# taz.de -- Linken-Vorschlag zum Gesundheitswesen: Das System ist schizophren | |
> Die Linke präsentiert ein Positionspapier zum sozialen Umbau der | |
> Gesundheitsversorgung: Es soll mehr Geld und neue Angebote geben. | |
Bild: Es kann die Befreiung der Pflegenden auch Sache der Linkspartei sein | |
BERLIN taz | Viel ist in den letzten Coronajahren über die Lage in den | |
Krankenhäusern diskutiert worden. Doch hinsichtlich struktureller Reformen | |
ist wenig geschehen. Die größte Veränderung, den Tarifvertrag Entlastung, | |
mussten sich die Beschäftigten von Charité und Vivantes selbst erkämpfen. | |
Nun aber, kurz vor der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus am 12. | |
Februar und dem Ende der letzten Coronabeschränkungen, setzt die Linke das | |
Thema wieder auf die Tagesordnung. | |
Am Dienstag debattierte die Partei auf einer Kurzklausur ein | |
Positionspapier „Berlin gesund – für eine gemeinwohlorientierte | |
Gesundheitspolitik“ des gesundheitspolitischen Sprechers Tobias Schulze. | |
Dieser sprach von einem „schizophrenen Gesundheitswesen“, das es in Berlin | |
gebe: Teils werde Medizin auf Weltniveau angeboten, teils herrschten große | |
Missstände. Was fehle, so Schulze, sei ein Ansatz von „sozialer Medizin“. | |
Die Versorgung sei schlicht ungerecht verteilt. | |
Um das zu ändern, will die Partei etwa Ausbildungsbedingungen verbessern | |
und durch verschiedene Stellschrauben die Kliniken finanziell entlasten – | |
wodurch diese auch mehr Spielraum für [1][Zugeständnisse in Arbeitskämpfen] | |
erhalten sollen. Rettungsdienste und Notaufnahmen sollen besser | |
ausgestattet und mehr Arztpraxen im Osten und Südosten Berlins angesiedelt | |
werden. | |
Auch soll die medizinische Versorgung wohnungs- und obdachloser Menschen | |
verbessert werden. Derzeit wird die in Anlaufstellen am Zoo sowie am Haupt- | |
und am Ostbahnhof hauptsächlich über Spenden und ehrenamtliches Engagement | |
getragen. Geht es nach Schulze, sollen diese Stellen künftig dauerhaft | |
finanziert werden. | |
## 500 Millionen Euro jährlich für Kliniken | |
Deutliche Kritik übt Schulze an den [2][Reformplänen von | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)]. Dessen Vorschlag sehe ein | |
Modell verschiedener Leistungskategorien vor, das großen Krankenhäusern | |
eine zentrale Rolle für die Gesundheitsversorgung beimesse. Kleinere Häuser | |
dagegen, so Schulze, müssten laut den Lauterbach’schen Plänen schließen, | |
wenn es im Umkreis von 30 Kilometern bereits große Krankenhäuser gibt. | |
Das Resultat wäre ein „Kahlschlag“, sagte Schulze. Er schließt sich damit | |
der Kritik der Berliner Krankenhausgesellschaft an, dem Verband der | |
Krankenhausträger. Demnach drohe ein Abbau von 22.000 auf 7.000 Betten; nur | |
sieben von derzeit über 60 Krankenhäusern würden bei einer Umsetzung der | |
Pläne bleiben. Bei den anstehenden Beratungen von Bund und Ländern müsse | |
sich Berlin deshalb „entschieden“ gegen diese Pläne stellen. | |
Außerdem wollen Linke und Krankenhausgesellschaften die Landesinvestitionen | |
in die Kliniken für Bauprojekte und technische Geräte auf jährlich 500 | |
Millionen bis 2026 erhöhen. Bisher werden lediglich 162 Millionen Euro | |
jährlich investiert, hinzu kommt noch ein Darlehensprogramm in Höhe von 96 | |
Millionen Euro. Das Resultat dieser Investitionslücke, so Schulze: „Wenn | |
Länder zu wenig investieren, knapsen die Krankenhäuser das bei den | |
Arbeitsbedingungen ab.“ So stemmte etwa Vivantes 2020 laut Geschäftsbericht | |
116,8 Millionen Euro aus sogenannten Eigenmitteln. | |
Natürlich war eine solche öffentliche Veranstaltung nur wenige Wochen vor | |
der Wahl auch ein Wahlkampftermin. Man wolle sich mit konkreten Vorschlägen | |
in die Debatte einbringen, sagte der Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer | |
gleich zu Beginn. Der Vorschlag – und das ganze Linken-Programm – ließen | |
sich auf den Satz reduzieren: „Wer zu wenig hat, der bekommt was ab, wem | |
was zu viel wird, der bekommt was abgenommen.“ | |
24 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Tarifverhandlungen-fuer-Bund-und-Kommunen/!5911376 | |
[2] /Experte-zu-Krankenhausreform/!5896807 | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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