# taz.de -- Chatbots und Google: Kommen jetzt die KI-Suchmaschinen? | |
> Nach dem Erfolg des Textgenerators ChatGPT hat Google nun einen eigenen | |
> Chatbot vorgestellt, der mit Künstlicher Intelligenz arbeitet. Was heißt | |
> das? | |
Bild: Grüne Männchen vor dem Google-Hauptsitz in Mountain View, Kalifornien | |
Bard heißt das neue Produkt aus dem Hause Google. Diese Woche hat das | |
Unternehmen den Chatbot vorgestellt und die Aufregung ist groß. Warum? | |
[1][Googles Chatbot] ist der zweite sehr leistungsfähige Textgenerator mit | |
Künstlicher Intelligenz (KI), der innerhalb kurzer Zeit vorgestellt wurde. | |
Ende vergangenen Jahres hat das Unternehmen OpenAI [2][ChatGPT] der | |
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dessen Texte sind nicht von menschlichen | |
zu unterscheiden. Nach fünf Tagen verzeichnete der Dienst bereits eine | |
Million Nutzer:innen. Das öffentliche Interesse an der Technologie ist also | |
groß – und auch ihr Disruptionspotenzial, also das Potenzial, einen Markt | |
und möglicherweise auch die Gesellschaft nachhaltig zu verändern. | |
Was plant Google? | |
Bard soll zunächst einem begrenzten Kreis von Nutzer:innen zu | |
Testzwecken zur Verfügung stehen, wie Unternehmenschef [3][Sundar Pichai in | |
einem Blogbeitrag] erklärte. „In den kommenden Wochen“ solle er dann für | |
die breite Öffentlichkeit zugänglich sein. In dem Beitrag erläuterte Pichai | |
das Konzept: Man könne Bard zum Beispiel nutzen, um Ideen für das | |
Mittagessen zu erhalten, basierend darauf, was sich im Kühlschrank | |
befindet, oder Hilfe dabei bekommen, die Entdeckungen des Nasa-Teleskops | |
James Webb einem Kind zu erklären. Bei einer Produktpräsentation am | |
Mittwoch erklärten mehrere Google-Mitarbeiter:innen außerdem, wo jetzt | |
schon KI drin steckt – etwa bei der Bildersuche oder bei der In- und | |
Outdoor-Navigation. Auch Bard soll demnach in die Suche integriert werden. | |
Wie funktioniert ein KI-Chatbot, also ein Textgenerator, der Fragen | |
beantwortet oder Sätze ergänzt? | |
Vereinfacht dargestellt so: Der Algorithmus generiert Texte anhand von | |
Wahrscheinlichkeiten. Also: Mit welcher Wahrscheinlichkeit folgt | |
beispielsweise auf das Wort „Liebe“ ein Name? Und mit welchem Wort wird der | |
Satzanfang „Das Wahrzeichen von Sydney ist“ wahrscheinlich beendet? Damit | |
das Programm diese Wahrscheinlichkeit prognostizieren kann, muss es vorher | |
mit einer immensen Menge an Daten trainiert worden sein. | |
ChatGPT wurde dabei mit einem abgeschlossenen Datensatz trainiert, hat also | |
Ereignisse, die danach passiert sind, nicht in seinem Fundus. Googles Bard | |
soll sich dagegen quasi in einer Art ständigen Weiterbildung befinden, | |
durch aktuelle Veröffentlichungen im Internet. | |
Bei ChatGPT weiß man, dass neben dem maschinellen Lernen auch menschliche | |
Trainer:innen eingesetzt wurden – teilweise allerdings Berichten zufolge | |
unter, vorsichtig ausgedrückt, umstrittenen Arbeitsbedingungen. Die | |
menschliche Komponente bei ChatGPT sollte auch verhindern, dass die KI | |
ebenso abdriftet wie vorherige Chatbots: Microsofts Tay beispielsweise fiel | |
auf Twitter schnell durch sexistische und rassistische Äußerungen auf – | |
nach etwa einem Tag war er wieder vom Netz. | |
Warum geht Google gerade jetzt mit dem Dienst an die Öffentlichkeit? | |
Medienberichten zufolge hat der Erfolg von ChatGPT eine „Alarmstufe Rot“ | |
bei Google ausgelöst. Und die Frage drängend gemacht, wie man der neuen | |
Konkurrenz möglichst bald etwas entgegensetzen könnte. Einer der Gründe | |
dürfte sein, dass der IT-Riese Microsoft maßgeblich an OpenAI beteiligt | |
ist. [4][Microsoft hat bereits angekündigt], ChatGPT unter anderem in seine | |
Suchmaschine Bing einbauen zu wollen. | |
Das ist ein direkter Angriff auf Google, das sich bislang der | |
marktbeherrschenden Stellung seiner Suchmaschine ziemlich sicher sein | |
durfte. Laut dem Analysedienst Statcounter liegt der Marktanteil der | |
Google-Suche seit Jahren ziemlich stabil um die 90 Prozent. Bing dagegen | |
brachte es im Januar gerade einmal auf rund 3 Prozent Marktanteil. | |
