# taz.de -- Leipziger Buchmesse setzt Zeichen: Buchmesse ohne Islamisches Zentr… | |
> Die Leipziger Buchmesse lehnt die Anmeldung des Islamischen Zentrums | |
> Hamburg ab. Laut Verfassungsschutz unterstützt es das Regime in Iran. | |
Bild: Unerwünscht in Leipzig: das Islamische Zentrum Hamburg mit Sitz in der B… | |
HAMBURG taz | Die Leipziger Buchmesse hat die Anmeldung des Islamischen | |
Zentrums Hamburg (IZH) abgelehnt. Sie begründet das beim | |
Kurznachrichtendienst Twitter mit dessen enger Verbindung zum iranischen | |
Regime. Laut [1][Hamburger Verfassungsschutz unterstütze es dessen | |
menschenrechtsverletzendes Vorgehen]. | |
In den letzten Tagen hatte unter anderem Volker Beck, Vorsitzender der | |
Deutsch Israelischen Gesellschaft und früherer Grüner | |
Bundestagsabgeordneter, Kritik an der Zulassung des IZH geäußert und sowohl | |
die Leipziger Buchmesse als auch die Beauftragte der Bundesregierung für | |
Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), aufgefordert, sich dagegen zu | |
wenden. Dass nun tatsächlich die Ablehnung erfolgt, ist laut der Sprecherin | |
der Leipziger Buchmesse, Julia Lücke, Ergebnis einer längeren rechtlichen | |
Prüfung. | |
Noch kurz zuvor hatte es von Seiten der Buchmesse gegenüber t-online | |
geheißen, dass ein Ausschluss rechtlich nicht möglich sei: Als Unternehmen | |
in öffentlicher Trägerschaft dürfe die Messe nur dann ausschließen, wenn | |
ein Verlag nachweislich gegen Recht und Gesetz verstoße. Dies sei beim | |
Islamischen Zentrum nicht der Fall. | |
Zwar wird das Zentrum seit Jahren vom Hamburger Verfassungsschutz | |
beobachtet, das Bundesinnenministerium prüft, ob eine Schließung möglich | |
ist – noch ist dies aber nicht geschehen. | |
## „Außenposten des Teheraner Regimes“ | |
Das IZH, in dessen Blauer Moschee sich die Hamburger Schiit:innen | |
versammeln, wird bereits seit 1993 vom Verfassungsschutz beobachtet. Der | |
beschreibt das Zentrum als ideologischen, organisatorischen und personellen | |
„Außenposten des Teheraner Regimes in Europa“. Aus Briefen zwischen dem IZH | |
und der iranischen Regierung gehe hervor, dass der aktuelle Leiter des | |
Zentrums, Mohammad Hadi Mofatteh, direkt an das Büro des Revolutionsführers | |
angebunden sei. | |
Die Verantwortlichen, so der Verfassungsschutz, träten aber nicht offen | |
islamistisch auf, sondern inszenierten das IZH als „interkulturelle und | |
interreligiöse Begegnungsstätte, um als Gesprächspartner in Politik, Kultur | |
und Gesellschaft akzeptiert zu werden“. | |
Gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hat das IZH geklagt, noch | |
steht das Urteil des Verwaltungsgerichts dazu aus. Im November vergangenen | |
Jahres ist das Zentrum bereits nach öffentlichem Druck aus der Schura, dem | |
Verband der Hamburger Islamischen Gemeinden, ausgetreten. Zu der Ausladung | |
in Leipzig hat sich das IZH auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht | |
geäußert. | |
Zu den Details möchte die Buchmesse nichts verraten, es handle sich um | |
„Geschäftsbeziehungen“, sagt Sprecherin Lücke. Immerhin so viel: Die | |
Beobachtung des Islamischen Zentrums durch den Verfassungsschutz sei ein | |
„sehr wichtiger Warnhinweis“. | |
## Aufrufe zum Ausschluss | |
Die Vorsicht kommt nicht von ungefähr: 2006 hat die Leipziger Buchmesse die | |
Rechtsaußen Zeitung Junge Freiheit ausgeschlossen, die erfolgreich dagegen | |
klagte. In den Folgejahren gab es immer wieder [2][Aufrufe an die Messe, | |
rechtsextreme Verlage auszuschließen], was diese aber mit Verweis auf die | |
Meinungsfreiheit als nicht praktikabel zurückwies. | |
Jetzt ist es Lücke vor allem wichtig, darauf hinzuweisen, wo der iranische | |
Widerstand auf der Messe zu Wort kommen wird. So wird es ein Forum zur | |
feministischen Revolte in Iran geben und Veranstaltungen zur iranischen | |
Zivilgesellschaft. | |
Die Reaktionen auf den Ausschluss des IZH sind überwiegend positiv. Volker | |
Beck von der Deutsch Israelischen Gesellschaft schreibt auf Anfrage der | |
taz, dass dies ein „starkes Zeichen der Unterstützung der iranischen | |
Opposition und eine klare Absage an die antiisraelische Propaganda des | |
iranischen Staatsislam in Deutschland“ sei. | |
Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßt die Ablehnung. Der taz | |
schreibt sie: „Eine Organisation, die offenkundig eng mit dem | |
verbrecherischen Mullah-Regime in Iran verbunden ist, hat auf der Leipziger | |
Buchmesse nichts verloren.“ | |
Auf Twitter waren die Reaktionen ebenfalls sehr positiv, viele | |
Nutzer:innen bedankten sich. Nur vereinzelt wurde nachgefragt, warum | |
nicht auch rechte Verlage ausgeschlossen würden. | |
1 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Proteste-gegen-iranisches-Regime/!5882209 | |
[2] /Buchmesse-Frankfurt-und-rechte-Verlage/!5807136 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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