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# taz.de -- Religiöse Diskriminierung: Und ewig droht der Feminismus
> Warum ist der christlich-konservative Kampf gegen die „Gender-Ideologie“
> auch einer gegen Frauenrechte? Ein Gastbeitrag.
Bild: Skulpturen von Adam und Eva an der Neugotischen Kirche St. Peter, Nürnbe…
In der Katholischen Wochenzeitung Tagespost erschien vergangenen November
ein Artikel, der alle Vorbehalte und Ängste konservativ-christlicher Kreise
gegen ihr gemeinsames Feindbild der „Gender-Ideologie“ in sich vereinte:
„Gottlos“ und „atheistisch“ sei das Gender-Denken, es [1][„manipulier…
Sprache“] und „unterwerfe“ Menschen einer Ideologie, in der nicht mehr die
Beziehung zu Gott im Mittelpunkt stehe. Auch nicht die Liebe zwischen Mann
und Frau, sondern allein die „ethisch zu gestaltende Beziehung der
Sexualpartner untereinander“, bei der es weder auf die sexuelle
Orientierung noch auf den Bund der sakramentalen Ehe ankomme.
Hier erreicht die Empörung einen ersten Höhepunkt. Schlussendlich gipfelte
die Kritik an Gender-Theorien in dem Vorwurf, es handele sich um den
ultimativen Angriff auf die Schöpfungsvorstellung. Gott habe den Menschen
nun mal als Mann und Frau geschaffen. Hinter [2][Anfeindungen gegen trans
Personen] fallen Bedenken gegenüber der sexuellen Orientierung zurück.
In Artikeln wie dem gerade zitierten erscheint die „Gender-Ideologie“ als
sich verselbstständigende Bedrohung. Oder, um es mit den Worten von
Gabriele Kuby zu sagen, als ein „Sauerteig, der die gesamte Gesellschaft
durchsäuert und zerstört“.
Kern dieser auch transfeindlichen Abwertung ist bereits die schlichte
Möglichkeit, dass sich geschlechtliche Identität jenseits der Binarität von
Mann und Frau denken lassen könnte. Schon in dem bloßen Infragestellen von
Sex und Gender lauert nämlich die vermeintliche Gefahr von Beliebigkeit und
Relativismus, mit denen [3][Kinder und Jugendliche von früh an
indoktriniert] würden. Manche Autor*innen meinen darin gar den Marxismus
in neuem Gewand zu erkennen, der erneut das Christentum zerstören und eine
Einheitsgesellschaft schaffen wolle, in der alle „natürlichen“ Differenzen
der Geschlechter nivelliert seien und es keine Freiheit mehr gebe.
Spätestens hier zeigt sich, wie diese erregte Gender-Kritik und der
spezifisch christlich-konservative Antifeminismus sich gegenseitig
bedingen: Weil in der Bibel, genauer im 1. Buch Mose, zu lesen sei, dass
Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen habe (Gen 1,27), und weil
die so geschaffenen Männer und Frauen (das steht allerdings nicht mehr in
der Bibel) über „spezifisch männliche“ und „spezifisch weibliche“
Eigenschaften verfügten. Deswegen seien Frauen (und zwar von Gott gewollt)
auf bestimmte Rollen festgelegt.
Gemäß göttlichem Willen und Auftrag, dass [4][Frauen Kinder bekommen
können], sei es das Wesen der Frau, dienend, aufopfernd, sorgend und
nährend zu sein. Insbesondere in der katholischen Logik liegt darin keine
Diskriminierung – schließlich ist dies Gottes besonderer Heils- und
Schöpfungswille, universal gültig für „die“ Frau, deren „spezifisch
weibliche“ Eigenschaften determinieren, was ihr guttut, was sie braucht,
was sie sich wünscht und wie sie ihr Leben zu gestalten hat.
Und damit sind wir endgültig beim Antifeminismus angekommen: Der Ausschluss
von Ämtern und Öffentlichkeiten, geringere Bezahlung und [5][eine prekäre
Rente] müssten nun mal in Kauf genommen werden, denn weil „die“ Frau als
Mutter bei den Kindern und sorgend im Haus sein will, stellt sie die
Familie an die erste Stelle. Auch wenn sie deswegen weniger verdient, keine
Karriere macht und weniger Möglichkeiten hat, verwirkliche sie ihr Wesen
als Frau.
Der erbitterte Kampf christlich-konservativer Kreise gegen die bloße
Möglichkeit [6][vielfältiger Geschlechteridentitäten] offenbart, worum es
geht: die Angst vor einer Welt, in der „spezifisch männliche“ und
„spezifisch weibliche“ Eigenschaften eben nicht von Gott gewollt im
Menschen angelegt sind. Denn damit wäre der biologistischen Begründung
männlicher Vorherrschaft in der Gesellschaft der Nährboden entzogen.
10 Mar 2023
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[6] /Soziologin-ueber-Transgender/!5865423
## AUTOREN
Gunda Werner
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Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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Bremen
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