Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Dokfilm über Can und ihren Keyboarder: Cool, locker, ohne Chef
> „Can and Me“, eine Dokumentation über den Keyboardpionier und Can-Musiker
> Irmin Schmidt, wird zum Start des Festivals CTM in Berlin gezeigt.
Bild: Irmin Schmidt justiert seine Kopfhörer (1970)
„Stille ist eine Metapher. Absolute Stille gibt es nicht“, erklärt Irmin
Schmidt. Als seine brüchige Stimme zu hören ist, merkt man sofort, wie sich
der Keyboarder der Band Can gedanklich vorwärts tastet: weltumarmend, nie
borniert. Geräusche seien für ihn prägender gewesen als Musik, wobei Stille
das wichtigste Geräusch überhaupt sei.
Die Bildebene bietet dazu Gräser an, die im Wind rauschen, und knirschende
Schuhe auf Kies. Wir befinden uns in Schmidts Wahlheimat, nahe Luberon in
der französischen Provence. Als Komponist genießt er trotz zahlreicher
Aufträge für Film, zeitgenössische Musik und Oper nicht die gleiche
Bekanntheit wie als Teil der Band Can.
Die Band half dabei, den Ruf von Krautrock im Ausland zu etablieren,
[1][obwohl sie sich selbst nie so recht diesem Genre zugehörig fühlten].
Inzwischen ist Schmidt als einziger [2][der vier Gründungsmitglieder] noch
am Leben. Zeit, sich zu erinnern.
## Geschlossene Augen bei „Mother Sky“
Und der Dokfilm „Can and Me“ beginnt mit der TV-Übertragung eines Konzerts
1970. Can spielen den Song „Mother Sky“. Zuschauer:Innen mit
geschlossenen Augen sind zu sehen, viele entrückte Blicke. Wie cool Can
(mit wechselnden Sängern) [3][Groove] und Melodie von Beginn an geführt
haben und zugleich locker über das Rockistische hinweg improvisierten,
machte sie 1969 berühmt.
„Can and Me“ hält die Formbesessenheit der Musik nicht durch. Die Doku ist
ansatzweise wie ein Biopic angelegt, mit Irmin Schmidt und seiner Frau
Hildegard als maßgebliche Talking Heads. Dazu werden historische
Filmausschnitte und Interviews eingestreut, diese ergänzen nicht immer die
Aussagen der Schmidts, sondern liefern durchaus Widersprüche. Klarheit gibt
es jedoch zu den Anfängen.
Der 1937 geborene Schmidt wollte Dirigent werden, rebelliert gegen
Nazivater und Nazilehrer. Ein Jahr vor dem Abitur wird er von der Schule
geschmissen. Über einen Umweg gelangt er doch aufs Konservatorium, wo er
Holger Czukay kennenlernt. Beide werden Schüler von Karlheinz Stockhausen
und lernen in dessen Studio für elektronische Musik beim WDR in Köln von
der Pike auf. Can entstehen, weil die beiden Studenten sich vom Dogmatismus
ihres Lehrers emanzipieren und Richtung Jazz und Rock ausschwärmen.
## Minimal Music in New York
Für Schmidt wird ein Aufenthalt in New York zum Augenöffner: Statt zu
dirigieren spielt er mit [4][Steve Reich], La Monte Young und Terry Riley
Minimal-Music und nimmt Drogen. Mit Can veröffentlicht er zwischen 1968 und
1978 schließlich 13 Alben, Blaupausen auch für den elektronischen
Dancefloor. Bis heute kümmert sich seine Ehefrau ums Bandarchiv und regelt
alles Organisatorische. „Arbeit am Glück“ sei die Zeit mit ihr und die mit
Can gewesen. Dabei sieht man Schmidt, wie er im Baumarkt Nägel und
Holzkeile besorgt, um sein Klavier zu präparieren.
Can bedeutete: Musikmachen ohne Chef, man sei demokratisch vorgegangen.
Anderswo führt der Keyboarder harte Auseinandersetzungen. Mit Filmemacher
Roland Klick, für dessen Western „Deadlock“ Schmidt den Soundtrack
komponierte, kommt es zum physischen Showdown. Retrospektiv räumt der
Regisseur ein, dass erst durch die Filmmusik, „die Handlung in eine andere
Dimension katapultiert wurde und transzendent macht“.
27 Jan 2023
## LINKS
[1] /Krautrock-Kunst-als-Retrokultur/!5106826
[2] /Nachruf-auf-Holger-Czukay/!5445734
[3] /Can-Schlagzeuger-Jaki-Liebezeit/!5630756
[4] https://www.youtube.com/watch?v=JrDxwZDha_Q
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
CTM Festival Berlin
Dokumentarfilm
Can
Elektronik
Nachruf
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kurator über Musikfestival CTM in Berlin: „Eine Geschichte der Befreiung“
Jan Rohlf ist Kurator des Berliner Musikfestivals CTM. Über die Lehren aus
der Coronapandemie, Engagement für die Ukraine und die Clubkultur in
Berlin.
Nachruf auf Jaki Liebezeit: Fast eine Maschine
Er spielte ohne Taktstriche. Jaki Liebezeits repetitives Schlagzeugspiel
prägte den Sound der Krautrockband Can. Mit 78 ist er nun gestorben.
Krautrock-Kunst als Retrokultur: Tote Tauben in der Beethovenstraße
Im Berliner Künstlerhaus Bethanien lassen sich Künstler von der Kölner Band
Can inspirieren. Zugleich wird deren wichtiges Album "Tago Mago" neu
aufgelegt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.