# taz.de -- Gemischte Teams im Amateurfußball: Bremen erlaubt's, Hamburg nicht | |
> Nach einer Reform des DFB dürfen Frauen inzwischen auch in Männerteams | |
> Fußball spielen – sofern der jeweilige Landesverband mitmacht. | |
Bild: Klappt in der Jugend schon länger: Fußballspielen in gemischten Teams | |
HAMBURG taz | Was lange undenkbar war, macht ein Projekt des Deutschen | |
Fußball-Bundes (DFB) möglich: Frauen dürfen auch in Männerteams kicken. Als | |
eine der ersten Spielerinnen in Niedersachsen stand Cindy Strümpfler | |
gemeinsam mit den Spielern des FSV Adenbüttel Rethen auf dem Platz. Was den | |
Fußballspielerinnen auch in Bremen erlaubt wird, verbieten Hamburg und | |
Schleswig-Holstein – sie halten an ihrer alten Spielordnung fest. | |
Cindy Strümpfler wollte schon immer einmal für die FSV Adenbüttel Rethen | |
spielen. Als der Trainer der FSV-Herren sie dann fragte, ob sie Lust hätte, | |
sich beim Spiel Anfang Dezember auf die Auswechselbank zu setzen, war die | |
Antwort der Spielerin klar. In der 85. Minute war es dann endlich so weit: | |
Cindy Strümpfler wurde eingewechselt und konnte nochmal fünf Minuten | |
Vollgas geben. | |
Erst drei Tage zuvor hatte der Niedersächsische Fußball-Verband (NFV) seine | |
Spielordnung geändert. Davor waren gemischte Teams nur in den U18-Teams | |
erlaubt. Jetzt dürfen Frauen von der Oberliga abwärts in allen Ligen bei | |
den Männern mitspielen. Den Weg zu dieser Regeländerung machte der DFB den | |
Landesverbänden [1][schon im Juni vergangenen Jahres frei.] | |
„Wir wollen diesen Weg mitgehen, damit die Frauen möglichst einfach und | |
ohne weite Wege Fußball spielen können“, erklärt Helge Kristeleit vom NFV. | |
Denn um zum nächsten [2][Frauenfußballverein] zu kommen, müssen Frauen oft | |
viele Kilometer zurücklegen. Dass viele Spielerinnen vergeblich nach einem | |
Verein suchen, ist beim Blick auf die Zahlen wenig überraschend: Mit knapp | |
850 gemeldeten Frauenteams gibt es in Niedersachsen sechsmal weniger als | |
Herrenmannschaften. | |
## Zu wenige Frauenteams in Deutschland | |
Das Problem trifft Frauen bundesweit: Nur ein Viertel der Fußballvereine | |
hat mindestens eine weibliche Mannschaft gemeldet. Auch den Bremer Verband, | |
erzählt Oliver Baumgart, erreichten „Anfragen von erwachsenen Spielerinnen, | |
die keine passende Spielmöglichkeit in einer Frauenmannschaft finden und | |
aus diesem Grund in der Männermannschaft ihres Heimatvereins spielen | |
möchten“. In Reaktion darauf hat sich Bremen im Januar dem DFB-Pilotprojekt | |
angeschlossen: „So ermöglichen wir nun jeder Frau, wohnortnah Fußball zu | |
spielen“, sagt Baumgart. | |
Cindy Strümpfler hatte Glück: Beim FSG Vordorf-Adenbüttel/Rethen hat sie | |
eine Frauenmannschaft in ihrer Nähe gefunden. Weil die Spielerlaubnis im | |
Frauenteam von der Erteilung des Spielrechts in einer Herrenmannschaft | |
unberührt bleibt, durfte sie trotzdem bei den Männern der FSV aushelfen. | |
In Hamburg ist das nicht erlaubt. Die Begründung: Im Stadtstadt gebe es | |
genug Spielmöglichkeiten für Frauen in Frauenmannschaften, meint Carsten | |
Byernetzki, stellvertretender Geschäftsführer des Hamburger | |
Fußball-Verbands. Einen anderen Sinn habe das Pilotprojekt nicht. | |
Auch in Schleswig-Holstein besteht noch nicht die Möglichkeit, dass Frauen | |
in Männermannschaften auf dem Platz eingesetzt werden. In Zukunft sei eine | |
solche Regelung aber gut vorstellbar, meint Karsten Tolle vom | |
Schleswig-Holsteinischen Verband. | |
Für Kristeleit vom Niedersächsischen Verband ist klar: Nicht alle | |
Spielerinnen wollen bei den Männern mitkicken und nicht alle Teams haben | |
Platz für weibliche Verstärkung. Die neue Regelung solle aber alle | |
Möglichkeiten offenhalten. Deswegen gebe es auch keine Hürden in der | |
Umsetzung, wie etwa in Bayern. Hätte Cindy Strümpfler dort in einem | |
Männerteam mitspielen wollen, hätte auf der Kreisebene noch der jeweilige | |
Sportausschuss zustimmen müssen. „In Niedersachsen sollen die Frauen und | |
Mannschaften selbst entscheiden, ob ein gemischtes Spiel gewünscht ist“, | |
sagt Kristeleit. | |
## Mehr Möglichkeiten für Spielerinnen | |
Mit diesem Projekt besteht in Niedersachsen und Bremen nun die Chance, | |
kurzfristig dem Problem von Spielerausfällen in den Männerteams | |
entgegenzuwirken und den Fußballspielerinnen mehr Trainings- und | |
Spielmöglichkeiten zu verschaffen. Dem bundesweiten Trend, dass es immer | |
weniger Frauenmannschaften gibt, der sich auch in Norddeutschland | |
abzeichnet, können die Landesverbände und der DFB damit allerdings nicht | |
entgegenwirken. | |
Fragt man den DFB, [3][wie das stattdessen gelingen soll], ist die Antwort: | |
Kinderfußball müsse attraktiver gemacht werden, damit mehr Mädchen Fußball | |
spielen – etwa durch kleinere Teams. Dass die Spielerinnen dann auch als | |
Erwachsene am Ball bleiben, solle nun die neue Spielordnung ermöglichen. | |
Auch Strümpfler möchte weiter kicken – auf jeden Fall in einem Frauenteam | |
und wenn es sich ergibt, auch wieder unter Männern. Dass sie vor zwei | |
Monaten für die FSV auf dem Platz stand, nahmen alle Spieler mit Humor, | |
erzählt Strümpfler. Ihre Teamkollegen haben sie motiviert und angefeuert – | |
für sie eine großartige Erfahrung. | |
6 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lea Scholz | |
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