Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sparmaßnahmen beim ORF in Österreich: Heimatpflege gesetzt
> Der ORF soll sparen. Da geht es halt beim Personal los, manche
> Spartenkanäle müssen auch dran glauben. Anderes bleibt dagegen sehr beim
> Alten.
Bild: Für Medien zuständig: Ministerin Dr. Susanne Raab (ORF)
Einen „ORF-Rabatt für die Österreicherinnen und Österreicher“ forderte
Österreichs Medienministerin Suanne Raab (ÖVP) jüngst medienwirksam ein.
Das klingt konsumentenfreundlich und vermeidet eine mühsame Diskussion über
Inhalte und den Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Leitmediums. Der ORF
solle gefälligst sparen, so die Botschaft der Regierung an das ORF-Zentrum
am Wiener Küniglberg, „denn das Geld für den ORF wächst nicht auf den
Bäumen“. Ändert sich nichts, wird dem ORF ein jährliches Defizit von 70 bis
130 Millionen Euro prognostiziert.
Am vergangenen Montag übergab ORF-Generaldirektor Roland Weißmann dem
Stiftungsrat ein Konvolut mit seinen Vorschlägen für Einsparungen in Höhe
von rund 300 Millionen Euro über die nächsten vier Jahre. Wenig später ließ
er auch für die Öffentlichkeit die Katze aus dem Sack. Der Sportkanal soll
verschwinden. ORF Sport+ überträgt gelegentlich Live-Ereignisse, so sie
nicht als wichtig genug für ORF1 erachtet werden. Die meiste Zeit wird
jedoch Füllstoff gesendet, etwa uralte Fußballmatches oder die immer
gleichen Yogaübungen vor pittoresker Kulisse.
Auf der Streichliste steht auch das Radio-Symphonieorchester (RSO). Der
unter anderem Namen bereits 1945 gegründete Klangkörper gehört zu den
besten des Landes und kann mit der [1][US-Amerikanerin Marin Alsop] als
einziges großes Orchester auf eine Frau am Dirigentenpult verweisen. Auch
im Orchestergraben sitzen mehrheitlich Frauen. Das RSO kostet den ORF
jährlich rund 9 Millionen Euro. Über alternative Finanzierungen hat sich
zumindest in der Öffentlichkeit noch niemand in der Regierung den Kopf
zerbrochen, obwohl das RSO für die nächsten Jahre bereits Verpflichtungen
eingegangen ist. Entsprechend vehement sind die Proteste der Kulturszene.
Auch die defizitären Streamingplattformen [2][Flimmit] (europäisches Kino)
und [3][myFidelio] (Klassik) stehen auf der Abschussliste.
Wenn mehr Sport auf ORF1 wandert, kann man auf abgelutschte
US-amerikanische Serien am Vorabend verzichten. „Grosso modo bleibt das
Programm aber gleich“, versprach ORF-Generaldirektor Weißmann. Soweit sich
das bei der dünner werdenden Personaldecke bewerkstelligen lässt. Um die
500 Mitarbeiter, die in den kommenden Jahren in Pension gehen, sollen nicht
ersetzt werden. Mit 2,1 Prozent plus bekam das ORF-Personal dieses Jahr den
niedrigsten Gehaltsabschluss aller Branchen.
## Verordnete Schlankheitskur
Die verordnete Schlankheitskur geht Hand in Hand mit einer
Finanzierungsreform. Statt der von der Gebühren Info Service GmbH (GIS)
eingehobenen Gebühr, die jeder Haushalt mit Empfangsgeräten zu berappen
hat, soll es künftig eine Haushaltsabgabe geben. Der geplanten Umstellung
liegt eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom vergangenen
Juni zugrunde. Das Höchstgericht findet es gleichheitswidrig, dass
Personen, die die ORF-Programme über Laptop, Smartphone oder Tablet
empfangen, von der Gebühr nicht erfasst werden. Die alte Regelung läuft mit
Jahresende aus. Bis dahin muss eine Alternative stehen.
„Das war immer das grüne Modell, auch schon vor der Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofs“, freute sich Eva Blimlinger, Mediensprecherin der
Grünen. Anders als Ministerin Raab, die ihre inhaltlichen Vorstellungen
geheim hält, wünscht sich Blimlinger „die Stärkung des Programmauftrags und
die Sicherung eines unabhängigen und starken Qualitätsjournalismus“. Dem
kann sich die SPÖ anschließen, die auch schon lange für eine
Haushaltsabgabe eingetreten ist. Nicht recht machen kann man es der rechten
FPÖ. Sie wendet sich gegen die „Zwangsgebühr“, die auch Haushalte zahlen
müssten, wo es weder Radio, TV noch Internet gebe. Niedrigverdiener wie
Mindestrentnerinnen sollen allerdings auch in Zukunft von der Abgabe
befreit bleiben.
Derzeit führen die Haushalte – je nach Bundesland – zwischen 22,45 und
28,65 Euro monatlich an die GIS ab. Davon gehen allerdings nur 18,69 Euro
an den ORF. Der Rest fließt als Steuer und Kulturabgabe an den Bund; bis zu
6,20 Euro behalten die Länder ein und finanzieren damit Kriegsopferhilfe
und Heimatpflege (Salzburg), Altstadterhaltung (Wien) oder Musikschulen.
Das Burgenland verleibt das Geld ohne Zweckwidmung dem Landesbudget ein.
Die Abschaffung dieses Zubrots für die Länder steht genauso wenig auf der
Agenda wie eine Verkleinerung der neun Landesstudios, die zur höheren Ehre
des jeweiligen Landeshauptmanns oder der Landeshauptfrau wirken.
21 Feb 2023
## LINKS
[1] /Eine-Frau-kann-alles-tun/!612389/
[2] https://flimmit.at/de/
[3] https://www.myfidelio.at/de/
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
ORF
Österreich
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Medienkrise
Medien
Österreich
Schwerpunkt Landtagswahlen
Österreich
ORF
Schwerpunkt Pressefreiheit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mitgliederbefragung beschlossen: Machtkampf in der SPÖ
Der Machtkampf bei Österreichs Sozialdemokraten soll mit einer Befragung
entschieden werden. Landeshauptmann Doskozil fordert die Parteichefin
heraus.
Landtagswahl in Österreich: Schwere SPÖ-Schlappe im Haider-Land
In Kärnten können die Sozialdemokraten trotzdem ihre bisherige Koalition
mit der ÖVP fortsetzen, möglich wäre aber auch ein rechtes Dreierbündnis.
Medienskandal in Österreich: Das Wunschkonzert verstummt
Schon wieder ein Korruptionsskandal: Der Direktor des
Niederösterreichischen ORF tritt ab, um einem Untersuchungsbericht
zuvorzukommen.
Medienskandal in Österreich: Gegen das „rote Zeckenparadies“
Weiterhin erschüttert der Korruptionsskandal Österreich. Nun sind zwei
Chefredakteure wegen kompromittierender Chats freigestellt.
Journalistischer Zukunftsblick: Mediale Neujahrsvorsätze
Neues Personal, große Versprechen – und nach wie vor jede Menge Krise. Was
2022 medienpolitisch zu erwarten ist.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.