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# taz.de -- Etikettenschwindel bei Lebensmitteln: Von Insektenschoki und der FDP
> Lebensmittel enthalten nicht unbedingt das, was ihr Name vermuten lässt,
> sagt unsere Kolumnistin. Etikettenschwindel gibt es aber auch anderswo.
Bild: Etikettenschwindel überall, nicht nur in der Schokolade
Große Aufregung: Seit dieser Woche dürfen in der EU gefrorene oder
verarbeitete Larven des Getreideschimmelkäfers als Lebensmittel verkauft
werden. Und trotzdem sind bislang weder das Abend- noch ein anderes Land
untergegangen angesichts der Perspektive von neuen Insekten-Bestandteilen
im Supermarktregal. Puh, gerade noch mal Glück gehabt.
Aber da ist noch etwas. Es ist spürbar. Ein latentes Misstrauen. Auch wenn
es [1][aus Preisgründen extrem unwahrscheinlich] ist, dass die
Lebensmittelindustrie heimlich Insekten- statt dem geliebten Weizenmehl in
Keks, Kuchen und Croissant verbackt – da schwingt in der Ablehnung dennoch
diese Sorge mit, von den Lebensmittelherstellern behumst zu werden.
Für die Hersteller wird das überraschend kommen. Sind selbige doch seit
jeher als Hort der Aufrichtigkeit bekannt. Wo nie, nie, nie geschummelt
wird und der Produktname immer die Zutaten widerspiegelt. Wo die Größe der
Verpackung stets in vernünftiger Relation zum Inhalt steht. Zu drei
Vierteln gefüllte Frühstückscerealienkartons? Oder Neuauflagen, bei denen
Verpackungsgröße und Preis identisch bleiben, aber bei der Gramm-Zahl auf
magische Weise aus der 500 eine 400 geworden ist? Nein, nie gesehen.
Ein Produkt, in dem sich vor allem Zucker und Milchpulver befinden, wobei
ersterer noch mit Glukosesirup und Traubenzucker abgerundet wird, heißt
also bestimmt so etwas wie Zucker-Milch-Speise. Und keinesfalls Schokolade,
als Referenz zu den rund 12 Prozent Kakao. Nun gut, wenn der tägliche
Schokoladenbedarf zu decken ist, kann es daher sinnvoll sein, zu einem
anderen Produkt zu greifen. Einem, das Haferflocken, Schokolade, Zucker und
Mehl als erste Zutaten nennt. Was mag das sein: ein sehr keksiger
Schokoriegel? Ein sehr schokoladiges Brötchen?
## Etikettenschwindel: nicht nur bei Lebensmitteln
Fast, in diesem Fall geht es um Müsli. Und nein, der Rest der Zutaten
klingt auch nicht mehr nach selbst gemixter Körnermischung als der Anfang.
Aber schauen wir doch noch mal ins Dosenregal und angeln – eine
Pfifferlingrahmsuppe. Wie viel Pfifferling da wohl drin ist – mehr oder
weniger Prozent, [2][als die FDP bei der Bundestagswahl] geholt hat? Tja,
leider weniger: 3,3 Prozent.
Dabei ist die Lebensmittelindustrie gar nicht so alleine mit ihrem Ansatz.
Denn wenn man es sich überlegt: Wo ist eigentlich genau das drin, was
draufsteht? Macht die Bundesregierung unter dem Etikett Klimapolitik
wirklich Klimapolitik? Oder nicht eher Standortförderung?
Und was bei Amazon, Google und Co [3][in der Datenschutzerklärung] steht –
das ist doch eher eine komplizierte Umschreibung dafür, wie die Daten der
Nutzer:innen möglichst wenig geschützt werden. Dass derweil das deutsche
Onlinezugangsgesetz für ziemlich viel Aufwand sorgt, aber nicht gerade für
einen besseren Zugang von Bürger:innen zu Behörden – geschenkt. Und von
der Zahnärztin, die vor der Behandlung sagt, es würde nur mal ganz kurz
unangenehm, sprechen wir besser nicht.
Bei Lebensmitteln gibt es mit dem Etikett immerhin eine Art Beipackzettel.
Dort wird zwar nicht auf die Risiken und Nebenwirkungen von Sojalecithin,
Palmöl oder während der Mast verabreichten Antibiotika hingewiesen. Aber
zumindest lässt sich nachsehen, ob das Eis mit der großen Vanilleblüte auf
der Verpackung tatsächlich Vanille enthält – oder ein Aroma aus dem Labor.
Vielleicht sollten sich andere daran ein Beispiel nehmen. Das würde die
Klima-Nicht-Politik oder den Daten-Nicht-Schutz zwar nicht weniger schlimm
machen. Aber zumindest wäre die Produktenttäuschung kleiner.
29 Jan 2023
## LINKS
[1] /Lebensmittel-aus-Hausgrillen-in-der-EU/!5907620
[2] /Nachrichten-zur-Regierungsbildung/!5808368
[3] /Entscheidung-nach-ueber-vier-Jahren/!5906974
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Datenschutz
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