Ist Bing in Sachen KI-Suche der derzeit einzige Konkurrent von Google? | |
Nein, es sind diverse weitere im Rennen: Etwa der chinesische Internetriese | |
Baidu. Im März will der Konzern die Entwicklung am KI-Chatbot „Ernie Bot“ | |
abgeschlossen haben, so eine Sprecherin diese Woche gegenüber der | |
Nachrichtenagentur afp. Bereits auf dem Markt ist die KI-Suchmaschine | |
you.com. Gründer ist der KI-Forscher Richard Socher, der zu einem der am | |
meisten zitierten Wissenschaftler:innen im Bereich „natural language | |
processing“, einem der Unterbereiche von KI, gehört. Auch die Suchmaschine | |
Neeva enthält KI, zumindest für US-Nutzer:innen. | |
„Wir haben, seitdem Google seine Suchmaschine auf den Markt gebracht hat, | |
das erste Mal die Situation, dass diese als Marktführer ernsthaft in Frage | |
gestellt werden könnte“, sagt Wolfgang Schulz, Forschungsdirektor des | |
Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft, der taz. | |
Sagen die Chatbots eigentlich immer die Wahrheit? | |
Nein, und das ist eines der großen Probleme von ChatGPT. Die Software | |
generiert eloquente Texte – aber ob stimmt, was drinsteht, muss weiterhin | |
überprüft werden. Eines der großen Risiken ist daher jetzt schon klar: | |
Desinformation. Menschen, Gruppen oder Staaten mit Interesse daran können | |
mit wenig Aufwand in großem Stil hoch qualitative Propaganda-Texte | |
generieren lassen. | |
Erste Entwicklungen sollen daher dazu dienen, maschinell erstellte Texte zu | |
erkennen. Die Bilanz ist aber bislang durchwachsen. „Das kann ein | |
Katz-und-Maus-Spiel werden“, sagt Digitalisierungsforscher Schulz. Wie es | |
mit dem Wahrheitsgehalt bei Googles neuem Bot aussieht, lässt sich erst | |
sagen, wenn er tatsächlich in größerem Maßstab getestet wurde. | |
Wie geht es in den kommenden Jahren weiter? | |
„Ich glaube, das kreative Potenzial, das dann freigesetzt wird, der | |
gesellschaftliche Impact, den es haben wird, da machen wir uns überhaupt | |
kein Bild von“, sagte Thilo Hagendorff, KI-Forscher an der Eberhard Karls | |
Universität Tübingen, in einem Pressebriefing des Science Media Center. | |
„Ich halte das für massiv, was dort passiert, wenngleich meine Fantasie | |
noch nicht zulässt, alles zu sehen, was da in den nächsten zehn bis zwanzig | |
Jahren passieren wird.“ So wird es den meisten Menschen inklusive | |
Expert:innen gehen – genauso wenig wie bei der Erfindung der | |
Dampfmaschine oder des iPhones der disruptive Effekt direkt absehbar war. | |
Welche Regulierungen sind für KI-Anwendungen geplant? | |
Die EU will Künstliche Intelligenz universell regulieren – also nicht | |
detailliert in einzelnen Bereichen, sondern mit grundsätzlichen Regeln, die | |
für alle gelten. Als Basis gelten dafür vier Kategorien: [5][Unzulässiges, | |
hohes, begrenztes und minimales Risiko]. Unzulässig wäre beispielsweise | |
Social Scoring, also die automatisierte behördliche Bewertung von | |
Verhalten. Chatbots fallen dem EU-Vorschlag zufolge in die [6][Klasse | |
begrenztes Risiko]. | |
Hier gibt es weniger Auflagen als für Anwendungen mit hohem Risiko. So | |
sollen die Nutzer:innen zwar darüber informiert werden, dass sie mit | |
einer Maschine interagieren. Manche Forscher:innen und | |
Bürgerrechtler:innen fordern jedoch, dass die | |
Transparenzverpflichtungen deutlich darüber hinaus gehen. So müssten etwa | |
Trainingsdaten offengelegt werden. Denn Vorurteile oder Verzerrungen in den | |
Trainingsdaten wird eine KI auch später in der Anwendung reproduzieren. | |
11 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Konkurrenz-zu-ChatGPT/!5914373 | |
[2] https://openai.com/blog/chatgpt/ | |
[3] https://blog.google/technology/ai/bard-google-ai-search-updates/ | |
[4] https://blogs.microsoft.com/blog/2023/02/07/reinventing-search-with-a-new-a… | |
[5] https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/europ… | |
[6] https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/regulatory-framework-ai | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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