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# taz.de -- ChatGPT als Sci-Fi-Autor: Wer die Zukunft schreibt
> Unsere Autorin schreibt Science-Fiction, Text-KIs können das mittlerweile
> auch. Davor, bald überflüssig zu sein, hat sie aber keine Angst.
Bild: „KI, schreib mir eine Liebesgeschichte“, Platine eines Computers
Ob ich Angst habe, durch [1][ChatGPT] meinen Job zu verlieren? Davor, dass
ich als Autorin nicht mehr gebraucht werde, weil ein Chatbot mit
künstlicher Intelligenz besser, schneller und billiger Texte schreibt? Das
werde ich zurzeit immer wieder gefragt.
Manchmal bin ich geneigt, diese Frage mit „Ja“ zu beantworten. Ja, es ist
vorstellbar, dass das existierende Repertoire menschengemachter Erzählungen
bereits so groß ist, dass eine gut angeleitete Text-KI durch
Neukombinationen daraus Geschichten generiert, die besser sind als solche,
die Menschen neu erfinden. Dann hätte ein Verlag nicht mehr zehn
Autor*innen unter Vertrag, sondern nur noch einen virtuosen
Story-Jockey, der mithilfe einer KI einen unendlichen Strom interessanter
Geschichten erstellt.
Und ja, vielleicht sind wir Menschen auch anspruchsloser, als wir glauben.
Immerhin erzählen wir uns seit Jahrtausenden Geschichten, und wirklich
Neues ist seit „Boy meets Girl“ nicht dazugekommen. Wir Autor*innen sind
zwar überzeugt, dass es eine künstlerische Schöpfungshöhe braucht und das
Publikum menschengemachte Geschichten will, aber vielleicht stimmt das
nicht. Vielleicht sind die Leute mit personalisierten KI-Geschichten sogar
noch glücklicher. Anstatt das Buch einer Autorin zu kaufen, würden sie in
Zukunft ChatGPT selbst anweisen: „Schreibe mir eine Liebesgeschichte, so
tragisch wie Romeo und Julia, so spannend wie ein Film von Quentin
Tarantino, aber im Stil von Terry Pratchett.“ Vielleicht wollen Menschen
genau das.
Aber das glaube ich nicht! Und deshalb fürchte ich mich nicht vor der
Konkurrenz von ChatGPT. Ich glaube, dass Menschen nicht nur das vorgesetzt
bekommen wollen, was sie schon kennen. Sie wollen zwar Vertrautes – aber
doch auch immer Neues in Geschichten entdecken. Denn Geschichten sind seit
Anbeginn der Zivilisation nicht nur Unterhaltung, sondern eine Form der
Kommunikation zwischen Menschen.
## Es fehlt der tiefere Sinn
Das liegt daran, dass der Kern jeder Geschichte der Mensch selbst ist. Und
Menschen interessieren sich am meisten für … Menschen. Geschichten sind
deshalb so faszinierend, weil sie das Bedürfnis befriedigen, an den
innersten Gedanken eines anderen Menschen teilhaben zu können. Unsere
Sprache ist das Kommunikationswerkzeug dazu. Eine KI hingegen benutzt
vorhandene Textbausteine, um Informationen bereitzustellen. Ein tieferer
Sinn oder ein Wille zum Austausch fehlen.
Als [2][Künstlerin könnte ich ChatGPT] benutzen, um meine Arbeit zu
erleichtern. Für Recherchen, schnelle Entwürfe oder technische Details
eignet es sich womöglich gut – für die Ausformulierung der Geschichte und
die Ausarbeitung meiner Figuren nicht. Gerade die Zeit, die ich mit meinen
Figuren verbringe, schafft die emotionale Tiefe, die den Leser*innen
ermöglicht, sich mit ihnen zu identifizieren. Diesen Kern meiner Arbeit
kann und will ich nicht an eine KI auslagern. Immerhin bin ich Autorin
geworden, weil ich das Schreiben liebe.
Am Ende ist es egal, welches Werkzeug ich als Autorin verwende. Geschichten
sind dann gut, wenn sie wahrhaftig sind: wenn die Leser*innen am
Schicksal der Figuren Anteil nehmen und durch sie etwas über sich und das
Leben lernen. Dann haben Geschichten Relevanz, dann interessieren wir uns
für sie. Und ich bin der festen Überzeugung, dass es jeden Tag neue
Geschichten gibt, die es wert sind, erzählt zu werden.
17 Feb 2023
## LINKS
[1] /Kuenstliche-Intelligenz/!5905841
[2] /Kunstprojekt-Edit-Wars-in-Bremen/!5909071
## AUTOREN
Theresa Hannig
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