte ist in den USA entsprungen, dem Mutterland des Veganismus. Schon
in den neunziger Jahren beschäftigte sich dort die chinesisch-amerikanische
Starköchin Meiming Wesson mit dem Problem, dass Fleischnazis, um an ihre
Hauptnahrungsquelle, blutiges totgeschossenes Tier, zu gelangen,
umstandslos Gebrauch von Pistolen und Gewehren machen können. Veganer
hingegen lungern erst monatelang neben Beeten herum und sehen Knollen und
Blättern beim Wachsen zu, ehe sie dann stunden- und tagelang in der Küche
stehen und Gemüse schnipseln, das sich in den seltensten Fällen kooperativ
zeigt, also sich von selbst zerlegt. Für Meiming Wesson ein ungerechter
Vorgang.
## Zoff mit Partner
Nachdem sie wieder einmal Zoff mit ihrem Geschäftspartner und
Lebensgefährten Rowdy Smith hatte, mit ihm betrieb sie in Los Angeles einen
landesweit berühmten Gemüse-Ramen-Tofu-Burger-Deli, den „Wesson & Smith’s
Vegan Super Booth“, riss Meiming Wesson der Geduldsfaden. Sie griff zur
Waffe – die sie, wie sie später in ihrer Autobiografie schrieb, „eh
irgendwie immer am Gürtel trug, keine Ahnung“.
Denn sie hatte vier Tage lang am Schneidebrett gestanden und mehrere Tonnen
Salatgurken zersäbelt, als Smith in die Küche kam und sie anschnauzte, ob
sie jetzt endlich auch mal die gelben Rüben stifteln könnte. Die
empathiebefreite Ansprache geriet zu einem Schuss in den Ofen. Meiming
Wesson drückte ab und versenkte das komplette Magazin ihrer
Fünfundvierziger in einem Haufen Weißkohl, Kohlrabi, Chicorée und
Auberginen. Als sich der Rauch verzog und der kreidebleiche Smith die
erhobenen Arme langsam wieder sinken ließ, starrte er fassungslos auf das
Gemetzel.
Es dauerte nur kurz, bis Wesson und Smith gleichzeitig der selbe geniale
Gedanke – bildlich gesprochen – durch den Kopf schoss. Die beiden
versöhnten sich an Ort und Stelle. Wobei die Frage bleibt, ob menschliche
Körpersäfte als vegan gelten dürfen. Nach dem Sex jedenfalls luden sie nach
und verarbeiteten mit lediglich ein paar Tausend Schuss den Bedarf einer
ganzen Woche.
Die neue, maximal effiziente Methode, Gemüse aller Sorten zu zerkleinern,
sprach sich in der veganen Szene Südkaliforniens schneller herum, als eine
Pistolenkugel fliegt. Bald schon forderten Vertreter der Republikanischen
Partei einen Bewaffnungszwang für ausnahmslos jeden Haushalt, da sich alle
Bürger jederzeit mit ungeschnittenem Gemüse konfrontiert sehen könnten
und es dann zu spät wäre, um auf staatliche Einsatzkräfte, die Sliced
Vegetable Investigative National Executives (SVINE), zu warten.
## MPS für Kartoffeln
Das permanente Geballere, das bald landesweit in privaten Küchen und
jeglicher Art von Gastronomie anhub, bescherte alsbald der Waffenindustrie
einen Wachstumsschub wie zuletzt nur der Zweite Weltkrieg. Das Angebot von
speziellen Kugelspritzen für alle möglichen Gemüsesorten explodierte. Es
gibt inzwischen speziell angepasste Pistolen für Kohl, MPs für Kartoffeln,
Revolver für Blattspinat, MGs für Kürbisse und zahllose weitere neue
Produkte auf dem Markt der Küchengeräte, der bald auch den
militärisch-industriellen Komplex schluckte – roh und unzerteilt.
Funfact: Der fürchterliche Streit, der in den USA eben noch die Gemüter
erhitzt hatte, ob es ökologischer und moralischer sei, mit Gas oder mit
Strom zu kochen, verstummte, ehe er sich zur globalen Megakrise ausweitete.
Dem gewaltfreien Waffeneinsatz von Meiming Wessing und Rowdy Smith sei
Dank!
Die beiden Knalltüten werden jetzt als Topp-Kandidaten für den
Friedensnobelpreis gehandelt. Wie wir finden: Mehr als verdient!
7 Mar 2023
## AUTOREN
Theobald Fuchs
## TAGS
Waffen
USA
Kochen
Die Wahrheit
Schwerpunkt Klimaproteste
Kongress
9-Euro-Ticket
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